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2nd_Amendment

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  1. Ja, die gibt es. Hatten wir bei WO auch schon diskutiert. Hier mal bitte nachlesen ab Rn. 4: http://www.bverwg.de/entscheidungen/entscheidung.php?ent=030314B6B36.13.0 Die Essenz der Entscheidung: Man darf die Waffe erst unmittelbar vor dem erlaubten Verwendungszweck (in dem Fall der Kaninchenjagd) laden. Wer die Waffe grundlos lädt, schafft ein unnötiges Risiko (z.B. das sich ein Schuss lösen könnte). Wer solche Risiken eingeht, ist unzuverlässig. Das war der der direkte Vorläufer zu der Entscheidung mit der Null-Promillegrenze. Die aktuelle Linie lässt sich mit der Gleichung "unnötige Risiken im Umgang mit Waffen eingehen = unzuverlässig" beschreiben.
  2. Der unterlegene Kläger hätte Verfassungsbeschwerde erheben können. Die Erfolgschancen sind aber gleich Null, zumal die Entscheidung ja im Ergebnis (wenn auch nicht mit der Begründung) richtig sein dürfte. Im Übrigen betont das Bundesverfassungsgericht immer wieder gerne, keine Superrevisionsinstanz zu sein. Sinnvoller wäre es, wenn sich ein anderer Jäger findet, dem die WBK wegen geringfügigem Alkoholkonsum entzogen wurde. Dann müsste man das mit einem guten Waffenrechtler und Unterstützung der Verbände erneut durch die Instanzen bringen. So könnte der hiesigen Entscheidung ihre Allgemeingültigkeit streitig gemacht werden.
  3. Nur zur Klarstellung: Ich bin der Meinung, dass dem Jäger in dem konkreten Fall wahrscheinlich zu Recht die WBK entzogen wurde. Mir schmeckt aber die Begründung nicht, da es nun auch andere Leute treffen wird, die sich wesentlich weniger riskant verhalten haben. Das Urteil hat eine ganz erhebliche Tragweite. Im Extremfall könnte man sagen, dass man im alkoholisierten Zustand generell keinen Umgang mit Waffen haben darf, was dann zu Ergebnissen wie dem von kulli geschilderten führen könnte. Zu klären wäre auch, ob man nach dem Schüsseltreiben die Waffe noch nach hause "transportieren", d.h. führen darf.
  4. Seit heute liegen die Entscheidungsgründe zu dem Urteil des BVerwG vor, dass den WBK-Widerruf gegenüber einem Jäger bestätigte. Der Jäger hatte Alkohol konsumiert und hatte dann auf der Jagd in diesem Zustand einen Schuss abgegeben. Obwohl es keine Ausfallerscheinungen gab und der Schuss auch nicht daneben ging, wiederrief die Behörde die WBK wegen Unzuverlässigkeit. Die Gerichte bestätigten dies in allen drei Instanzen. Besonders weit aus dem Fenster lehnte sich das BVerwG. Es hat den Leitsatz aufgestellt, dass nur derjenige vorsichtig und sachgemäß im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b WaffG mit Waffen umgeht, der sie ausschließlich in nüchternem Zustand gebraucht. Der Grad der Alkoholisierung und die Frage, ob alkoholbedingte Ausfallerscheinungen aufgetreten sind, spiele keine Rolle. Der waffenrechtliche Zuverlässigkeitsmaßstab sei ein strengerer als der straßenverkehrsrechtliche Sorgfaltsmaßstab. Selbst wer einen so geringen Alkoholisierungsgrad aufweist, dass er nach dem StVG noch mit dem Kfz fahren darf, darf nicht mehr mit Waffen schießen (Rn. 26). Wer es dennoch macht, ist unzuverlässig. BVerwG, Urteil vom 22.10.2014, Az. 6 C 30.13 http://www.bverwg.de/entscheidungen/entscheidung.php?ent=221014U6C30.13.0 