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IGNORED

Restriktionen wirksam gegen Waffengewalt


heletz

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Das jedenfalls ist das Ergebnis einer wissenschaftlichen Studie, die an der LMU durchgeführt wurde. Ergebnis wurde schon im Dezember veröffentlicht, ich hab‘s aber jetzt erst gesehen.

 

Da in diesem ehrenwerten Forum häufig der Überbringer einer Nachricht für die Nachricht selbst verantwortlich gemacht wird, wird es also mich treffen. Die Woche fängt gut an. :)

 

Die beiden Forscher sagen:

 

Zitat

… zeigte sich, dass bei strengerer Gesetzgebung und damit einer geringeren Verfügbarkeit von Waffen die Zahl von Morden und Suiziden deutlich niedriger ausfiel. Das galt im Übrigen nicht nur für die mit einer Schusswaffe verübten Taten, sondern für alle Fälle von Mord und Suizid.

 

https://www.uni-muenchen.de/forschung/news/2019/hurka_waffenrecht.html

 

Da in der Schweiz demnächst eine Abstimmung ansteht und derzeit auch bei uns das Thema wegen des allbekannten Referentenentwurfs eine Rolle spielt, sei das Ergebnis dieser Studie hier mitgeteilt, zumal es als Thema hier wohl noch nicht existiert. Jedenfalls erbrachte die SuFu nichts dergleichen

 

Besonders interessieren mich dazu die Meinungen von @Mausebaer und @alzi.

 

Den vollen Text gibt es hier:

 

https://onlinelibrary.wiley.com/doi/full/10.1111/rego.12235

 

Wer ihn haben will, zahlt $ 42.

 

Prof. Dr. Christoph Knill ist, Politikwissenschaftler und Lehrstuhlinhaber für Empirische Theorien der Politik, Dr. Steffen Hurka arbeitet und lehrt ebendort. Er ist also Knills Knecht, wenn man so will.

 

 

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vor 30 Minuten schrieb heletz:

Prof. Dr. Christoph Knill ist, Politikwissenschaftler und Lehrstuhlinhaber für Empirische Theorien der Politik, Dr. Steffen Hurka arbeitet und lehrt ebendort. Er ist also Knills Knecht, wenn man so will.

Die beiden werden schließlich dafür bezahlt, aus einer Aussage. bzw einer politischen Willensbekundung eine wissenschaftliche Tatsache zu machen,
oder ihr wenigstens den Anschein zu geben, es sei etwas dran.

 

Passend zu Thema; Pseudowissenschaftler und deren Arbeitsgebiete; Negative Manipulation und das schaffen einer Ersatzreligion.

 

 

Bearbeitet von Olga von der Wolga
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Studien sind immer so eine Sache; sprich was sie genau als Gegenstand der Untersuchung haben, wer sie in Auftrag gegeben hat, was bewiesen werden soll usw..

 

Definiert man Schusswaffen und die damit verbundene Anzahl von begangenen Verbrechen oder Suiziden als Betrachtungsfeld einer Studie, so ist es absolut KEINE bahnbrechende Erkenntnis, dass weniger Schusswaffen = weniger Tote bedeuten, die als Sterbegrund "Schusswunde" auf dem Totenschein stehen haben.

 

Dass eine derartige Studie aber der vermutlich falsche Betrachtungswinkel ist, versteht sich von alleine.

 

Will jemand aus dem Leben scheiden, dann gibt es vielerlei Möglichkeiten dies auch ohne Schusswaffe zu tun; sie wird, abhängig von der persönlichen Beurteilung des Suizid-Begehenden vielleicht gewählt, weil es als die schnellste und unkomplizierteste Methode betrachtet wird aus dem Leben zu scheiden. Aber nicht jedem, der das will, steht eine Schusswaffe zur Verfügung.

Also bleiben als Alternativen: Strick & erhängen, Sprung von ausreichend hohem Bauwerk, Tabletten / Gift, assistierter Selbstmord, schleichender Suizid mittels Substanzmissbrauch; hässliche Dinge wie KfZ Abgase, Erfrierungstod usw..

