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IGNORED

Nur wer zehn Jahre "clean" ist, darf Waffen behalten


gunnerySergeant

Empfohlene Beiträge

Geschrieben

Einem Mann, der in den Jahren 1992 bis 1994 fünf Waffenbesitzkarten nebst zugehöriger Munitionserwerbsberechtigung erhalten hat, kann die Besitzberechtigung wieder entzogen werden, nachdem 2002 ein Gesetz in Kraft getreten ist, das vorschreibt, dass Bürger nicht die erforderliche Zuverlässigkeit für den Besitz von Waffen haben, wenn sie rechtskräftig wegen eines Verbrechens verurteilt worden sind und seit der (letzten) Verurteilung "zehn Jahre noch nicht verstrichen sind" (hier wurde der Mann nach Erhalt der Waffen strafrechtlich verurteilt). Das Bundesverwaltungsgericht hat entschieden, dass die 10-Jahres-Regel auch dann gilt, wenn die Verurteilung bereits vor dem In-Kraft-Treten des verschärften Gesetzes lag. (Bundesverwaltungsgericht, 6 C 24/06)

Quelle

Geschrieben

Edit 3. Versuch: hey, warum wird hier denn immer wieder ein Teil der Postings abgeschnitten ? :angry2:

Ich lehne mich jetzt weit aus dem Fenster. Das Urteil halte ich für falsch, weil für den Widerruf einer WBK § 45 Abs. 2 WaffG fordert, dass "nachträglich Tatsachen eintreten, die zur Versagung hätten führen müssen".

Die WBK genießt hier also im Sinne von § 58 Abs. 1 WaffG Bestandsschutz, zumindest bis zu einer evtl. neuen Verurteilung.

Geschrieben

§ 45 Rücknahme und Widerruf

(1) Eine Erlaubnis nach diesem Gesetz ist zurückzunehmen, wenn nachträglich bekannt wird, dass die Erlaubnis hätte versagt werden müssen.

(2) Eine Erlaubnis nach diesem Gesetz ist zu widerrufen, wenn nachträglich Tatsachen eintreten, die zur Versagung hätten führen müssen. Eine Erlaubnis nach diesem Gesetz kann auch widerrufen werden, wenn inhaltliche Beschränkungen nicht beachtet werden.

Geschrieben

Ohne den Betroffenen wegen der verübten Tat in Schutz nehmen zu wollen, verweise ich auf:

§1 StGB sowie Art. 103, Abs. 2 GG

"Nulla poena sine lege" => "Keine Strafe ohne Gesetz".

Oder mit anderen Worten: Was zum Zeitpunkt der damaligen Rechtsprechung gesetzlich legalisiert war, kann nicht im Nachhinein als gesetzwidrig erklärt werden. Denn dem steht der Grundsatz des Rückwirkungsverbots (Art.103,Abs.2 GG: "Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.") entgegen.

Geschrieben

Ja SB,

daß die begangene Tat bereits damals strafrechtlich relevant war, daran besteht ja sicher auch kein Zweifel.

Aber hier geht es ja darum, daß eine gesetzliche Regelung, die erst wesentlich nach der einstmals gültigen, und zum Zeitpunkt der Vergabe der WBK'n maßgeblichen Gesetzgebung in Kraft trat.

UNd wie du bereits richtig bemerkt hast, stellt § 45, Abs. 1 und 2 WaffG darauf ab, daß Tatsachen nachträglich bekannt werden, nach denen eine Vergabe der WBK'n hätte versagt werden müssen bzw ein Wiederruf der selben erfolgen müsste. Jedoch beziehen sich die "nachträglich bekannt gewordenen Tatsachen", wie du das auch dargelegt hast, auf die zum Zeitpunkt der Vergabe gültigen Rechtsnormen.

Man kann also meiner Meinung nach nicht hingehen und sagen: "Ja, damals war rechtlich alles abgedeckt und die WBK'n sind rechtmäßig vergeben worden. Aber nach den heute gültigen Rechtsnormen hätte man sie eben nicht vergeben dürfen. Deshalb: her damit."

Nach meinem persönlichen Rechtsempfinden grenzt eine solche Praxis schon derb an Rechtsbeugung.

Übertragen auf andere Rechtsbereiche würde das ja z.B. bedeuten, daß, wenn morgen die Strafen für Verstöße gegen die StVO allesamt verdoppelt würden, alle, die bis dahin geblitzt wurden, ihren Führerschein nochmal abgeben müssen, die Geldstrafen (da nun verdoppelt) nachzahlen müssen usw.