Meine Meinung dazu: Für die Entscheidungen der Vorinstanzen konnte man noch Verständnis aufbringen. Diese haben darauf abgestellt, dass das Verhalten des Weidmanns in der konkreten Situation gefährlich war und es mehr oder weniger Zufall war, dass nichts passiert ist. Die Entscheidung des BVerwG geht jetzt aber deutlich weiter und sagt, dass kein bestimmter Alkoholisierungsgrad vorliegen muss sondern ein Automatismus gilt, dass wer Alkohol trinkt und dann schießt - und seien es auch nur 0,3 Promille - unzuverlässig ist. Das geht m.E. entschieden zu weit. Wo man diese gegenüber den Autofahrern verschärften Anforderungen hernehmen will, ist mir schleierhaft. Ausdruck einer gesetzgeberischen Wertung ist dies jedenfalls nicht. Es gibt auch keine gesicherten wissenschaftlichen Erkenntnisse, ab welchem Alkoholisierungsgrad man mit Waffen objektiv nicht mehr sicher umgehen kann. Wir hatten Anfang dieses Jahres schon das unsägliche Urteil, dass Waffen selbst im 0er Tresor nicht mehr geladen aufbewahrt werden dürfen. Wenn diese beiden Urteile zusammensieht, zeichnet sich die Tendenz einer Gefahrerhöhungstheorie ab: Alles, was die notwendig mit dem erlaubten Waffenbesitz verbundenen abstrakten Gefahren irgendwie abstrakt erhöhen könnte, ist ein unsachgemäßer Umgang und führt zur Unzuverlässigkeit. Wenn das so weitergeht, dann gute Nacht.
  5. Momentan sind es nur geistige Flatulenzen, aber hier könnte neues Ungemach auf uns zukommen: Am 11./12.12. wurde in Köln die 200. Sitzung der Ständigen Konferenz der Innenminister und -senatoren der Länder abgehalten. Unter TOP 16 wurde der "Bericht über Möglichkeiten zum Ausschluss bestimmter Schusswaffen / Munition vom sportlichen Schießen und zur Beschränkung des privaten Besitzes von Schusswaffen" behandelt. Hierzu fasste man folgenden Beschluss: Die IMK nimmt den Bericht des BMI "Möglichkeiten zum Ausschluss bestimmter Schusswaffen / Munition vom sportlichen Schießen und zur Beschränkung des privaten Besitzes von Schusswaffen" (Stand: 13.10.14) (freigegeben) zur Kenntnis. Die IMK bittet das BMI, den Bericht des BMI mit dem Fachbeirat Schießsport abzustimmen und der IMK zur Frühjahrssitzung 2015 erneut zu berichten. In einer Protokollnotiz erklärten Baden-Württemberg, Bremen und Thüringen, dass Sie dafür einträten, zu untersuchen, welche konkreten Möglichkeiten den Waffenbehörden im Rahmen der Bedürfnisprüfung nach § 4 Absatz 4 Satz 3 WaffG eingeräumt werden können, das tatsächliche Bedürfnis eines Waffenbesitzers zum fortbestehenden Erwerb und Besitz von erlaubnispflichtigen Schusswaffen und Munition regelmäßig zu überprüfen (z. B. durch eine gesetzliche Verpflichtung der Sportschützen zum Führen eines Schießbuches).
  6. Richtig erkannt. Es wurde bei ihm gesagt, dass er unzuverlässig sei, weil bei ihm Tatsachen die Annahme rechtfertigen würden, dass er Waffen missbräuchlich oder leichtfertig verwenden würde. Dies ergäbe sich daraus, dass er mit einer Waffe im alkoholisierten Zustand geschossen habe. Schießen ist aber nur eine Form des Umgangs. Außer dem Schießen gibt es waffenrechtlich noch weitere Umgangsformen wie etwa Führen und Besitzen. Man wird deshalb sehen müssen, ob die Rechtsprechung auch auf diese Fälle übertragen wird.
