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German

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  1. Ich verweise noch einmal darauf, dass es zum jeweiligen Zeitpunkt einer Beschaffung Anerkannte Regeln der Technik und einen Stand der Technik gibt. Ein schöner Leitsatz ist: Die anerkannten Regeln der Technik unterscheiden sich vom Stand der Technik dadurch, dass letzterer eine höhere Stufe der technischen Entwicklung darstellt, sich aber in der allgemeinen Praxis noch nicht langfristig bewährt haben muss. Zum Zeitpunkt der Entwicklung des G36 entsprachen Kunststoffwaffengehäuse zwar dem Stand der Technik, aber offensichtlich nicht ausreichend oder gar langjährig erprobt. Was das für Folgen hat(te), wird erst heute der Öffentlichkeit scheibchenweise bekannt. Selbst heute, 20 Jahre nach der Einführung des G36, bauen die allermeisten neuen Sturmgewehrentwicklungen auf zumindest einem minimalen Metallgehäuse auf und haben eben keine ausschliesslich in den Kunsstoff gegossenen Laufhaltebuchsen (Patent "Thermal barrier for firearms", Beretta*). Eines der wenigen Konkurrenzprodukte mit ähnlicher Konstruktionsweise verwendet dann z.B. einen Keramikisolator zwischen Lauf und Kunststoff. Beides hat seinen Grund und bildet mit Anderem zusammen die heutigen Anerkannten Regeln der Technik, die sich im Handwaffensektor von den damaligen kaum unterscheiden. Der Hersteller ist hier also in der Erklärungspflicht, weswegen er Fähigkeitsforderungen mittels einer bestimmten, von diesen Anerkannten Regeln der Technik abweichenden Konstruktion umsetzt. Der Grund ist einfach, Gewinnmaximierung durch einfachere (und in der Rethorik des Herstellers "modernste") Produktionsmethoden. Das ist sein gutes Recht, darf aber nicht auf dem Rücken des Kunden durch eingeschränkte Funktionalität im Vergleich zu klassisch konstruierten Sturmgewehren ausgetragen werden - ganz unabhängig davon, ob der Kunde jetzt an alle Kriterien in seiner Ausschreibung gedacht hat oder nicht. Wie bereits erwähnt sehe ich hier den führenden Handwaffenhersteller durchaus in der Pflicht, den Kunden entsprechend zu beraten. *
  2. Das G36 ist kein Schrott. Es ist derzeit das wohl zuverlässigste Sturmgewehr, das in einer Streitkraft eingeführt ist. Und es ist eines der ergonomischsten Sturmgewehre, die es derzeit gibt - selbst im Vergleich zu 10-20 Jahre jüngeren Konkurrenten. Und 90-95% der Nutzer werden den Problembereich, den das G36 hat, nie wirklich erreichen und erleiden demnach auch keine Nachteile. Und wenn man endlich mal die Problematik korrekt analysiert und kommuniziert, kann man durch angepasstes Verhalten einen gewissen Teil davon sogar noch kompensieren. Und bis dahin kann das G36 problemlos, aber ggf. mit kleineren Einschränkungen in ganz engen Nutzungsszenarien, weiter eingesetzt werden.
  3. Nein, aber der Hersteller ist nicht unbeteiligt am Problem, wenn er durchgängig durch den gesamten Beschaffunsprozess hindurch einen nicht unerheblichen Einfluss auf Beteiligte, auf die Innen- und Aussendarstellung, Meinungsbildung, etc. nimmt. Ob man das jetzt "Schuld" nennen mag, ist eher eine philosophische Frage. Die Folgen dieses jahr(zehnt)elangen Verhaltens und was passiert, wenn man den Bogen überspannt und zu vielen Leuten dabei vor den Kopf stösst, sehen wir grade beim sich vor unseren Augen entfaltenden Drama... Da würde es eben helfen, wenn diese Augen ein kleinwenig mehr Einblick hätten. Mit einer reinen Bauchmeinung und rationalem Denken wirst Du bei diesem Thema nicht richtig liegen. Ich kenne vom einen oder anderen, der hier im Thread ein paar Aussagen getroffen hat, den Hintergrund und kann Dir nur sagen, dass Du mit Deinen Annahmen nicht richtig liegst. Ich kann und werde Dich natürlich nicht zwingen, mir das zu glauben.