Wer aus dem Leben scheiden will, wird mit genügend Mut immer den finalen Ausstieg aus dem Leben finden - alledings erfasst dies eine derartige Studie nicht; sie ist nur Wasser auf den Mühlen jener, die der Ansicht sind, dass Waffen per se das Problem sind.

 

In der Menschheitsgeschichte hat es leider schon immer Gewalt als finales Mittel der Meinungsänderung gegeben; im Wandel der Zeit hat der technische Fortschritt dazu auch eine Fülle von immer neueren und  wirkungsvollen Werkzeugen hervorgebracht, aber nicht jeder Konflikt mit Todesfolge ist geplant, denn wenn Gewalt eskaliert und sich eine Situation hochschaukelt, wird oftmals auch das genommen, was gerade zur Hand ist - die Fäuste, das Küchenmesser, eine Flasche, ein Stuhl.....und das ist durchaus ein Indikator dafür, dass Waffen nicht das Problem sind, sondern der Aussetzer im Verstand, entfesselter Zorn, der Wille jemanden auszulöschen - nicht zu vergessen ist bei diesen Betrachtungen, dass Gewalt auch sehr wohl eine angemessene Antwort auf einen rechtswidrigen Angriff ist.

 

Es wird immer Menschen geben, die in Konfliktsituationen Grenzen überschreiten, oder eine auffällige Neigung zur Brutalität an den Tag legen, bei manchen erkennt man dies erst wenn es zu spät ist. Würde diese Problematik nicht existieren, gäbe es keine Gewaltverbrechen.

 

Will man eine möglichst objektive Betrachtung des Studienobjekts Mord-Suizid-Waffengewalt haben, dann wäre es sinnvoller dies in seiner Gesamtheit zu tun und nicht eine einzelne Gruppe von Tatwerkzeugen heranzuziehen; ebensogut könnte man beispielsweise eine Studie abfassen, die herleitet, dass die Erderwärmung zu weniger Erfrierungstoten im Winter führt und deshalb der Klimawandel eine tolle Sache ist.

 

 

Gruss, Fairlane

 

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Eine Zürcher Philosophin sieht in der Nachfolge von John Lockes den Waffenbesitz als Menschenrecht an, ein Zürcher Kollege widerspricht ihr aber in diesem Punkt:

 

Zitat

Der Zürcher Philosoph Georg Kohler, der schon ein Vorwort für Baer Hill schrieb, hält dies für einen Trugschluss. Das uneingeschränkte Recht auf Waffenbesitz hält er einzig in einer Umwelt für gegeben, in der kein funktionierender Rechtsfrieden die Bürger schützt. Davon scheint die Schweiz doch ein gutes Stück entfernt zu sein.

 

https://www.bazonline.ch/schweiz/standard/diese-schweizer-professorin-sieht-den-waffenbesitz-als-menschenrecht/story/31035918

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vor 2 Stunden schrieb heletz:

[Zitat:] Das uneingeschränkte Recht auf Waffenbesitz hält er einzig in einer Umwelt für gegeben, in der kein funktionierender Rechtsfrieden die Bürger schützt.

Das Gegenteil ist offensichtlich der Fall. Ein funktionierendes Recht auf Waffenbesitz kann es offensichtlich nur in einem Rechtstaat geben, in dem Rechte anerkannt und respektiert werden. (Und "uneingeschränkte" Rechte gibt's eh nirgendwo. Zweijährige haben kein Recht auf Freizügigkeit bezüglich des In-die-Straße-Laufens.) Wo "kein funktionierender Rechtsfrieden die Bürger schützt" gibt es so ein Recht nicht, sondern die Monopolisierung von Waffen durch die, die es können.

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Komisch, ich habe jetzt gerade keinen Link zur Hand, aber wurde nicht gerade in London/ Great Britan ein fataler Anstieg von Gewaltverbrechen nach Einführung eines harten WaffG verzeichnet? Weil sich eben die Täter „etwas“ weniger daran halten, als ihre gesetzestreuen Opfer?