  7. Sehr guter Beitrag, der zeigt, wohin die Reise gehen wird. Jetzt steht ja bald Silvester vor der Tür. Angenommen, da treffen sich Leute wo gemeinsam auf einem Privatgrundstück und geben mit einer Schreckschusspistole nach 00:00 zur Feier des neuen Jahres ein paar Schuss ab (nur Platzpatronen, so dass keine Geschosse das Grundstück verlassen können). Danach stößt man noch gemeinsam mit ein paar Gläsern Sekt an. Anschließend verabschiedet man sich voneinander und einer geht mit 0,6 Promille zu Fuß nach hause. Bei einer zufälligen polizeilichen Kontrolle weist sich dieser mit Personalausweis und kleinem Waffenschein aus. Die Polizeibeamten wollen - warum auch immer - einen Alkoholtest durchführen. Einige Tage später gibt es ein Anhörungsschreiben von der Waffenbehörde, dass man unzuverlässig sei, weil man sich - obwohl man eine Waffe geführt hat - zum Konsum von 0,6 Promille Alkohol hat hinreißen lassen und da ja etwas hätte passieren können. So könnte es eines Tages wirklich kommen und das absurde daran ist, dass die wesentlich gefährlicheren Silvesterfeuerwerkskörper (Klasse II) regelmäßig alkoholisiert aus einer leergetrunkenen Sektflasche verschossen werden und sich trotz der jedes Silvester aufs Neue passierenden Unfälle keine Sau daran stört.
  8. Hier mal eine aktuelle Entscheidung, bei der ein Jäger seine Alkoholisierung bemerkte, deshalb von der Jagdausübung absah und mit seiner Jagdwaffe alokoholisiert (1,39 Promille) die Rückfahrt antrat: VG Gera, Beschl. v. 28.04.2014, Az. 2 E 284/14 Ge Der Widerruf der WBK wurde als rechtmäßig angesehen. Die Argumentation des Jägers, es spreche gerade für seine Zuverlässigkeit, dass er, nachdem er seine Alkoholisierung bemerkt hatte, nicht der Jagd nach ging, folgte das Gericht nicht, sondern belehrte ihn, dass dies vielmehr eine Selbstverständlichkeit sei. Der Führerschein wurde wegen des Vorfalls übrigens nicht entzogen. Stattdessen gab es lediglich ein befristetes Fahrverbot gem. § 44 StGB (d.h. ein bis drei Monate). Diese Rechtsprechung wird sehr wahrscheinlich für alle Autofahrten ab 1,1 Promille (dem Wert für die absolute Fahruntüchtigkeit) gelten. Da zur Begründung aber auf die Entscheidung des OVG NRW aus dem hier im Thread diskutierten Fall Bezug genommen wurde, wird man sehen müssen, ob nicht letzten Endes sogar bei niedrigeren Alkoholwerten die Unzuverlässigkeit angenommen wird. Festhalten lässt sich jedenfalls, dass eine Alkoholfahrt einen waffenrechtliche Bezug erhalten kann, wenn sie im Zusammenhang mit dem Umgang mit Waffen erfolgt.
  9. Wenn dein Vater die Urkunde WBK abgibt, steckt dahinter ein Verzicht auf die zugrundeliegende Erlaubnis. Diesen Verzicht kann er aber nur für sich erklären. Wenn er auch auf deine Mitberechtigung verzichten wollte, bräuchte er eine Vollmacht. Die Mitberechtigung ist in § 10 Abs. 2 Satz 2 WaffG genannt. Dort wird gerade nicht zwischen Haupt- und weiterem Mitberechtigten unterschieden. Beide haben vollwertige Erlaubnisse und beide Erlaubnisse sind unabhängig voneinander zu betrachten. Die sind halt nur aus Praktikabilitätsgründen in ein und derselben Urkunde festgehalten.
