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IGNORED

Gericht: 95 EUR für zehnminütige Aufbewahrungskontrolle noch in Ordnung


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Geschrieben

Wie das VG Sigmaringen in einem kürzlich veröffentlichten Urteil entschieden hat, seien 95 EUR für eine zehnminütige verdachtsunabhängige Kontrolle der Waffenaufbewahrung, bei der keine Verstöße festgestellt wurden, rechtlich nicht zu beanstanden.

VG Sigmaringen Urt. vom 26.6.2013, Az. 2 K 1819/12

http://lrbw.juris.de/cgi-bin/laender_rechtsprechung/document.py?Gericht=bw&GerichtAuswahl=Verwaltungsgerichte&Art=en&Datum=2013-6&nr=17225&pos=1&anz=26

Zur Erinnerung: Nach Ansicht des VG Stuttgart (Urt. vom 13.08.2013, Az. 5 K 2177/12) sind jedenfalls 210 EUR Mindestgebühr zu viel.

Die Kommunen werden jetzt nach und nach die Grenzen ausloten.

Interessant an dem Urteil findet ich folgende Punkte:

(Rn. 41) Auch die Anzahl der eingesetzten Kontrolleure war nicht unverhältnismäßig. Im Rahmen der Kontrolle beim Kläger am 15.02.2012 waren zwei Kontrollpersonen vor Ort. Dies ist nicht zu beanstanden. Insbesondere stellt dies keinen unverhältnismäßig großen Aufwand dar. Vom Beklagten wurde hierzu zutreffend darauf hingewiesen, dass sowohl zu Beweiszwecken aber auch unter Sicherheitsgesichtspunkten eine Kontrolle durch nur eine Person nicht zweckmäßig ist. Gerade im Falle der Kontrolle der Waffenaufbewahrung ist nicht auszuschließen, dass es zu gefährlichen Situationen kommen kann, in denen nur eine Kontrollperson beispielsweise nicht in der Lage wäre, im Falle eines Angriffs Hilfe herbeizurufen.
Wer sagt da noch mal, dass legale Waffenbesitzer nicht unter Generalverdacht gestellt werden?

Auch setzt sich das Gericht erstmals mit der Argumentation von karlyman auseinander, wonach auch der Wille des baden-württembergischen Landesgesetzgebers einer Gebührenerhebung bei verdachtsunabhängigen Kontrollen entgegensteht:

(Rn. 25) Ein Verstoß gegen Art. 3 GG ist nicht ersichtlich. Eine von der Verwaltungspraxis des Landratsamts Bodenseekreis abweichende Handhabung in anderen Kommunen oder Bundesländern betrifft allenfalls andere Rechtsträger. Eine konkrete Ungleichbehandlung innerhalb des Bodenseekreises hat der Kläger dagegen nicht behauptet. Er äußert nur allgemein, dass ausweislich des Koalitionsvertrages der grün-roten Landesregierung Jäger bevorzugt würden und stützt dies auf eine Textstelle, nach der das Waffenrecht dahin verschärft werden solle, ein generelles Verbot von großkalibrigen Faustfeuerwaffen zu initiieren, von dem Jäger ausgenommen werden sollen. Im Termin hat der Kläger allerdings sogar geäußert, er glaube nicht, dass andere Waffenbesitzer im Bodenseekreis besser behandelt würden. Nach Auskunft des Beklagten wurden etwa auch Forstbeamte in die Kontrollen mit ein- und zur Gebührenzahlung herangezogen. Insbesondere vermag auch der Umstand, dass keine Unterscheidung nach der Art der Kontrolle erfolgt, keinen Verstoß gegen Art. 3 GG zu begründen. Zwar geht der Gesetzesentwurf der Landesregierung für das Gesetz zur Neuregelung des Gebührenrechts vom 03.08.2004 in seiner Begründung (LT-Drs. 13/3477, Seite 40) davon aus, dass bei unregelmäßig durchgeführten Kontrollen und Überwachungsmaßnahmen, die Behörden nach dem Zufallsprinzip beziehungsweise einer Risikoanalyse vornehmen, wegen Art. 3 GG eine individuelle Zurechnung mit einer Gebührenerhebung nur erfolgen kann, wenn dem zu Überprüfenden rechtswidriges Verhalten vorgeworfen werden kann. Hintergrund dieser Feststellung ist der Umstand, dass ein Gebührenschuldner der Leistung näher stehen muss als die Allgemeinheit, also eine verantwortliche Veranlassung vorliegen muss (vgl. LT-Drs.13/3477 a.a.O.). Eine solche verantwortliche Veranlassung liegt allerdings - wie ausgeführt - bei einem Waffenbesitzer vor.