Und Suizid, man tut ja gerade so, als ob jedem eine Schusswaffe zur Verfügung steht und dadurch der Selbstmord viel öfters vorkommen würde. Wenn gar keine Waffen griffbereit wären, freuen sich eben wieder die Zugführer, die Baumärkte und Apotheker.....

Jetzt noch schnell eine Studie, wie viele Fingerkuppen noch dran wären, wenn wir Messer mit maximal 6cm Klingenlänge hätten.... 

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vor 12 Minuten schrieb EkelAlfred:

Mit staatlich organisierten MassenMessermorden oder ohne?

Ich glaube Deutschland ist den Eidgenossen viele Millionen voraus und würde das selbst dann bleiben, wenn einmal in der Woche ein Helvetier mit seinem Sturmgewehr durchknallen würde, was aber nicht der Fall ist.

 

Jede Diskussion über staatliche Monopolisierung von Waffen um ihren Mißbrauch zu verhindern ist schon vollkommen irre, wenn sie nicht berücksichtigt, daß die überwältigende Mehrheit aller Morde mit Feuerwaffen staatlich organisiert war. Da könnte man genauso gut die Eignung des Bocks als Gärtner nachweisen, weil der Bock ja so schön das Unkraut aufgegessen hat.

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Kleiner Tipp am Rande:

 

Bei Google den Begriff >sci hub< (ohne ><) eingeben...dann auf den dortigen Link mit .tw gehen und die DOI-URL dort hineinkopieren, captcha lösen und das PDF bekommen*.

 

bj68

 

 

*= falls sich wer aufregt: [...]This work was supported by the European Research Council (Grant no. xxxxxxx) (MORAPOL). Moreover, the authors would like to thank the Center for Advanced Studies at LMU Munich for hosting them during the preparation of this article as fellows in the “Senior Researcher in Residence” Program. [...] D.h. Steuergelder bei der Arbeit......

 

@Moderation...wenn nicht gewünscht bitte löschen.....

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vor 2 Stunden schrieb howagga:

Wenn das Ergebnis korrekt ist, hält es ja sicherlich einem Realitätscheck stand

 

Meine Einschätzung ist, daß die Studie wahrscheinlich politikwissenschaftlichen Standards gerecht wird.

 

Ein Lehrstuhlinhabrr und sein Assistent werden sich wohl kaum vor der gesamten Fachwelt blamieren wollen (obwohl das natürlich ebenfalls möglich ist).

 

Aber ich bin kein Politikwissenschaftler, kann das also schlecht kritisieren.

 

Daß die Sache aus Sicht eines "Praktikers" wie dem damaligen Mainzer Oberstaatsanwalt Hofius sich anders darstellt (vor allem, was GB und die Schweiz betrifft), sollten zumindest die Älteren noch wissen, die seinen Vortrag vor dem Innenausschuß des Deutschen Bundestages im Mai 2012 verfolgt haben.

 

Nichtsdestotrotz wird vermutlich der ein oder andere Politiker genau diese Studie zur Argumentation heranziehen.

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Soweit kommt's noch, dass ich dafür 42 Ocken abdrückte.

 

Interessanter Weise gibt es die "tables" für Umme als .xdoc. Nur besonders hilfreich sind die auch nicht. Aber es sind wirklich nur "West" europäische Länder außer Griechenland, was ja doch schon wieder recht weit im Osten liegt, betrachtet worden. Ob man dieses nun machte, weil einem die Zahlen der anderen europäischen Staaten nicht ins Kalkül passen analog der berühmt und inzwischen berüchtigten Cholesterin-Studie oder man den Sozialistischen Statistiken, wohl zurecht, nicht traute aber unbedingt den Zeitraum von 1980 bis 2010 haben wollte ... :huh:

 