  10. Zu der Frage, was passiert, wenn einer von zwei Mitberechtigten auf einer gemeinsamen WBK verstirbt: Die Waffenbesitzkarte (WBK) ist die urkundliche Verkörperung eines Verwaltungsakts (VA) i.S.d. § 35 VwVfG. Regelungsgehalt des VAs ist, dass das Umgangsverbot des § 2 Abs. 2 WaffG hinsichtlich der darin eingetragenen Schusswaffen in Bezug auf den Besitz derselben für die in der WBK vermerkten Personen aufgehoben wird. Waffenrechtliche Besitzerlaubnisse sind personenbezogene Erlaubnisse. Deshalb enthält eine gemeinsame WBK für jede darin eingetragene Personen einen eigenständigen VA, der in seiner Wirksamkeit unabhängig ist von dem Schicksal der anderen VAs. Nach § 43 Abs. 2 VwVfG bleibt ein VA solange wirksam, solange er nicht erledigt ist. Durch den Tod eines Erlaubnisinhabers erledigt sich dessen Besitzerlaubnis, da der Tote nicht mehr rechtsfähig und eine Rechtsnachfolge der Erben in die Erlaubnis nicht möglich ist (dafür gibt es die gesonderte Erben-WBK). Die Besitzerlaubnisse der übrigen Mitberechtigten bleiben hiervon allerdings unberührt, selbst wenn die als Hauptberechtigte eingetragene Person verstirbt. Die WBK wird dann jedoch formal unrichtig, weil darin zugunsten des Toten ein durch VA gewährtes Recht eingetragen ist, welches nicht mehr besteht. Aus diesem Grund kann die Waffenbehörde die Erlaubnisurkunde zum Zwecke der Berichtigung derselben zurückverlangen (§§ 46 Abs. 1 Satz 2, 39 Abs. 3 Nr. 1 WaffG, § 52 VwVfG). Ob eine solche Rückgabepflicht des Urkundsbesitzers schon ex lege gilt oder es zunächst einer behördlichen Aufforderung bedarf, müssten die Gerichte klären. Waffenbesitzer, die gegen waffenrechtliche Rückgabepflichten in Bezug auf ungültig gewordene Erlaubnisdokumente verstoßen, gefährden ihre Zuverlässigkeit (vgl. VG Düsseldorf, Beschl. v. 23.06.2010, Az. 22 L 256/10, zur verspäteten Rückgabe eines EFP). Nach der Rückgabe kann die Waffenbehörde die Erlaubnisurkunde berichtigen. Der Erlaubnisinhaber hat einen Anspruch darauf, wieder einen Nachweis seines durch VA gewährten Besitzrechts zu erhalten. Ob die Waffenbehörde dem nachkommt, indem sie die bestehende Erlaubnisurkunde berichtigt, oder eine neue ausgibt, ist ihre Sache. Juristisch ist der Ausgabe eines neuen Dokuments allerdings keine Neuerteilung einer Erlaubnis zu sehen, da die bisherige ununterbrochen fortbestanden hat. Die Frage, ob eine Neuerteilung vorliegt, ist insbesondere für die Gebührenfrage von Relevanz. Gebühren müssen nämlich zurechenbar veranlasst sein (etwa durch eine Antragstellung). Wenn ein Mitberechtigter verstorben ist und hierdurch eine "Umschreibung" erforderlich wird, so hat der andere Mitberechtigte dies i.d.R. nicht zurechenbar verursacht (es sei denn, er war der Mörder), so dass eine Gebührenerhebung unzulässig sein dürfte.
