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IGNORED

Das bayerische auf Rückladung abgeänderte Gewehr M.1858 (Podewils-Gewehr) von Wolfgang Finze


EkelAlfred

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Ein weiteres für mich lesenswertes Buch ist „Das bayerische auf Rückladung abgeänderte Gewehr M.1858 (Podewils-Gewehr): Tipps für Sammler und Schützen“.

Es ist erst im letztes Jahr, am 23. August 2019, erschienen und wohl das neuste Werk von Finze, der übrigens die gleiche Haarfarbe und Frisur wie ich hat und allein schon deswegen ein netter Kerl sein muß. Das Buch hat (nur) 108 Seiten, kostet aber auch 16,99 Euro, was natürlich schon ein bißchen schade ist.

Das Podewils- oder Podewils-Lindner-Gewehr ist aus mehreren Gründen interessant.Während praktisch alle anderen deutschen (Klein) Staaten das preußische Zündnadelgewehr annahmen, war man in Bayern sowohl gegen einen Hinterlader als auch gegen das preußische Gewehr.  Allerdings machte der 1866iger Krieg überdeutlich, daß mit Vorderladern bewaffnete Truppen schon allein wegen ihrer Bewaffnung hoffnungslos unterlegen waren, wenn der Gegner über Hinterlader verfügte.

Bayern entschied sich daher, einen Hinterlader durch Umbau der vorhandenen Vorderlader einzuführen. Dabei beließ man es beim herkömmlichen Schloß mit Piston; das Zündhütchen mußte weiterhin von außen gesetzt werden.

Um von hinten geladen werden zu können, schnitt man den Lauf einfach hinten ab und baute eine Art schraubbaren Kammerstengel (verkürzt und vereinfacht, schaut halt ins Buch) an.

Interessanterweise besteht die Gasdichtung nicht aus einer Gummi- oder Lederscheibe an der Waffe wie beim Chassepot oder beim Preußischen Zündnadler, sondern aus einer Filzscheibe, die als Boden der Patrone verwendet wurde. Nach dem Abschuß verblieb diese Filzscheibe in der Waffe und wurde mit der nächsten Patrone nach vorne geschoben und beim Schuß aus dem Lauf getrieben.

Hier gibt es eine private Webseite mit einigen Infos: https://www.schmids-zuendnadelseite.de/podewils.html

Interessant an der Lösung ist auch, daß sich z.B. viele heute erhältliche Vorderlade-Replikate durchaus nach diesem System als Hinterlader aptieren lassen würden, während ein Neubau eines Chassepots oder Dreyse Zündnadel-Gewehres auf erhebliche Schwierigkeiten stößt.

Zudem wäre auch die schießsportliche Verwendung problemloser als dies bei den Zündnadelgewehren der Fall ist.

Vor vielen Jahren hatte GEBU mal ein einziges solches Replikat im Angebot; leider war dies schon verkauft, als ich angefragt habe.

Seinen Angaben zufolge war es ein privater Umbau gewesen.

Warum der Text so komisch formatiert ist, kann ich nicht sagen.

 

 

 

 

 

 

Bearbeitet von EkelAlfred
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Besser als das Zündnadegewehr dürfte es zumindest hier in diesem Event gewesen sein.

Artikel "Der Kamerad" 21.02.1869

Zitat

München, 18. Februar. (Schießproben.) Die Ergebniſſe der Schießproben, welche am Ä. Montag mit verſchiedenen Handfeuerwaffen in Gegenwart des Kriegsminiſters mehrerer Mitglieder der Kammern des Landtages und vieler Offiziere der hieſigen Garniſon vorgenommen wurden, waren folgende: Berdän-Gewehr 16 Schüjó 10Treffer; Werder-Gewehr: 14 Schüſſe, 11 Treffer; Chaſſepot- Gewehr: 10 Shüſſe 9 Treffer; abgeändertes Podewils Gewehr: 7 Schüſſe, .7 Treffer; preußiſches Zündnadelgewehr: 5 Schüſſe, 3 Treffer. Es ſchoß kein Offizier, ſondern Unteroffiziere und Soldaten; die Entfernung betrug 200 Schritte, geladen wurde aus der Patrontaſche.

 

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vor 19 Minuten schrieb horidoman:

Besser als das Zündnadegewehr dürfte es zumindest hier in diesem Event gewesen sein.

