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IGNORED

VGH BW Unanwendbarkeit des Erwerbsstreckungsgebots auf Wechselsysteme geringeren Kalibers


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Geschrieben

https://www.landesrecht-bw.de/bsbw/document/NJRE001617104

 

Zitat

Leitsatz

Das Erwerbsstreckungsgebot des § 14 Abs 3 S 2 WaffG (juris: WaffG 2002) ist auf den erlaubnisfreien Erwerb eines Wechselsystems geringeren Kalibers nicht anwendbar. (Rn.10)

 

 

Aus den Entscheidungsgründen:

Zitat

"Gemäß § 14 Abs. 3 Satz 2 WaffG dürfen Sportschützen innerhalb von sechs Monaten in der Regel nicht mehr als zwei Schusswaffen erwerben.


Der Begriff der Schusswaffen wird in Abschnitt 1 Unterabschnitt 1 Ziffer 1.1 der Anlage 1 (zu § 1 Abs. 4 WaffG) definiert und ihnen die in Ziffer 1.2 und Ziffer 1.3 genannten Gegenstände grundsätzlich gleichgestellt. Nach Ziffer 1.3 stehen wesentliche Teile von Schusswaffen den Schusswaffen gleich, soweit in diesem Gesetz nichts anderes bestimmt ist. Wesentliche Teile sind unter anderem der Lauf, der Verschluss und das Gehäuse einer Waffe (Ziffer 1.3.1). Gemäß Ziffer 3.5 sind Wechselsysteme Austauschläufe einschließlich des für sie bestimmten Verschlusses sowie der für sie bestimmten Gehäuseteile, sofern diese Gehäuseteile technisch erforderlich sind und Austauschlauf, Verschluss und Gehäuseteile in ihrer Gesamtheit keine bestimmungsgemäß verwendbare Waffe 

Dies zugrunde gelegt würde das Erwerbsstreckungsgebot des § 14 Abs. 3 Satz 2 WaffG bei einer streng am Wortlaut orientierten Auslegung der genannten Vorschriften neben den eigentlichen Schusswaffen auch Wechselsysteme erfassen.

Das Verwaltungsgericht hat jedoch zutreffend erkannt, dass – jedenfalls im Fall des vom Kläger erworbenen Wechselsystems geringeren Kalibers – eine teleologische Auslegung der Vorschriften geboten ist und zu einem anderen Ergebnis führt.
......
Es ist nicht ersichtlich, dass der Gesetzgeber eine weitergehende Einschränkung durch Einbeziehung der die Grundwaffe ergänzenden Teile beabsichtigt hat.
 
Für die Nichtanwendbarkeit des § 14 Abs. 3 Satz 2 WaffG spricht überdies der systematische Regelungszusammenhang mit Abschnitt 2 Unterabschnitt 2 Ziffer 2.1 der Anlage 2 (zu § 2 Abs. 2 bis 4 WaffG). Danach ist – unbeschadet der Anzeige- und Eintragungspflichten nach den §§ 37a und 37g WaffG – der Erwerb von Wechsel- und Austauschläufen gleichen oder geringeren Kalibers einschließlich der für diese Läufe erforderlichen auswechselbaren Verschlüsse (Wechselsysteme) durch Inhaber einer Waffenbesitzkarte erlaubnisfrei.

Mit dieser Regelung hat der Gesetzgeber den Erwerb bestimmter wesentlicher Teile von Schusswaffen, die bereits in der Waffenbesitzkarte des Inhabers eingetragen sind, erlaubnisfrei gestellt. Er ist dabei ersichtlich davon ausgegangen, dass durch den Einbau der erlaubnisfrei zu erwerbenden Teile – hier ein Wechselsystem geringeren Kalibers – das von der dazugehörigen Grundwaffe ausgehende Gefährdungspotenzial für die öffentliche Sicherheit nicht gesteigert wird (vgl. Gade, WaffG, 3. Auflage 2022, Anlage 2 [zu § 2 Abs. 2 bis 4] Rn. 121) und die Zahl der Schusswaffen nicht erhöht wird (vgl. Steindorf, Waffenrecht, 11. Auflage 2022, Anlage 2 zum WaffG Rn. 134 m.w.N.).

Der Senat kann nicht erkennen, dass der Gesetzgeber den Erwerb dieser Waffenteile einerseits aufgrund des von ihnen nicht ausgehenden gesteigerten Gefährdungspotenzials erlaubnisfrei stellen und den Erwerb zugleich aufgrund einer erhöhten Gefährdungslage durch Ansammlung dieser Waffenteile unter das Erwerbsstreckungsgebot fallen lassen wollte. Dies erschiene widersprüchlich."