Das kann nicht im Sinne eines demokratischen Rechtsstaates sein.

Geschrieben

Das BVG sieht es aber nun anders

Widerruf von Waffenbesitzkarten bei "Altbesitz"

Der Kläger wandte sich gegen den Widerruf von fünf Waffenbesitzkarten, die ihm der beklagte Polizeipräsident in den Jahren 1992 bis 1994 nebst zugehöriger Munitionserwerbsberechtigung erteilt hatte und in die insgesamt sieben Waffen eingetragen sind. Nach In-Kraft-Treten des Waffengesetzes vom 11. Oktober 2002 – WaffG 2002 - widerrief der Beklagte diese Erlaubnisse mit der Begründung, der Kläger sei nach Erteilung der Waffenbesitzkarten, aber vor In-Kraft-Treten des neuen Waffengesetzes wegen eines Verbrechens strafgerichtlich verurteilt worden. Die Vorinstanzen haben die Klage dagegen abgewiesen.

Die Revision des Klägers ist ohne Erfolg geblieben. Nach § 45 Abs. 2 WaffG 2002 ist eine waffenrechtliche Erlaubnis zu widerrufen, wenn nachträglich Tatsachen eintreten, die zu ihrer Versagung hätten führen müssen. Eine waffenrechtliche Erlaubnis setzt u. a. voraus, dass der Antragsteller die erforderliche Zuverlässigkeit besitzt. Die erforderliche Zuverlässigkeit besitzen nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 WaffG Personen nicht, die rechtskräftig wegen eines Verbrechens verurteilt worden sind, wenn seit Eintritt der Rechtskraft der letzten Verurteilung zehn Jahre noch nicht verstrichen sind. Das Bundesverwaltungsgericht hat entschieden, dass diese Voraussetzungen auch dann erfüllt sind, wenn die strafgerichtliche Verurteilung bereits vor dem In-Kraft-Treten des neuen und hinsichtlich der Anforderungen an die Zuverlässigkeit des Waffenbesitzers verschärften Gesetzes erfolgt ist.

BVerwG 6 C 24.06 – Urteil vom 16. Mai 2007

BVerwG 6 C 24.06 – Urteil vom 16. Mai 2007

Geschrieben

Ja klar sieht es das BVerwG anders, sonst wäre er ja nicht zu dem Urteil gekommen.

Dennoch sehe ich das Urteil als höchst grenzwertig zur Rechtsbeugung an. Weil eben bei der Urteilsfindung offenbar nicht berücksigt wurde, daß zum Zeitpunkt, als die WBK'n bewilligt wurden, rechtlich alles im grünen Bereich war und gegen den Kläger nichts vorlag, was zum Versagen der WBK'n hätte führen müssen.

Das Rückwirkungsverbot muss in einem demokratischen Rechtsstaat für ALLE Rechtsbereiche gelten und darf nicht in Abhängigkeiten von Begehrlichkeiten (in dem Fall wohl wiedermal der Grundsatz: "So wenig Waffen wie möglich im Volk") gebrochen werden.

Was damals Recht war, kann heute, auch wenn andere rechtliche Maßstäbe gelten, nicht allein dadurch zu Unrecht werden, weil ein Gesetz im Nachgang geändert wurde. Wenn doch, ist die Rückwirkung auf ALLE Rechtsbereiche auszudehnen und nicht auf einen Einzelfall abzustellen.

Geschrieben
Was damals Recht war, kann heute, auch wenn andere rechtliche Maßstäbe gelten, nicht allein dadurch zu Unrecht werden, weil ein Gesetz im Nachgang geändert wurde.

Solche unwichtigen und nebensächlichen Kleinigkeiten kümmern doch unsere unabhängige Gerichtsbarkeit nicht.

In welchem Land lebst Du denn?

CM :angry2:

Geschrieben
Gibts das komplette Urteil schon irgendwo als Download ? Die Begründung würde mich echt interessieren... <_<

Habe noch nichts gefunden

Werden zu dem gewählten Aktenzeichen keine Entscheidungen, Pressemitteilungen oder Termine angezeigt, liegen diese nicht in der Online-Datenbank vor.

Entscheidungen mit Datum vor dem 1. Januar 2002 werden nicht im Internet vorgehalten, lassen sich jedoch beim Bundesverwaltungsgericht bestellen.

