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IGNORED

Gebührenerhebung im Waffenrecht möglicherweise nicht zulässig


2nd_Amendment

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Hallo,

heute habe ich eine interessante Pressemitteilung gelesen, wonach das OVG Niedersachsen am 16.11.2012 (Az. 7 KN 101/12) für einen anderen Fall (Gebührenregelung für Sondertransporte) entschieden hat, dass die Länder keine Gebührenordnungen für Bundesgesetze erlassen dürfen.

Diese Entscheidung dürfte auf das WaffG übertragbar sein.

Die Gesetzgebungskompetenz für Verwaltungsgebühren folgt als Annex zur jeweiligen Sachkompetenz. Für das Waffenrecht hat der Bund die ausschließliche Gesetzgebungskompetenz (Art. 73 Abs. 1 Nr. 12 GG). Somit darf auch nur der Bund entscheiden, ob für den Vollzug des Waffenrechts Verwaltungsgebühren erhoben werden. Der Bund hat davon in § 50 WaffG Gebrauch gemacht und vorgesehen, dass nur die Tätigkeit von Bundesbehörden gebührenpflichtig sein soll (§ 50 Abs. 2 Satz 1 WaffG: "für den Bereich der Bundesverwaltung").

Die Länder dürften von dieser bundesrechtlichen Regelung nach Art. 84 Abs. 1 Satz 2 GG nur dann abweichen, wenn es sich dabei um Verfahrensrecht handelt.

Hierunter fallen nur "gesetzliche Bestimmungen, die die Tätigkeit der Verwaltungsbehörden im Blick auf die Art und Weise der Ausführung des Gesetzes einschließlich ihrer Handlungsformen, die Form der behördlichen Willensentscheidung, deren Zustandekommen und Durchsetzung sowie verwaltungsinterne Mitwirkungs- und Kontrollvorgänge in ihrem Ablauf regeln" (BVerfGE 55, 274, 320; 75, 108, 152).

Die Gebührentatbestände selbst gehören dem materiellen Recht an, lediglich die Regelungen betreffend die behördliche Durchsetzung des Gebührenanspruchs sind dem Verfahrensrecht zuzuordnen (so OVG Niedersachsen, a.a.O.; ebenso bereits Sacksofsky, Umweltschutz durch nicht-steuerliche Abgaben, 2000, S. 243).

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Hmm. Die waffkostv gibt es ja noch (oder wurde die aufgehoben?).

Und dem Grunde nach sind Gebühren zu erheben (50 Abs. 1 WaffG).

Eventuell könnte man aber über die Feststellung in der VwV (Kontrollen im öffentlichen Interesse) und o.g. Urteil die landes- und kommunalrechtlich erlassenen Wildwuchsgebühren für Nachschauen kippen?

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Eventuell könnte man aber über die Feststellung in der VwV (Kontrollen im öffentlichen Interesse) und o.g. Urteil die landes- und kommunalrechtlich erlassenen Wildwuchsgebühren für Nachschauen kippen?

Guter Ansatz! Bisher war ja ein Argument, dass der Bund das hätte überhaupt nicht regeln dürfen, da er dafür nicht zuständig sei. Nun ist er aber anscheinend doch. Wenn man dann noch das Prinzip des bundesfreundlichen Verhaltens (Wilms, Staatsrecht I, 2007, S. 89 Rn. 272 ff.) hinzuzieht, wird ein Schuh draus.

Wenn Waffenbehörden irrigerweise Landesrecht anstelle der WaffKostV anwenden kann je nach Lage des Falls der Gebührenbescheid trotzdem erstmal rechtswidrig sein (z.B. Gebühr höher als in WaffKostV vorgesehen oder falsche Ermessenausübung wegen anderem Gebührenrahmen).

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Guter Ansatz! Bisher war ja ein Argument, dass der Bund das hätte überhaupt nicht regeln dürfen, da er dafür nicht zuständig sei. Nun ist er aber anscheinend doch.

Nein. Das Argument war, dass der Bund das eben nicht geregelt hat. Er hätte es schlicht ins Gesetz schreiben müssen. Da er dies nicht getan hat, sind die Länder am Zuge. Wenn diese das regeln, ist es konform.