Artikel "Der Kamerad" 21.02.1869 

Das in diesem Artikel "übersehene" Problem ist: Im Gefechtseinsatz wichtig ist weniger die Präzision des Einzelschusses, sondern die Masse der Schüsse, die in einer Zeiteinheit auf den Gegner abgefeuert wird.  Und da war das Podewils-Gewehr deutlich unterlegen. Zeitgenössische Fachleute (z.B. 1868 Horn) sagten, dass die Zündnadelgewehre im Einzelfeuer Gefecht etwa 4,3 Schüsse je Minute abgeben konnten, ein Hinterlader mit separat aufgesetztem Zündhütchen etwa 2,2 Schüsse. Beim Massenfeuer kamen auf 1,5 Schüsse mit dem Podewils etwa 3 Schüsse mit dem Zündnadelgewehr.
Nicht ohne Grund wird das Podewils-Gewehr als das schlechteste Gewehr bezeichnet, das im Krieg von 1870/71 verwendet wurde. Das beste Gewehr war (auch nach deutschen Quellen) das Chassepot-Gewehr. 
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Schon.

 

Aber das Podewils-Gewehr war jedenfalls nicht preußisch.

 

Und wenn man heute so etwas ggf. mit technisch versierter Hilfe realisieren möchte, halte ich dies noch für den aussichtsreichsten Ansatz.

 

Das Chassepot Buch hole ich mir irgendwann auch noch.

Bearbeitet von EkelAlfred
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vor 17 Minuten schrieb alter_Opa:
Nicht ohne Grund wird das Podewils-Gewehr als das schlechteste Gewehr bezeichnet, das im Krieg von 1870/71 verwendet wurde. …

🥶 noch ein Fundstück

Neue Freie Presse, 06.01.1871

Zitat

 Mit dem Podewils-Gewehr ins Feld zu rücken, ist halber Selbstmord. Erst wird der Hammer für die Kapsel, dann der Knopf für die Patronkam-
iner aufgezogen, eine Kapsel auf den Piston gespießt, die Papierpatrone in die Kammer gelegt, der Knopf geschlossen
und nun erst der Hammer abgedrückt. Kein Wunder, wenn die Mannschaft bald „ins Raufen" kommt und Kolben und
Bajonnet vorzieht

 

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Preussen war nicht ohne Gründe so unbeliebt, auch wenn das in der heutigen Zeit immer sehr gerne verklärt dargestellt wird.

 

Wie auch immer, ein Replikat mit wenigstens ähnlicher Technik wäre schon sehr schön zum gepflegten Schiessen abseits von Sharps & Co.

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Die Bayern hatten 1871 jedenfalls noch ihren bis heute hochverehrten König Ludwig II., den Freak.

Bei soviel geballter militärischer Kompetenz dürfte ein Podewils Gewehr auch schon egal gewesen sein.

 

Abseits von Sharps u Co sieht es allerdings trist aus.

In Österreich fallen mir allerdings immer noch eine Menge Werndlgewehre ins Auge, oft in sehr gutem Zustand. Es gibt sogar Traditionsschützenkompanien, die damit ausrücken. Bei mir ums Eck bei einem Händler steht seit Jahr und Tag einer.

 

Bearbeitet von horidoman
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Sonst fällt mir eigentlich ausser den Genannten nicht viel Europäisches und Nichtpreussisches ein, wo man Papierpatronen hinten reinstopft. Der Alfa Katalog kennt noch ein paar ausgerissene Modelle "Albini", "Terssen" usw, kenne aber deren Patronen nicht.

https://archive.org/details/AlfaWaffenkatalog1911/page/n33

 

Das schlimmste an Preussen waren mM. die Flötenkonzerte.

Das Gequietsche hält ja kein normaler Mensch aus!

Bearbeitet von horidoman
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vor 1 Minute schrieb erstezw:

Die sind aber schon wieder für Metallpatronen.

Stimmt, war mir zuerst  nicht bewusst, dass nur Papierpatronen HL gesucht sind.

Da siehts aber mM. in der Auswahl eher düster aus. Vom perfekten Vorderlader ist ÖU praktisch bis auf einige Versuchsmodelle direkt auf Metallpatrone umgestiegen.

Als Zwischenstufe könnte man noch die ersten Martinis ansehen. Die hatten zwar auch Metallpatronen, allerdings war um den Messingboden die Hülse aus Metallfolie gewickelt.

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Am 8.1.2020 um 08:16 schrieb horidoman:

... Vom perfekten Vorderlader ist ÖU praktisch bis auf einige Versuchsmodelle direkt auf Metallpatrone umgestiegen....

 

 

Versuchsmodelle mit Pappepatrone von Lindner sind in Österreich erprobt worden und hatten eine gute Chance, eingeführt zu werden. Königgrätz kam dazwischen ...

 

Mehr zu diesem Thema in meinem Buch, das in Kürze erscheint.

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