Bitte beachten Sie, dass zu aktuellen Terminen und Pressemitteilungen noch keine Entscheidungen vorliegen. Sofern diese später in die Online-Datenbank eingestellt werden, erfolgt eine Verknüpfung aller Dokumente mit identischem Aktenzeichen. Durch Mausklick auf das Aktenzeichen können Sie sich diese Dokumente ansehen.

Geschrieben
"Nulla poena sine lege" => "Keine Strafe ohne Gesetz".

Oder mit anderen Worten: Was zum Zeitpunkt der damaligen Rechtsprechung gesetzlich legalisiert war, kann nicht im Nachhinein als gesetzwidrig erklärt werden. Denn dem steht der Grundsatz des Rückwirkungsverbots (Art.103,Abs.2 GG: "Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.") entgegen.

Für diesen spruch mußte einst Prof. Dr. Hans Filbinger vom Amt des Ministerpräsidenten zurücktreten.

Geschrieben
Das kann nicht im Sinne eines demokratischen Rechtsstaates sein.

Seit wann ist Deutschland ein demokratischer Rechtsstaat?

Leut was wollt ihr eigentlich? Das so ein Urteil kommen würde war doch absehbar. Dazu muß man sich nur die Entwicklung der letzten Jahre ansehen.

Mfg Weini

Geschrieben

Hallo Leute,

hat irgendjemand ein Problem damit, daß einem verurteilten Straftäter in D-Land der Zugang zu legalen Waffen etwas erschwert wird ???

Irgendwie eine recht seltsame Diskussion an dieser Stelle und einige Beiträge auch von Forumsmitgliedern, die sich zu anderen waffenrechtlich relevanten Beiträgen schon mal recht konträr geäußert haben.

mfg

Ralf

Geschrieben

@DH

Es geht nicht darum, daß es moralisch vielleicht fragwürdig ist, jemandem, der wegen eines Verbrechens verurteilt wurde. Sondern darum, daß mit dem Urteil geltendes Recht (Rückwirkungsverbot) ausgehebelt wurde. Unrecht wird auch dann nicht zu Recht, wenn es einer an sich guten Sache, nämlich die Verwehrung des Zugangs zu Waffen für jemanden, der ein Verbrechen begangen hat, dient.

Allej das ist es, was ICH bemängele.

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Angenommen, du wurdest vor vier Jahren mit deinem Auto wegen überhöhter Geschwindigkeit geblitzt und hast dafür einen Monat Fahrverbot kassiert. Nun wird aber, vier Jahre später, der Strafenkatalog der StVO dahingehend verschärft, daß du für den gleichen Verstoß nicht einen Monat, sondern derer drei zu Fuß gehen müsstest und statt 200 € Busgeld sind es nun 1000 €.

Und nun bekommst du ein Schreiben, aus dem hervor geht, daß du deinen Führerschein nochmal für zwei Monate abgeben sollst und nochmal 800 € nachzahlen sollst, weil ja das Gesetz geändert wurde und du vor vier Jahren geblitzt wurdest. Fändest du das OK?

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Also:

wenn man schon das Rückwirkungsverbot missachtet, sollte man zuvor wenigstens die rechtlichen Grundlagen dafür schaffen. Alles andere wäre meiner Meinung nach Rechtsbeugung und somit eine Urteilsfindung, die auf einem Gesetzesverstoß gegen §1 StGB sowie Art. 103, Abs. 2 GG begründet.

Nur darum ging es MIR.

Geschrieben

moin alls,

das bereits genannte rückwirkungsverbot gilt nur im strafrecht. obwohl es manchem ungerecht erscheint - aber im verwaltungsrecht gibt es dergleichen nicht.

deswegen auch die "nachhineinparagrafen" in zahllosen verwaltungsgesetzen - so eben auch im waffengesetz. ist seit jahrzehnten gängige praxis, schön, wenn es mal auffällt. die ganze diskussion ist wiedermal fruchtlos, weil sich übersteigertes gerechtigkeitsempfinden an den rechtlichen gegebenheiten vorbeiorientiert.

die markigen sprüche über die qualität der judikative finde ich einfach nur oberpeinlich!

grüße

Geschrieben
das bereits genannte rückwirkungsverbot gilt nur im strafrecht. obwohl es manchem ungerecht erscheint - aber im verwaltungsrecht gibt es dergleichen nicht.

....

die markigen sprüche über die qualität der judikative finde ich einfach nur oberpeinlich!