  4. Du glaubst also, dass HK dem Kunden deutlich mitgeteilt hat, dass das G36 in sehr heissgeschossenem Zustand überproportional und deutlich mehr als selbst die damalige Konkurrenz an Präzision verlieren wird und sich die Bundeswehr trotzdem an der im Kunststoff eingegossener Laufhaltebuchse festgeklammert hat? Ernsthaft? Da ich dienstlich und beruflich ein wenig Einblick in diesen Prozess hatte: Ja. Man war z.B. bei der 2013er Iteration dieses Themas auch gezwungen, sich erst einmal eine Marktübersicht zu verschaffen (Quelle), obwohl ich recht regelmäßig immer die gleichen Herrschaften auf den entsprechenden Fachmessen wiedersehe - nur halt immer um die gleichen gewissen Stände an der Schnittchenfront und selten woanders... Und wenn ich mir Vorträge von im Beschaffungsprozess involvierten Bundeswehrangehörigen auf Fachkonferenzen anhöre, erkenne ich in den Präsentationen erstaunlich viel Material gewisser Hersteller und ziemlich wenig Eigenleistung. Wie lange hat die Bundeswehr jetzt ein umfassendes Handwaffenkonzept, das für alle Handwaffenbeschaffungen einen roten Faden bietet? Wieviele Handwaffen hat man seit dem Jahr 2000 neu beschafft, ohne ein solches Konzept zu haben?
  5. Und wenn der Kunde in seiner Dummheit Geschirr aus Löschpapier bestellt, dann liefere ich ihm natürlich auch kein Plastikgeschirr sondern Löschpapiergeschirr (schliesslich wird geliefert, was bestellt wird), auch wenn ich die Technik und die Fähigkeiten dazu habe und mich dazu noch Marktführer und Technologieführer nenne. Dass die immanente Funktion von Geschirr beinhaltet, Flüssigkeiten aufbewahren zu können und das zu den denkbaren Nutzungsszenarien von Geschirr gehört, muss ich da natürlich nicht bedenken. Beratende Funktion und eine gewisse Verantwortung dem Kunden gegenüber hat ein Marktführer schliesslich nicht. Sorry, das sehe ich allerdings ein kleinwenig anders. Zumal ich mir sicher bin, dass der Kunde einfach nur Geschirr bestellt hat und weder Plastikgeschirr noch Löschpapiergeschirr forderte. Die Idee hinter der Bestellung von Geschirr war dabei unter anderem, Flüssigkeiten aufbewahren zu können, auch wenn diese Eigenschaft in der Abnahme (aus einem für mich eigentlich nur schwer nachvollziehbaren Grund*) scheinbar nicht überprüft wurde. * leider habe ich eine dumpfe aber vermutlich schmerzlich zutreffende Ahnung diesbezüglich...
  6. Oder der Hersteller ist sich durchaus bewusst, dass er sich durch die selbst getroffene Wahl der Fertigungsmethode und damit der verwendeten Materialkombinationen die Grundlage für das jetzt beanstandete Verhalten der Waffe bei damals nicht geforderten Rahmenbedingungen gelegt hat und damit dann doch nicht so ganz "unschuldig" an der ganzen Situation ist, wie Du das versuchst darzustellen. Der Hinweis von knight auf die unbestimmten Rechtsbegriffe der Technikklauseln ist da gar nicht mal so falsch. Denn Waffengehäuse aus Kunststoffen zu fertigen ist eben zum damaligen Zeitpunkt nicht die anerkannte Regel der Technik gewesen (HK selber rühmt sich ja mit dieser "Innovation") und ob sie zum damaligen Stand der Technik zu zählen ist, wage ich ob der offensichtlich nicht durchgeführten Prüfungen hinsichtlich der Auswirkungen dieser Materialwahl auf die Nutzbarkeit der Waffe in den verschiedensten denkbaren Nutzungsszenarien (wir erinnern uns: man hat ja sogar ein "MG36" konstruiert..) zumindest begründet zu bezweifeln - denn andernfalls würden wir diese Diskussion heute nicht führen müssen und diese ganze Schmierenkomödie wäre uns erspart geblieben. Das könnte auch erklären, warum man jahrelang über die Verfilzung zwischen Hersteller und Bundeswehr versucht hat, auf verschiedensten Ebenen auftauchende Berichte über ebendiese jetzt "auf einmal" so kontrovers diskutierten Probleme zu unterdrücken. Irgendwann hat man dabei dann mal den Falschen an's Bein gepisst und die bewährte Methode hat nicht mehr funktioniert. Und auf einmal wird man stutenbissig und versucht sich mit Drohungen und Einschüchterungen zu "wehren" - was leider mehr schlecht als recht gelingt.