  11. Eines der häufigsten Forenthemen ist nun endlich entschieden: Die Waffenbehörde darf bei auf Jagdschein erworbenen Waffen nicht den Zusatz "2-Schuss" in der WBK vermerken. Einen ganz besonderen Dank an coltdragoon und Herrn Dr. Scholzen, ohne die es dieses tolle Urteil nicht gegeben hätte! OVG NRW, Urt. v. 24.09.2014, Az. 20 A 1347/12
  12. Lieber Schwarzwälder, nach der Überschrift dieses Threads und den ersten paar verheißungsvollen Worten war ich zunächst von großer Freude erfüllt, dass da wirklich etwas sein könnte, was uns Waffenbesitzern juristisch weiterhilft. Ich finde es auch super, dass du dir in diese Richtung Gedanken machst. Nach einer weitergehenden Prüfung bin ich aber leider zu dem Ergebnis gekommen, dass uns die Richtlinie aus zwei Gründen nicht weiterhilft: 1. Die Richtlinie enthält nur Vorgaben, wie streng die Waffengesetze der Mitgliedstaaten mindestens sein müssen. Strengere Regelungen sind ausdrücklich erlaubt: 2. Artikel 7 Abs. 5 regelt lediglich, dass die Mitgliedstaaten vorsehen müssen, dass wegen des Inkraftretens speziell dieser Richtlinie keine neue Erlaubnis beantragt werden muss. Die Mitgliedstaaten dürfen allerdings vorsehen, dass aus anderen Gründen eine neue Erlaubnis beantragt werden muss. Ferner ist nicht gesagt, dass eine solche Erlaubnis nicht widerrufen werden darf. In dem vorangegangenen Artikel 7 Abs. 4 Buchst. b steht ja gerade, dass solche Erlaubnisse, die über einen längeren Zeitraum gelten, ohne neu beantragt werden zu müssen, unbeschadet der regelmäßigen Überprüfung, ob diese Personen die Bedingungen weiterhin erfüllen, erteilt werden. In Artikel 5 ist wiederum das Bedürfnisprinzip vorgeschrieben und die Möglichkeit, die Erlaubnis bei Wegfall des Bedürfnisses zu entziehen. Auf die EU können wir leider nicht zählen. Man hat ja schon bei den Schalldämpferklagen gesehen, dass die Gerichte das wenig kümnmert, wenn europarechtliche Vorschriften zum Lärmschutz eine Dämpfung bereits an der Quelle vorsehen.
  13. Ich hatte lange nach dem historischen Ursprung von "so wenig Waffen wie möglich ins Volk" gesucht. Bei den alten Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) haben sich die Spuren dann allerdings verloren. Dort wurde zwar das Preußische Oberverwaltungsgericht (PrOVG) zitiert. Dieses hat den besagten Rechtssatz aber nie aufgestellt, sondern lediglich mit der Gesetzesbegründung zum Schußwaffengesetz 1928 argumentiert, wonach die Bedürfnisprüfung eine strenge sein muss (PrOVGE 84, 253 <257>). Weiter argumentierte das PrOVG plakativ zugespitzt: Für den Schutz der Bürger sorgt bereits die Polizei und wem das nicht reicht, insbesondere in gefährlichen Gegenden, der hat eben Pech gehabt. Nur weil die Sicherheit nicht gewährleistet wird, darf man noch keinen Waffenschein bekommen, wo kämen wir denn da hin, da könnte ja jeder kommen (PrOVGE 84, 253 <258>). Trotz allem war man damals noch recht großzügig mit der Bejahung von Bedürfnissen (und hat dies in der konkreten Entscheidung auch anerkannt). Interessant ist auch die in PrOVGE 86, 233 veröffentlichte Entscheidung, aus der hervorgeht, dass sich das Schußwaffengesetz hinsichtlich der Bedürfnisprüfung an landesrechtlichen Polizeiverordnungen aus der Kaiserzeit orientiert hat (S. 240 f.). Das Land Sachsen hatte beantragt, den § 9 Abs. 1 Satz 1 der Reichsratsvorlage zum Schußwaffengesetz 1928 abzuändern in "... dürfen nur durchaus zuverlässigen Personen und nur dann erteilt werden, wenn ein zwingender Grund, eine Waffe mit sich zu führen, anzuerkennen ist." Die Begründung dazu lautete: Da die Entscheidungssammlungen angesichts ihres Alters nicht mehr urheberrechtlich geschützt sind (§ 64 UrhG), habe ich die erste Entscheidung hier angehängt. Eine kleine Anekdote noch zum PrOVG: Da die Richter dort so staatstreu waren, durften die meisten nach der Machtergreifung durch die Nazis - anders als ihre Kollegen - weiterarbeiten und wurden nicht durch linientreue Parteigenossen ersetzt. PrOVGE 84, 253.pdf