Schließlich sei die Aufbewahrungskontrolle mit einer Verkehrskontrolle nicht vergleichbar:

(Rn. 24) Es besteht eine Gebührenpflicht des Klägers, da es sich bei der Kontrolle um eine öffentliche Leistung (§§ 2 Abs. 2 LGebG, 1 Abs. 1 GebührenRVO, 11 Abs. 1 KAG) handelt, die dem Kläger als Gebührenschuldner zuzurechnen ist (§ 5 Abs. 1 LGebG). Insbesondere liegt die eine Gebührenpflicht auslösende Veranlassung vor. Der Kläger hat durch seinen Waffenbesitz zunächst unzweifelhaft die Ursache für die Durchführung der waffenrechtlichen Vor-Ort-Kontrolle im Sinne einer einfachen Kausalität gesetzt. Über diese schlichte Verursachung hinaus ist im Fall des Klägers als Waffenbesitzer jedoch auch die nach den obigen Grundsätzen für eine Gebührenerhebung erforderliche besondere Verantwortlichkeit gegeben, die sich aus der Pflichtenstellung des Klägers als Waffenbesitzer herleitet. Es handelt sich bei der verdachtsunabhängigen waffenrechtlichen Vor-Ort-Kontrolle auf der Grundlage des § 36 Abs. 3 Satz 2 WaffG gerade nicht um eine klassische Kontrollmaßnahme der Behörde nach dem Zufallsprinzip (wie etwa die vom Kläger im Termin vom 26.06.2013 beispielhaft angeführte allgemeine Verkehrskontrolle), bei der eine individuelle Zurechenbarkeit grundsätzlich zu verneinen wäre. Vielmehr hat der Gesetzgeber durch die hervorgehobene waffenrechtliche Pflichtenstellung des Waffenbesitzers in besonderem Maße eine Zurechnung vorgenommen, die zur Folge hat, dass der Waffenbesitzer zu der verdachtsunabhängigen Kontrollmaßnahme in einer Sonderbeziehung steht und er mithin der öffentlichen Leistung näher steht als die Allgemeinheit (vgl. insgesamt ausführlich VG Stuttgart, Urteil vom 20.09.2011 a.a.O.).

Ein Autofahrer hat also keine Pflichtenstellung nach StVG, StVO, StVZO, die eine Sonderbeziehung begründet und deren Einhaltung bei einer Verkehrskontrolle überprüft wird? Ist die Kontrolle und der damit verbundene Aufwand den Autofahrern durch ihren Autobesitz und die Teilnahme am Straßenverkehr nicht auch individuell zurechenbar?

Geschrieben
Die Kommunen werden jetzt nach und nach die Grenzen ausloten.

So isses, und die Aussage der Politik, dass diese Kontrollen nicht zu Lasten der Besitzer gehen dürfen,

findet ihr jetzt in der Ablage "Was interessiert mich denn mein Geschwätz von gestern".

Geschrieben
Gerade im Falle der Kontrolle der Waffenaufbewahrung ist nicht auszuschließen, dass es zu gefährlichen Situationen kommen kann, in denen nur eine Kontrollperson beispielsweise nicht in der Lage wäre, im Falle eines Angriffs Hilfe herbeizurufen.

Das ist schon eine recht saumäßige Unverschämtheit.

Geschrieben
Das ist schon eine recht saumäßige Unverschämtheit.

Auf dieser Unverschämtheit beruhen doch wesentliche Teile des Waffengesetzes. Würde man (auch "legale", vielfach überprüfte, bis zur Kriecherei gesetzestreue) Waffenbesitzer nicht pauschal für gefährlich halten, warum dann das Dogma "So wenig Waffen wie möglich ins Volk" und seine Durchsetzung mittels Bedürfnisprinzip etc.? Die grundsätzliche Unverschämtheit steht seit '72 im Waffengesetz, sie fällt bloß immer dann ein paar mehr Leuten auf als sonst, wenn sie mal wieder turnusmäßig etwas ausgedehnt wird.

Geschrieben

Stundensatz 285 € inkl. Anfahrt ...

Und auch das ist frech, denn welcher normale Dienstleister, der zB als Handwerker wirklich etwas leistet und einen Wert erbringt, kann sich erlauben, solche h-Sätze zu verrechnen ?

Geschrieben

Interessant an dem Urteil findet ich folgende Punkte:

Wer sagt da noch mal, dass legale Waffenbesitzer nicht unter Generalverdacht gestellt werden?