:icon14: ich verstehe auch nicht so ganz worum es hier geht. Die WBK wird ja nicht zur Strafe weggenommen, nach dem Motto: Böser Junge, du darfst jetzt zehn Jahre nicht mehr schießen, sondern aufgrund der fehlenden Zuverlässigkeit. Und die fehlt eben regelmäßig demjenigen, der in den letzten Jahren eine Straftat begangen hat. Wo ist das Problem?

Geschrieben
:icon14:ich verstehe auch nicht so ganz worum es hier geht. Die WBK wird ja nicht zur Strafe weggenommen, nach dem Motto: Böser Junge, du darfst jetzt zehn Jahre nicht mehr schießen, sondern aufgrund der fehlenden Zuverlässigkeit. Und die fehlt eben regelmäßig demjenigen, der in den letzten Jahren eine Straftat begangen hat. Wo ist das Problem?

Nach dem alten Waffenrecht war die Erteilung der WBK rechtlich in Ordnung. Erst mit den neuen Waffenrecht war sie es nicht mehr.

Bsp.:

Du bist 1995 mit 0,7 Promill beim Autofahren erwischt worden. Nun kommt ein neues Gesetz raus, dass man ab 0,5 Promill seinen Führerschein verliert und die Behörde nimmt der wegen dem Vergehen von 1995 deinen Lappen weg.

@Sachbearbeiter

Wundert mich, dass du davon noch nichts gehört hast. In BaWü gab es da ein, zwei Fälle von Jägern die es betroffen hat. Waffenrechtliche Zuverlässigkeit weg -> Jagdschein weg -> Pachtfähigkeit weg

Wir hatten das ganze nebenbei im Fach "Waffen- und Jagdrecht" während des Jagdkurses (Dozent ist u.a. für das Waffenrecht in unserem RP zuständig), die Details sind mir aber entfallen.

Morpheus

Geschrieben

Irgendwie verstehe ich jetzt das Problem nicht, das ihr damit habt.

Nach dem alten Waffenrecht war die Erteilung der WBK rechtlich in Ordnung. Erst mit den neuen Waffenrecht war sie es nicht mehr.

Ja eben nicht. Es sind ja neue Tatsachen bekannt geworden, und das ist soviel ich verstanden habe NICHT die Gesetzesänderung, sondern die Straftat. Die wurde ja NACH Erteilung der WBKen begangen. Die WBK wurde also (1992-1995) jemandem mit weißer Weste erteilt.

Bei der regelmäßigen Kontrolle sieht dann der SB das 2002 (also 10 Jahre nach der ersten Erteilung) eine Straftat begangen wurde. Es geht also im vorliegenden Fall nicht darum das eine bereits nach dem alten Waffengesetz bekannte und bei der Erteilung der WBK nicht als Versagensgrund ausreichend erachtete Straftat noch mal aufgekocht wird, sondern darum ob eine vor dem neuen Waffengesetz begangene, jetzt neu (der Waffenbehörde) bekannt gewordene Straftat nun nach altem oder neuem Waffengesetz beurteilt werden muss.

Somit ist das Urteil wohl die einzig praktikable Lösung, denn ansonsten müsste ja im Rahmen der Gleichbehandlung alle die jetzt eine WBK beantragen und deren Verurteilungen vor 2002 waren nach dem alten Waffengesetz beurteilt werden. Und das ist weder Praktikabel noch sinnvoll.

Wie der Fall liegt wenn die WBK trotz bekannter Straftat nach altem Recht erteilt wurde, wird falls überhaupt fraglich, dann irgendwann ein weiteres Gerichtsverfahren klären müssen. Da liegt der Fall dann aber deutlich anders da keine NEUEN Tatsachen erstmalig zu bewerten sind sondern sich die Bewertungsgrundlage alter bereits bewerteterTatsachen verändern würde.

Geschrieben
Jemand der rechtskräftig wegen eines Verbrechens verurteilt worden ist, darf keine Waffen haben!

Jawohl, auch sollten Verurteilte generell ihr Recht auf Eigentum und Selbstbestimmung verlieren..... natürlich auch die pösen, pösen Siemensmanager, die sich u.a. im Interesse deutscher Arbeitsplätze als allgemeingefährlich erwiesen haben oder der Mittelständler, der kurz vor der Pleite noch die Löhne zahlte aber kein Geld mehr für die Sozialbeiträge hatte! :o

Wenemar

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