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Nur (das ist aber rechtlicheine andere "Baustelle") ist in vielen Landesgebührengesetzen als Grundsatz zur Gebührenerhebung enthalten, dass Gebührenschuldner nur der wird, der eine individuell zurechenbare Verwaltungshandlung "veranlasst". Bei den Aufbewahrungskontrollen ist das aufgrund des von der Behörde ausgehenden, stichprobenartigen Charakters der "Erstkontrollen" (also nicht Nachkontrollen bei Mängeln) sehr zweifelhaft.

Konsequenter Weise werden von den Behörden auch in praktisch allen anderen Feldern, wie der polizeilichen Anhaltekontrolle, der Nachschau durch Baukontrolle oder Umweltamt etc., bei von IHNEN ausgehenden Stichprobenkontrollen keine Gebühren festgesetzt. Nur im Waffenrecht sieht man dies offenbar anders. Es gibt Behörden, die Kontroll-Gebühren festsetzen, andere wiederum nicht.

Mehrere Verwaltungsgerichte haben, seit die neue Rechtslage besteht, bei den Gebührenerhebungen den Behörden rechtgegeben. In den Urteilsbegründungen wurde die (m.E. saloppe und etwas "windige") Argumentation vorgenommen, die Kontrollen lägen eben "im Pflichtenkreis" des Waffenbesitzers und dieser "veranlasse" sie dadurch... Wohlgemerkt, in anderen Bereichen, wo ebenfalls (z.B. aufgrund des Umgangs mit potentiell gefährlichen Gegenständen oder Verfahrensweisen) Kontrollen "im Pflichtenkreis" des Kontrollierten liegen, sind solche Argumente nicht zu hören und sind keine Gebühren in Sicht...

Meines Erachtens haben wir bei dieser Gebührenhandhabung praktisch eine "lex Waffenbesitz", die sonst nirgendwo Anwendung findet. Fast könnte man sagen, eine politische Gestaltung oder Auslegung des Rechts.

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Daran siehst du nur eines: Wenn gewollt, könnte man auch die anderen gebührenpflichtig machen-man hat es aber nicht. Es wäre wohl nicht populär. Bei Waffen hat man keine Befürchtung, dass es einen großen Aufschrei gäbe.

Hat man wohl richtig eingeschätzt.

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Den Aufschrei der Betroffenen gab es durchaus (und gibt ihn weiterhin, Verfahren sind m.W. noch anhängig; und dass z.B. die irrsinnige Stuttgarter Gebühr von 210,- € pro Kontrolle juristisch halten wird, glaube ich nicht..).

Allerdings ist er, da gebe ich dir recht, im bundesweiten Kontext wohl zu leise.

Ich selbst bin bislang noch in der vorteilhaften Situation, dass in unserem Landkreis keine Kontrollgebühren erhoben werden; aber einen Kreis weiter sieht es schon wieder anders aus.

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Daran siehst du nur eines: Wenn gewollt, könnte man auch die anderen gebührenpflichtig machen

Auch daran habe ich, wenn wir über bloß stichprobenartige - ohne konkretes Vorliegen von Verdachtsmomenten durchgeführte - Kontrollen reden, erhebliche Zweifel.

Das würde nach kombiniertem "Aufschrei" + erfolgtem rechtlichem Widerstand wieder in der Versenkung verschwinden.

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  • 3 Wochen später...
Den Aufschrei der Betroffenen gab es durchaus (und gibt ihn weiterhin, Verfahren sind m.W. noch anhängig; und dass z.B. die irrsinnige Stuttgarter Gebühr von 210,- € pro Kontrolle juristisch halten wird, glaube ich nicht..).

Richtig (und für die Waffenbesitzer auch wichtig !). Es wird höchste Zeit, dass eine höhere Instanz (am besten das BVerwG) mal das Gegenteil klarstellt.

Im Gegensatz zu anderen Rechtsgebieten haben die Waffenbesitzer allerdings recht vielseitige Möglichkeiten, sich den Kontrollen ganz elegant zu entziehen, da der Aufbewahrungsort nicht vorgegeben ist und die Wohnräume grundgesetzlich geschützt sind und nur bei Gefährdung der öffentlichen Sicherheit gegen den Willen des Betroffenen betreten werden dürfen. Bei letzterem reicht es bereits aus, wenn ein Mitbewohner den Kontrolleuren den Zugang verweigert.

Dies dürfte nicht im Sinne der Waffenbehörden sein, weshalb schon aus diesem Grunde von einer Gebührenerhebung für die Stichprobenkontrollen vor Ort abgesehen werden sollte. Ich kenne übrigens keine, die so was tun. Scheinen also nicht allzu viele zu sein...