  14. Das Erwerbsstreckungsgebot gilt nur für Schusswaffen (oder gleichgestellte wesentlicher Teile), die aufgrund einer Sportschützenerlaubnis erworben wurden. Dies ergibt sich aus dem (nicht vorhandenen) Sinn und Zweck des Erwerbsstreckungsgebots sowie der systematischen Stellung des Erwerbsstreckungsgebots. Mit dem Erwerbsstreckungsgebot soll das Anlegen von Waffensammlungen unter dem Deckmantel des Sportschützentums verhindert werden (BT-Drs. 14/7758, S. 63, r. Sp.). Der Gesetzgeber hat hier nicht generell in dem Anlegen von Waffensammlungen ein Problem gesehen, sondern nur dann, wenn dies durch Sportschützen unter Verwendung ihrer Sportschützenerlaubnis geschieht. Werden Waffensammlungen hingegen mittels anderer Erwerbsberechtigungen angelegt, sieht der Gesetzgeber hierin kein Problem. Ferner ist das Erwerbsstreckungsgebot in § 14 WaffG geregelt, also innerhalb des Erlaubnistatbestands für Sportschützen, so dass sich eine Anwendung auf andere Erwerbsgründe verbietet. Wechselsystem gleichen oder geringeren Kalibers werden durch WBK-Inhaber erlaubnisfrei erworben. Dies bedeutet, dass sie gerade nicht mittels der Sportschützenerlaubnis erworben werden, 2/6 somit auch nicht gilt. Hinzu kommt, dass mit Wechselsystemen keine Waffensammlungen angelegt werden können, da es sich dabei nur um einen wesentlichen Teil einer Waffe handelt, die Anzahl der Waffen aber nicht erhöht wird. Schließlich würde es zu einer verfassungswidrigen Ungleichbehandlung führen, wenn etwa Erben und Altbesitzer nach Belieben Wechselsysteme kaufen dürften, Sportschützen, die hierfür viel eher einen Bedarf haben, jedoch nur unter Beachtung von 2/6.
  15. Das Schießbuch sollte man der Behörde nach Möglichkeit nicht vorlegen. Die kann dann nämlich auf dumme Gedanken kommen, wenn daraus z.B. hervorgeht, dass man nicht jede einzelne seiner Waffen 12/18 mal pro Jahr bewegt hat. Rechtlich ist es zwar nach meiner Einschätzung so, dass sich die 12/18-Regel nicht auf jede einzelne Waffe bezieht, aber versuch das dann mal der Behörde zu verklickern. Besser ist da eine Vereins- oder Verbandsbescheinigung, die nur die gesetzlich geforderten Minimalangaben enthält. Für einen selbst ist das Führen des Schießbuchs dagegen sinnvoll. Derjenige, der dir die regelmäßige Schießsportausübung bescheinigen soll, tut sich bei Vorlage des Schießbuchs dann wesentlich leichter, seine Unterschrift darunter zu setzen. Das erspart unnötige Diskussionen. Und bei Streit mit dem Verein/Verband kann man das Schießbuch notfalls immer noch der Behörde vorliegen, gerät also nicht in Beweisnot.
  16. Bei auf gelbe WBK erworbenen Waffen kommt dem Threadstarter eine Besonderheit zugute: Der Gesetzgeber wollte hier nämlich ausdrücklich auch den Erwerb verbandsfremder Waffen erlauben, um es den Sportschützen zu ermöglichen, mit einer eigenen Waffe den Schießsport etwa als Gastschütze auszuüben (BR-Drs. 838/07, S. 4). Aus diesem Grund würde es Sinn und Zweck dieser Vorschrift widersprechen, wenn man dann mit den so erworbenen Waffen zwingend im eigenen Verein/Verband schießen müsste.
  17. 2nd_Amendment

    Bajonett

    Ja, so wird leider ernsthaft argumentiert, siehe dazu das zweite Zitat aus meinem Beitrag #9.