Leider sind die tables nicht besonders selbsterklärend. Nicht nur das die benannten Modelle und die Ermittlung der Variable "Gun policy restrictiveness" völlig unklar sind, sind es auch die Werte. Da Werte größer +- 1 auftreten, können das weder Korrelationen noch Effektstärken sein. Dass die Werte von "Gun policy restrictiveness" mit den Mord- und Suizidmodellen negativ sind, legt eigentlich einen negativen Zusammenhang nahe. Die Signifikanzen sind nicht besonders überraschend, wenn man mit knapp 500 Werten arbeitet. Interessant ist, dass es offenbar auch so etwas wie Länder-Effekte gab. Nur was man mit denen dann gemacht hat, erschließt sich mir aus den tables nicht. :closedeyes:

 

Ohne Volltext ist alles nur ein Stochern im Nebel. :sad:

 

Falls einer zu dem Teil mehr weiß, nur her mit den Infos! :dirol:

 

Euer

Mausebaer :hi:

 

 

 

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2 hours ago, Mausebaer said:

Soweit kommt's noch, dass ich dafür 42 Ocken abdrückte.

[...]

Ohne Volltext ist alles nur ein Stochern im Nebel. :sad:

 

Falls einer zu dem Teil mehr weiß, nur her mit den Infos! :dirol:

 

@Mausebear

https://forum.waffen-online.de/topic/457471-restriktionen-wirksam-gegen-waffengewalt/?tab=comments#comment-2805819

 

Sollte gehen.....

 

@All:

Das Teil sollte auch nicht fehlen: h**p://gen.lib.rus.ec/

Genauso wie https://archive.org/ wegen der Wayback-Machine und den Büchern die dort deponiert sind....

 

bj68

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Zitat

Das galt im Übrigen nicht nur für die mit einer Schusswaffe verübten Taten, sondern für alle Fälle von Mord und Suizid.

Hmmm, das ist ja mal interessant. Wie da wohl der Zusammenhang aussieht? Und vielleicht gibt es ja auch noch andere Zusammenhänge. Wie hat sich z.B. die Seeigel Population in diesen Ländern entwickelt? Evtl. besteht da auch eine Korrelation.

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vor 9 Stunden schrieb heletz:

Meine Einschätzung ist, daß die Studie wahrscheinlich politikwissenschaftlichen Standards gerecht wird.

Das kann gut stimmen, aber in einer Bedeutung, die der Politikwissenschaft keine Ehre macht...

 

Schon aus der Zusammenfassung ergibt sich jedenfalls, daß sie elementaren Standards der Logik nicht gerecht wird. Da macht jemand eine Regression, bei der dann auch ein ganz toller Wert für die p-Statistik rauskommt. Daraus folgert er dann, daß A Ursache für B sei. Das ist genau die gleiche Methode, mir der regelmäßig irgendwelche Forschungs"ergebnisse" publiziert werden und dann in nochmals weiter verdummter Form in den Massenmedien landen, daß diese und jene Diät ein langes Leben fast schon garantiere, daß diese oder jene Praxis Glückseligkeit oder aber Depression verursache, usw. Dabei wird dann sowohl ignoriert, daß p-Werte nicht das bedeuten, was sich der Eumel darunter vorstellt, als auch daß tatsächliche Korrelation natürlich keinesfalls Kausation beweist oder auch nur nahelegt. 

 

Manche Leute machen solche "Studien" einfach aus Spaß. Hier ist z.B. ein sehr wichtiges Ergebnis:

Spurious-Correlations-02-685x442.jpg

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vor 13 Stunden schrieb heletz:

Eine Zürcher Philosophin sieht in der Nachfolge von John Lockes den Waffenbesitz als Menschenrecht an, ein Zürcher Kollege widerspricht ihr aber in diesem Punkt:

 

 

https://www.bazonline.ch/schweiz/standard/diese-schweizer-professorin-sieht-den-waffenbesitz-als-menschenrecht/story/31035918

Also gut, da ich zu faul bin dass alles zu tippen, dass das auch anspruchsvollere Geister verstehen, die eine Abneigung gegen Videos haben, gibt es eben was aus der copy& paste Büchse:

Quelle!!