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Es ist nicht leicht sich zu entziehen. Der Mitbewohner reicht auch nicht aus, bietet allenfalls Aufschub. Es gibt Bundesländer da sind die Gebühren bereits landesweit in den Landesgebührenordnungen verankert. Von vereinzelt kann man da nicht sprechen.

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Egal was in dem Gebührenverzeichnis drinsteht. Die Behörde muss erst mal zu den Waffen kommen. Bei externer Verwahrung ganz wo anders (Elternhaus, Bank, vielleicht sogar im Ausland, wenn jemand grenznah wohnt) ist es ganz schnell aus mit Kontrollmöglichkeiten.

Und klar reicht es aus, wenn der Mitbewohner sich wehrt, denn der hat die selben Grundrechte wie der Waffenbesitzer. Dem kann man dann nichts anlasten, wenn er sogar von sich aus zur Kontrolle bereit wäre.

Ich kann mir nicht vorstellen, dass diese Gebührenerhebungen die Mitte dieses Jahrzehnts noch erleben. Spätestens wenn die Polizei das auch bei Verkehrskontrollen macht, gibts einen Bürgerkrieg... :D

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Im Gegensatz zu anderen Rechtsgebieten haben die Waffenbesitzer allerdings recht vielseitige Möglichkeiten, sich den Kontrollen ganz elegant zu entziehen, da der Aufbewahrungsort nicht vorgegeben ist und die Wohnräume grundgesetzlich geschützt sind und nur bei Gefährdung der öffentlichen Sicherheit gegen den Willen des Betroffenen betreten werden dürfen. Bei letzterem reicht es bereits aus, wenn ein Mitbewohner den Kontrolleuren den Zugang verweigert.

Dies entspricht zwar dem "gesunden Rechtsempfinden" und mag auch moralisch durchaus vertretbar sein, wurde aber erst kürzlich durch höchstrichterliche Rechtsprechung gekippt. Es endete für den Betroffenen mit der Entziehung aller waffenrechtlichen Erlaubnisse.

Unsere Robenträger, insbesondere die in den Verwaltungsgerichten, interessieren die grundgesetzlich garantierten Freiheitsrechte und Schutzregelungen für die Bürger gegen die Willkür dieses Staates einen Cheyzdreck.

Am meisten begeistert mich immer der Schlußsatz unter solchen Urteilen:

"Eine Revision gegen dieses Urteil ist nicht möglich."

Das bezogene aktuelle Urteil ist hier irgendwo verlinkt, ich finds nur gerade nicht. Sorry.

CM

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Hallo,

Diese Entscheidung dürfte auf das WaffG übertragbar sein.

...

Ich bin mal gespannt, wann die erste Behörde versucht, gerade daraus Art. 84 Abs. 1 Satz 2 GG nen Schuh zu machen, mit dem man zurücktreten kann. Mit ebenjener zitierter Begründung. Zumindest jene, die nicht wissen, wann sie aufhören sollten.

Verflixt, falschen Absatz kopiert. Dann lieber keinen

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Dies entspricht zwar dem "gesunden Rechtsempfinden" und mag auch moralisch durchaus vertretbar sein, wurde aber erst kürzlich durch höchstrichterliche Rechtsprechung gekippt. Es endete für den Betroffenen mit der Entziehung aller waffenrechtlichen Erlaubnisse.

Meines Wissens gibt es keine - und insbesondere keine "höchstrichterliche" - Entscheidung, in der es genau um das oben von Sachbearbeiter erwähnte Szenario ging (Verweigerung des Betretens der Wohnung durch Mitbewohner/Ehefrau/Partner etc., welche® sich auf den Schutz der Wohnung beruft, jedoch nicht selbst Waffenbesitzer ist; bei gleichzeitiger grundsätzlicher Zustimmung des Waffenbesitzers...).

Das wäre durchaus eine interessante Sache. Denn exakt hier kommt der "Hebel" des § 36 Abs. 3 WaffG - verwaltungsrechtliche Drohung der Unzuverlässigkeit gegenüber dem Waffenbesitzer - nicht zum Tragen.

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Es gibt diese Fälle jedoch abseits vom Waffenrecht. Du wirst deine Aufbewahrung püfen lassen müssen oder mit den Konsequenzen leben.

Der Mitbewohner bringt dir nur Aufschub, so wie viele andere Gründe.

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  • 2 Wochen später...

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