  18. 2nd_Amendment

    Bajonett

    Problematisch wird es dann, wenn ein Messer rechtlich als Waffe gilt. Dann ist der § 36 Abs. 1 WaffG zu beachten. Was dies konkret bedeutet, erläutert die WaffVwV unter Ziff. 36.2.1: Das ist zwar Schwachsinn, wie der Vergleich mit den Küchenmessern zeigt, ist aber nun mal Gesetz. Die Behörde wird dann vortragen, dass man nie sicher sein könne, dass sich nicht doch jemand Zutritt zur Wohnung und damit Zugang zu den Waffen verschafft und dass es gerade Sinn und Zweck der Aufbewahrungsvorschriften sei, Unberechtigte abzuhalten. Deshalb würden Wohnungstür und Wände allein nicht reichen, sondern es bedürfe einer zusätzlichen Sicherung. In Österreich hat der VGH dazu wie folgt argumentiert: VGH, Urt. v. 21.10.1999, Az. 99/20/0321 Diese rechtliche Bewertung dürfte auf das deutsche Waffenrecht übertragbar sein, da die insoweit maßgeblichen Vorschriften sehr ähnlich gefasst sind. Bislang beachtet das allerdings so gut wie niemand in Deutschland und auch die Polizei stört sich nicht daran. So befindet sich z.B. bei einem mir bekannten China-Lokal ein dreiteiliges Samurai-Schwerter-Set (Katana, Wakizash und Tantō) als Deko in einer Sitzecke, wo auch Kinder ungehindert Zugang haben. Als eine meiner damals noch minderjährigen Schwestern einmal eines der Schwerter da rauszog, war ich als waffenrechtlich bewanderte Person ob des offensichtlichen Verstoßes gegen § 36 Abs. 1 WaffG einen Moment lang irritiert. Auch der Raucher aus den Medien, dem gekündigt wurde, hatte seinen erlaubnisfreien Perkussions-Vorderlader ungesichert über dem TV hängen. Ich habe nicht mitbekommen, dass da die Waffenbehörde eingeschritten ist. Wenn die Waffenbehörde einem allerdings eins auswischen will, dann werden die da sicher einen Dreh finden. Das man die geladene Waffe nicht im 0er Tresor aufbewahren darf, kam ja für viele auch überraschend.
  19. Leider sind die einzelnen Unzuverlässigkeitsgrüne bewusst schammig formuliert. Richter sind da anscheinend zu einem rechtsschöpferischen Wettbewerb übergegangen, wer die Unzuverlässigkeitsgründe am weitesten auslegt. Unzuverlässig ist nach dem Gesetz eine Person, bei der Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie mit Waffen nicht vorsichtig oder sachgemäß umgehen wird. Nicht vorsichtig oder sachgemäß geht mit einer Waffe um, wer die (ungeschriebenen) Sicherheitsregeln, deren Beachtung nach den jeweils herrschenden Anschauungen als unerlässliche Voraussetzung eines sicheren Waffenumgangs betrachtet werden, nicht einhält. Die Frage, was alles zu diesen (ungeschriebenen) Sicherheitsregeln gehört, lässt sich leider im Vorhinein nicht seriös beantworten. Das sagt einem dann der Richter im Klageverfahren gegen den WBK-Widerruf. Zumindest kann man sich an die UVV Jagd und den BVA-Fragenkatalog zur Sachkundeprüfung orientieren. Nur darf man nicht dem Trugschluss erliegen, dass die Sicherheitsregeln dort abschließend aufgeführt und alle anderen Verhaltensweisen zulässig sind. In einem etwaigen Prozess sollte man vortragen, dass eine allgemein anerkannte Sicherheitsregel XY nicht existiert und dazu die Einholung einer Stellungnahme der Verbände beantragen.
  20. Oder umgekehrt um LWBs in die Falle zu locken und für unzuverlässig zu erklären. Es gibt entweder den sicheren Weg, verbunden mit etwaiger Selbstkasteiung oder den freiheitlichen Weg mit dem Damoklesschwert der Unzuverlässigkeit.