Zitat

Begriffsklärung Demokratie

Die Sprache verändert sich zwar, doch bleiben uns in Wörtern alte Formen viel länger erhalten als in einer schnellebigen Zeit alte Inhalte überleben. Um zu ursprünglichen Inhalten vorzustoßen, die eine Begriffsklärung erlauben, ist daher stets die Wortherkunft aufschlußreich. Demokratie kommt offensichtlich vom griechischen demos und kratein. Letzteres Wort bedeutet „herrschen“, und dies ist schon ein sehr schwieriges Wort, zumal das Griechische mit archein ein zweites Wort mit derselben deutschen Übersetzung aber einer anderen Betonung anbietet. Viel größere, und für unsere Untersuchung wesentlichere Probleme wirft der Begriff demos auf – heute wird er meist mit „Volk“ übersetzt. Dies ist jedoch nicht ganz richtig und leitet beträchtlich in die Irre – genau jene Verwirrung nützen totalitäre „Volksrepubliken“.

Demos bezeichnete bei den alten Griechen ursprünglich ein Dorf. Auch später galt die „Deme“ als kleinste Verwaltungseinheit und zugleich primärer Identitätsbezug der Bürger. Demokratie bezeichnete also eigentlich die Selbstverwaltung der kleinsten Einheiten. Heute ist dieser Bezug in Vergessenheit geraten und man assoziiert eher die scheinbar den Griechen nachempfundene Gemeinverwaltung damit – die Beteiligung der Bürger an ihrer Regierung. Das ist in mehrfacher Hinsicht ein Irrtum, wie wir zeigen werden.

Zunächst bezog sich die Antike, wenn sie den Begriff Demokratie positiv verwendete, niemals bloß auf die Beteiligung an der Regierung, es ging um deren Ausübung – um Selbstregierung durch Bürger. Dieser „Bürger“ darf wieder nicht mit dem heutigen Wortgebrauch verwechselt werden. Als „Bürger“ gilt uns heute jeder Staatsuntertan. In der Antike meinte man das genaue Gegenteil: nur jene kleine Minderheit, die keine Untertanen, sondern Freie waren, sind als Organe des Demos gemeint und angesprochen. Die überwiegende Mehrheit war von jeder Regierungstätigkeit ausgeschlossen.

Man muß sich daran erinnern, daß auch das Wort „Volk“ einen ähnlichen Wandel durchgemacht hat. Ursprünglich war der Begriff Synonym für „Armee“ gebraucht und bezeichnete eine Gruppierung wehrfähiger Männer. Diese Wehrfähigkeit implizierte, daß sie als Freie Waffen tragen durften. Unfreie erkannte man stets daran, daß ihnen das Tragen von Waffen untersagt war oder engen obrigkeitlichen Beschränkungen unterlag. Diesen Sprachgebrauch finden wir schon bei den Römern: auch dort bezeichnet populus ursprünglich keinesfalls die Gesamtbevölkerung, sondern den Wehrstand. SPQR auf den Standarten weist also auf die Einheit von Senat und Heer hin.

Ebenso ist die Herrschaft der griechischen Deme nach heutigen Maßstäben als aristokratisch zu bezeichnen. Nach verschiedenen Schätzungen galten bloß 5 bis maximal 15 Prozent der Bevölkerung als Bürger. Vergleichen wir damit den Umstand, daß die Szlachta, die Aristokratie in der alten Adelsrepublik Polen, 7 Prozent der Bevölkerung umfaßte. Bei den Griechen hätte man auch nicht von Stimmberechtigten gesprochen, denn Wahlen galten eher als „undemokratisch“. Demokratisch war die abwechselnde direkte Beteiligung an den Regierungsaufgaben.

Im Laufe der Zeit entwickelte sich eine bestimmte Idealvorstellung von der guten Regierung der Deme, deren Bereich mit dem Adjektiv demosios abgegrenzt wurde.