Wieso, wer hat das denn jemals behauptet? Mit der Waffengesetzverschaerfung '72 wurden Waffenbesitzer generell unter Verdacht gestellt und per Beduerfniszwang dazu verpflichtet sich gegenueber dem Staat zu erklaeren. Das das Ganze natuerlich noch durch diverse Rechtsprechungen ala "so wenig Waffen wie moeglich ins Volk" zementiert wurde ohne das irgendjemand dagegen angegangen ist zeigt unsere Hobbylobbt in einem komplett anderen Licht. Natuerlich faellt das ganze erst jetzt auf, wenn das Kind mit den Grundrechtsverstoessen durch unangekuendigte Heimdurchsuchungen auffaellt die auch noch den Waffenbesitzern angelastet werden, aber was solls... wir sind ja gerne bereit dem Staat zu zeigen wie harmlos wir sind und haben nix zu verbergen. BOHICA!

Gerade im Falle der Kontrolle der Waffenaufbewahrung ist nicht auszuschließen, dass es zu gefährlichen Situationen kommen kann, in denen nur eine Kontrollperson beispielsweise nicht in der Lage wäre, im Falle eines Angriffs Hilfe herbeizurufen.

Ob man nun einen Buettel oder zwei verscharren muss macht dabei keinen grossen Unterschied. Aber gerade den am Besten ueberprueften Buergern das zu unterstellen ist schon ein bisschen Peinlich und man sollte gerade wegen dieser Begruendung einmal Revision einlegen und den Vergleich zu bei Fahrzeugkontrollen ueberfahrenen Polizisten ziehen. Waere mal interessant wie weit man kommt.

So isses, und die Aussage der Politik, dass diese Kontrollen nicht zu Lasten der Besitzer gehen dürfen,

Ja soll denn etwa der Steuerzahler fuer Dein Hobby zur Kasse gebeten werden? Waere das ein Grundrecht wuerde das ja angehen aber so doch nicht. Da kannst Du auch den Maximalsatz fuer 2 ungelernte Angestellte zahlen.

Geschrieben

Als ich das gelesen habe:

Rößle bestätigt, dass die Kontrollen stets angemeldet waren. Unangemeldete Besuche seien nur mit einem gerichtlichen Beschluss möglich. Ein solcher Beschluss kann aber nur erlassen werden, wenn hinreichende Beweise vorliegen.

mußte ich spontan an die Waffenkontrollen denken.

Herkunftsnachweis: Süddeuetsche.

Geschrieben

Vor dem Gesetz sind alle gleich und manche eben ein wenig gleicher. Langsam müsste man es doch wissen, dass man als LWB Bürger zweiter Klasse ist in dieser auch so tollen FDGO. Aber die Verbände meinen, damit kann man leben und sollte das akzeptieren, um ja die gute Stimmung nicht zu vermiesen.

Geschrieben

Das Ganze könnte über die noch ausstehende BKostenV eingefangen werden.

Geschrieben

Das Ganze könnte über die noch ausstehende BKostenV eingefangen werden.

Guck mal in das Gesetz zur Strukturreform des Gebührenrechts des Bundes (BGBl. I 2013 S. 3154). Da sind einige gebührenrechtliche Änderungen auch in Bezug auf das WaffG und die Geltung der WaffKostV drin. Aber leider nichts, was uns helfen würde. Vielmehr wurde darin noch einmal deutlich klargestellt, dass die Länder ihr eigenes Süppchen kochen können.
Geschrieben

Darum sollte das ja auch in eine Bundeskostenverordnung. Dann sind die Länder wieder draussen.

Geschrieben

Ein Autofahrer hat also keine Pflichtenstellung nach StVG, StVO, StVZO, die eine Sonderbeziehung begründet und deren Einhaltung bei einer Verkehrskontrolle überprüft wird? Ist die Kontrolle und der damit verbundene Aufwand den Autofahrern durch ihren Autobesitz und die Teilnahme am Straßenverkehr nicht auch individuell zurechenbar?

Bei Richtern, die die Angelegenheit - ersichtlich - von vornherein derart tendenziös betrachten, die "al Gusto" solche haarsträubenden Differenzierungen vornehmen, hat man im wahrsten Sinne des Wortes "verloren".

Mehr fällt mir dazu im Moment nicht ein.

Geschrieben

Als ich das gelesen habe:

mußte ich spontan an die Waffenkontrollen denken.

Wir haben jedes Jahr mehr Ehrenmorde, als Opfer bei den großen Amokläufen hier in D, die bekanntlich nicht jedes Jahr stattfanden.

Als in diesem Zusammenhang die Frage diskutiert wurde, ob das Jugendamt das Recht bekommen soll, vor Ort die Lebensumstände eines Jugendlichen zu kontrollieren, ob da alles in Ordnung ist, da wurde das von genau diesen vehement zurückgewiesen, die ganze vorne mit dabei sind, wenn es um die "Selbstverständlichkeit" von Waffenaufbewahrungskontrollen geht.

bye knight

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