  21. Eine Ausnahmegenehmigung setzt eine Art gesteigertes Bedürfnis voraus ("wenn die Interessen des Antragstellers auf Grund besonderer Umstände das öffentliche Interesse an der Durchsetzung des Verbots überwiegen"). In der Praxis wird zum Teil auch Altbesitz und Fund anerkannt, aber wenn die Behörde Altbesitz oder Fund nicht anerkennen will, kommt man damit auch vor Gericht nicht durch. Fund als Bedürfnisgrund wäre ja auch eine super Geschäftsidee für Händler: Die veranstalten einfach in ihrem Landen eine Art kostenpflichtige Schatzsuche nach echten Waffen. Der "Finder" bekommt die dann ohne Bedürfnis als Fund eingetragen. Auch bei Erben könnte es ja sein, dass sie die Waffen im Nachlass "finden" und eine Fund-WBK bekommen, für die es keine Blockierpflicht gibt. Was ich mit diesen Beispielen sagen will: Es mag sein, dass das im Einzelfall so durchgeht, aber rechtlich korrekt ist das nicht. Trotzdem gönne ich es natürlich jedem und würde mir wünschen, dass noch mehr Leute in den Genuss solch pragmatischer Lösungen kämen.
  22. Örtlich zuständig für den Threadstarter ist die Waffenbehörde seines Wohnsitzes. Das steht so in § 3 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a des Verwaltungsverfahrensgesetzes seines Bundeslandes, auf den § 49 WaffG verweist. Wo innerhalb Deutschlands die Waffen aufbewahrt werden, spielt für die Zuständigkeit keine Rolle. Es ist auch durchaus erlaubt, die Waffen außerhalb des eigenen Wohnsitzes, ggf. sogar am anderen Ende Deutschlands, aufzubewahren (vgl. VG Köln, Urt. v. 09.12.2010, Az. 20 K 577/09). Die hier bereits angesprochenen verschärften Aufbewahrungsanforderungen für die nicht dauerhaft bewohnten Gebäude sind zu beachten. Wichtig ist aber, dass hier auf das Gebäude als Ganzes abgestellt wird, nicht auf die einzelne Wohnung. Wenn also Teile des Gebäudes (durch beliebige Bewohner) regelmäßig frequentiert werden, dann reicht das vollkommen aus und es gelten nur die normalen Aufbewahrungsanforderungen.
  23. Aus einem Merkblatt des Landkreises Straubing-Bogen: Und das sagt der DJV-Rechtsreferent Friedrich von Massow dazu (E-Mail v. 06.03.2012):
  24. Die WBK muss nach § 46 Abs. 1 WaffG vom Inhaber zurückgegeben werden, wenn die darin verkörperten Erlaubnisse gegenstandslos geworden sind. Hierunter fallen neben einer behördlichen Aufhebung (Widerruf, Rücknahme) u.a. das Erlöschen durch Zeitablauf (alle Voreinträge abgelaufen und keine Waffen eingetragen) oder der Verzicht des Inhabers. In dem hier geschilderten Fall kommt nur ein Verzicht in Betracht. So etwas sollte aber in der Akte dokumentiert werden. Die Art und Weise, wie der SB hier den Verzicht abgenötigt hat, ist rechtlich sicher angreifbar. Da wird einer unerfahrenen Person die WBK quasi aus der Hand gerissen mit dem Spruch "dann brauchen Sie die ja nicht mehr". Es gibt keine gesetzliche Pflicht, die Waffen gerade bei sich selbst aufzubewahren. Die in der WBK verkörperte Besitzerlaubnis begründet das Recht, Waffen zu besitzen, nicht aber eine Pflicht dazu, jederzeit die tatsächliche Gewalt darüber ausüben zu müssen. Das mit dem Verzicht gibt es häufiger bei Fahrerlaubnissen. Wen das interessiert, der kann hier etwas mehr dazu lesen: http://www.verkehrslexikon.de/Module/FEVerzicht.php
  25. Godix, das ist so nicht richtig. Nach Art. 288 Abs. 2 AEUV kann die EU auch selbst Gesetze machen, die unmittelbar gelten (das nennt sich dann EU-Verordnung). Außerdem müssen sich die EU-Mitgliedstaaten an das EU-Primärrecht halten, z.B. die Warenverkehrsfreiheit. Verwendungsbeschränkungen, wonach technisch gleichwertige Behältnisse aus anderen Mitgliedstaaten nicht zur Waffenaufbewahrung akzeptiert werden, verstoßen gegen die Warenverkehrsfreiheit. Deshalb hat der Gesetzgeber beim WaffG auch diese Gleichwertigkeitsklausel aufgenommen, um einen solchen Verstoß zu verhindern.
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