Lott hat sich wohl wirklich ein paar Dinger geleistet, die eher daneben waren, auch wenn das natürlich nicht bedeutet, daß seine Studie als ganzen unbrauchbar ist.
Allerdings denke ich, daß wir um den Besitz und das Führen von Waffen zu rechtfertigen auch nicht darauf angewiesen sind zu beweisen, daß der private Waffenbesitz die Kriminalität wesentlich reduziert. Gegen diese These spricht der Umstand, daß, auch wenn das Tragen von Feuerwaffen nicht reguliert ist, nur recht wenige Leute sich die Mühe machen, dieses Recht tatsächlich auszuüben. (Eine Winzpistole entspannt und gesichert in der Handtasche ist im Ernstfall nur beschränkt nützlich und eine 1911 in gespanntem Zustand verdeckt herumzutragen ohne sich oder andere zu gefährden artet in Arbeit aus, deswegen machen das eher wenige.) Zu sagen, daß der Effekt von Waffen in Bürgerhand wohl nur begrenzt ist und deshalb Waffen verboten werden sollen dreht den Spieß allerdings um.
In einer freien Gesellschaft liegt die Beweislast bei dem, der Verbote will. Es ist nicht alles verboten was vielleicht nicht besonders nützlich ist, sondern nur das, was offensichtlich und massiv schädlich ist. Den Beweis, daß Waffen in Bürgerhand schädlich sind, hat aber noch keiner geliefert.
Bei den Waffenbesitzern selbst ist der Fall eigentlich kristallklar. In den amerikanischen Bundesstaaten in denen es Statistiken über die Kriminalitätsrate von Waffenscheinbesitzern gibt, sind die Waffenscheinbesitzer wesentlich weniger kriminell als der Durchschnittsbürger inclusive Kinder, Frauen und Greisen. (Kriminelle machen sich wohl aus irgendeinem Grund auch dann nicht die Mühe, sich den Schein zu besorgen, wenn sie ihn, weil noch nicht vorbestraft, bekommen könnten.) Sie schießen auch wesentlich weniger häufig auf den Falschen als die Polizei. (Das wird daran liegen, daß wenn man selber das Opfer ist und keinen Versuch macht einen lediglich Verdächtigen festzunehmen, die Situation klarer ist.) Von den legalen Waffenbesitzern selbst geht also offensichtlich keine wesentliche Gefahr aus.
Die einzigen einigermaßen stichhaltige Argumente gegen den privaten Waffenbesitz sind zum einen die Beschaffung von Feuerwaffen durch Kriminelle und zum anderen ein subjektives, wenn auch unbegründetes, Bedrohungsgefühl mancher Bürger. Was die Beschaffung von Feuerwaffen angeht, scheint es so, als ob jeder ernsthaft Kriminelle ohnehin eine bekommen kann, und zwar nicht auf legalem Weg. Jedenfalls sind in der Schweiz mit weit verbreiteten Waffen wohl nicht mehr bewaffnete Kriminelle unterwegs als in Deutschland. Was die Angst Dritter angeht, so ist es zwar richtig, daß auch unspezifische und unbegründete Ängste, sei es vor Hexen, Mobiltelephonen oder Waffen, die Lebensqualität verringern und sogar krank machen können. Wenn man aber jeden Objekt einer verbreiteten Phobie verbieten wollte, dann wäre nicht mehr viel erlaubt.
Es ist gut und richtig, die positiven Effekte des Waffenbesitzes hervorzuheben. Wenn es aber um Verbote geht, dann denke ich liegt die Beweislast auf Seiten derer, die Verbote haben wollen, und im Fall der Waffen ist diese Beweislast wohl unmöglich zu tragen.