 

Die Strukturierung dieses Bereichs ist für die Begriffsklärung wesentlich. Dem öffentlichen Bereich stand der Privatbereich gegenüber. Neben öffentlichen Angelegenheiten, die demosios waren, bezeichnete man die privaten Angelegenheiten, wie häusliche und berufliche Tätigkeit, mit dem Begriff idios. Im Zuge der moralischen Idealisierung des öffentlichen Lebens, entwickelte sich so zunehmend eine negative Assoziation privater Tätigkeit, die uns im deutschen Wort Idiot erhalten geblieben ist. Der Idiot muß die ganze Zeit im „Job“ und im Haus schuften, für öffentliches Engagement fehlt ihm Zeit, Muße und Geist.

Diese einseitige Überbetonung wird verständlich, wenn wir berücksichtigen, daß in der Antike der Haushalt, der oikos, als heilige Lebensgrundlage galt, jedoch erst die Polis, das gerechte Gemeinwesen, das gute Leben über das bloß Materielle hinaus ermöglichte. Teilhabe an diesem Bereich des demosios war unabdingbar für dieses gute Leben, wer sich nur in den eigenen oikos zurückzog, dem entgingen wesentliche Möglichkeiten, Gutes zu tun.

Bei den alten Römern finden wir dieselbe begriffliche Trennung in die res privata und die res publica (von der das Wort „Republik“ abstammt). „Öffentliche Angelegenheit“ ist es, als guter Mensch Gerechtigkeit und Güte zu leben. So versteht Cicero unter der res publica schlicht die Summe von Menschen, die nach Maßstäben des wahrhaft Rechten und Guten leben.

Wie bei den Griechen der oikos, ist bei den Römern das domus die Wurzel der Gesellschaft, der Nährboden des Freien, der stets ein dominus ist. Das Haus des Freien ist dessen res privata, Privatangelegenheit, und als solche streng geschützt. Die Freiheit des Herrn im eigenen Haus ist unbeschränkt, wo sie beschränkt ist, handelt es sich um keinen Bürger, sondern einen abhängigen Untertan, der im domus eines höheren Herrn dient. Der pater familias hat in seinem Haus auch die Rechtsgewalt über die von ihm Abhängigen.

Diese kleinen „Hauskönige“ kommen also auf der öffentlichen Ebene als Gleichberechtigte zusammen. Das ist die „Gleichheit“ im positiven Sinne der Antike. Indem sie sich als Gleiche, als homoioi, anerkennen, schließen sie den Frieden, sich als gleich frei zu betrachten – frei von gegenseitiger Herrschaft, Abhängigkeit, Schuld. Um diesen heiklen Frieden zu sichern, entwickeln sie also das Konzept der Demokratie: Jeder dieser freien Krieger solle an der lokalen Teilhabe leisten und so keiner Fremdherrschaft unterstehen.

Die Wahl eines einzelnen würde hier zu sehr der Krönung eines Alleinkönigs ähneln. Darum werden die Abwechslung bei den Geschäften und das Losverfahren als „wahrhaft demokratische Methode“ (Aristoteles) vorgezogen. Mit Mehrheitsherrschaft hat die Demokratie im ursprünglichen Sinne gar nichts zu tun. Cicero etwa betont ganz entschieden: Es gibt keine andere Regierungsform, der ich eher den Titel Gemeinwesen vorenthalten würde, als einer, in der alles der Macht von Mehrheiten unterworfen ist. […] Bei einer solchen Versammlung […] handelt es sich ebenso gewiß um einen Tyrannen, als wenn es nur eine einzelne Person wäre, und einen sogar noch grausameren Tyrannen, denn es gibt nichts Schrecklicheres als jenes Monster, das fälschlicherweise den Namen und die Erscheinung eines Volkes annimmt. (De Republica III, xxxiii)

 

Bearbeitet von Balu der Bär
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Am 15.4.2019 um 10:52 schrieb heletz:

 

Besonders interessieren mich dazu die Meinungen von @Mausebaer und @alzi.

 

mich würde hier viel eher interessieren, wie ich (respektive meine Meinung) dazu komme(/t), bei diesem Thema eine besonders hervorgehobene Stellung einnehmen zu sollen.

 

wird mir wohl ewig ein Rätsel bleiben!

 

 

... das wars auch schon von mir ...

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