  7. Die Bundeswehr fordert Fähigkeiten (und im damaligen Fall der Ausschreibung/Lastenheft zum G36 war eine Betrachtung des Warmschiessverhaltens offensichtlich nicht gefordert), keine detaillierte Materialzusammensetzungen einzelner Konstruktionselemente. Jetzt kommt der Knackpunkt: Liest man HKs Werbebotschaften zum G36, wird dort immer wieder mal von "modernsten Fertigungsmethoden" gesprochen. Diese Methoden dienen aber i.A. der Gewinnmaximierung und haben nicht zwangsläufig verbesserte physikalische Eigenschaften zum Ziel. Ist es jetzt von einem der selbsternannten Marktführer zu erwarten, dass er den Stand der Technik soweit beherrscht, dass die von ihm verwendeten Fertigungsmethoden keine negativen Auswirkungen auf die - zwar nicht via Ausschreibung geforderten, aber bereits damals schon zu erwartenden - immanenten Fähigkeiten eines Sturmgewehrs haben oder nicht? Was ist, wenn sich im Nachhinein die Wahl der Fertigungsmethode und verwendeten Materialien als nicht optimal herausstellt, diese Erkenntnis aber nicht durch Abnahmekriterien zu erlangen ist sondern erst durch den "normalen Gebrauch" eines Sturmgewehrs reift. Daran schliesst sich die Frage an: War der Gebrauch des G36 in Afghanistan dergestalt, dass er von einem modernen Sturmgewehr zu erwarten ist? Oder ist der Friedens- und Ausbildungsbetrieb der Jahre und Jahrzehnte davor als "normaler Gebrauch" eines Sturmgewehrs zu sehen? Wann sollte die Waffe möglichst störungs- (tut sie) und problemfrei (tut sie manchmal nicht) funktionieren?
  8. Das scheint man jetzt zu versuchen. Ich bin mal gespannt, was dabei rauskommt.
  9. Kleine Anmerkung: Es gibt mittlerweile z.B. auch einen §28a WaffG. Das ist z.B. auch ein möglicher Kreis von Nutzern, die ein entsprechendes Bedürfnis begründen können, wenn das BAFA dieser Begründung dann auch folgt und das Konzept in sich schlüssig ist (ob man das hinbekommt, steht wieder auf einem anderen Blatt). Wenn man den Gerüchten Glauben schenken darf, ist mindestens eins dieser Dinger zumindest bis Ende 2013 im Einsatz gewesen und steht auf einer deutschen WBK. Und wenn es zu diesem Zeitpunkt nicht wieder innerhalb Deutschlands war, wird es das vermutlich auch weiterhin sein. Solange die Basiswaffe vor dem 2.9.1945 gefertigt wurde und die Waffe mit zivil gefertigtem Lauf und Verschluss ausgestattet ist und nicht mit einfachen Mitteln zum Vollautomaten umbaubar ist, ist da rechtlich auch kein Problem zu sehen. Und wegen vielleicht einer handvoll absetzbarer Exemplare wird da niemand einen für diese Waffe eh nicht so wirklich benötigten Feststellungsbescheid beantragen.
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