 

 

Geschrieben
Zitat

jedenfalls im Fall des vom Kläger erworbenen Wechselsystems geringeren Kalibers

Zitat

Abschnitt 2 Unterabschnitt 2 Ziffer 2.1 der Anlage 2 (zu § 2 Abs. 2 bis 4 WaffG):
2.1
Wechsel- und Austauschläufe gleichen oder geringeren Kalibers einschließlich der für diese Läufe erforderlichen auswechselbaren Verschlüsse (Wechselsysteme);

 

Warum schränkt das Urteil hier auf geringere Kaliber ein? Weil es in diesem speziellen Fall um ein kaliberkleineres Wechselsytem ging?
Ich hoffe, der nächste muss bei einem kalibergleichen Wechselsystem in der Erwerbsstreckung nicht auch klagen.

Geschrieben

is mal wieder schade, dass dem entsprechenden Mitarbeiter, der diese Urteil verursacht hat (weil er ja anscheinend das WS auf die Erwerbsstrecke anrechnen wollte!) nicht "persönlich" die kosten des Verfahrens und sämtlicher Auslagen des Klägers übernehmen muss!!!

Geschrieben (bearbeitet)
vor 17 Minuten schrieb HangMan69:

dem entsprechenden Mitarbeiter, der diese Urteil verursacht hat

 

Die Frage ist, wer letztlich die Weichen stellt.

 

Es mag Leute auf Sachbearbeiterebene geben, die aus eigener Überzeugung einen strikten Kurs fahren, aber die Masse wird wahrscheinlich bemüht sein, ihre Arbeit möglichst geräuschlos und ohne aufwendige Klageverfahren zu erledigen.

 

Sobald das Gericht involviert ist, müssen Akten vorgelegt, Schriftsätze verfaßt und Fristen beachtet werden.

 

Ohne Rückendeckung "von oben" passiert das im Regelfall nicht?

 

Und spätestens, wenn die nächste Instanz bemüht wird, können durchaus auch vorgesetzte Stellen involviert sein, z. B. weil deren Vorgaben betroffen sind?

 

Wenn man sich nun anschaut, welche Bundesländer auf diesem Gebiet immer wieder hervortreten ...

Bearbeitet von Elo
Geschrieben (bearbeitet)
vor 1 Stunde schrieb Domenicus:

Warum schränkt das Urteil hier auf geringere Kaliber ein? Weil es in diesem speziellen Fall um ein kaliberkleineres Wechselsytem ging?

 

Ja genau deswegen.

 

 

vor 1 Stunde schrieb Domenicus:

Ich hoffe, der nächste muss bei einem kalibergleichen Wechselsystem in der Erwerbsstreckung nicht auch klagen.

 

Die Begründung  des Beschlusses lässt dafür keinen Raum:

 

Zitat

a) Das Verwaltungsgericht hat zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, der Fortsetzungsfeststellungsantrag sei analog § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO zulässig, nachdem die begehrte Eintragung des Wechselsystems zwischenzeitlich erfolgt sei, aber eine Wiederholungsgefahr bestehe. Die Versagung der Eintragung des Wechselsystems in die Waffenbesitzkarte des Klägers sei rechtswidrig gewesen und habe ihn in seinen Rechten verletzt. Er habe einen Anspruch auf Eintragung des Wechselsystems gehabt, da dieses nicht unter das Erwerbsstreckungsgebot des § 14 Abs. 3 Satz 2 WaffG falle. Ein Wechselsystem sei, obwohl es als wesentlicher Teil von Schusswaffen einer Schusswaffe gemäß Abschnitt 1 Unterabschnitt 1 Ziffer 1.3 der Anlage 1 (zu § 1 Abs. 4 WaffG) grundsätzlich gleichstehe, keine „Schusswaffe“ im Sinne dieser Vorschrift. Nach der gesetzgeberischen Intention und nach dem Sinn und Zweck des Erwerbsstreckungsgebots habe eine teleologische Reduktion des Gesetzeswortlauts zu erfolgen.

Denn mit § 14 Abs. 3 Satz 2 WaffG habe der Gesetzgeber verhindern wollen, dass unter dem Deckmantel des Sportschützenbedarfs Waffen angehäuft würden, ohne dass diese konkret für das sportliche Schießen benötigt würden. Wechselsysteme ergänzten eine Waffe aber lediglich und würden insbesondere bei Pistolen häufig zum Zweck des Kaliberwechsels benutzt. Ihr Erwerb begründe somit nicht die Gefahr des „Waffenhortens“, deren Bekämpfung das erklärte gesetzgeberische Ziel des Erwerbsstreckungsgebots sei. Sie seien selbst keine bestimmungsgemäß verwendbare Waffe, sondern ergänzten lediglich eine bestimmungsgemäß verwendbare Grundwaffe.

Die Anzahl der Gesamtwaffen erhöhe sich durch die Verwendung eines Wechselsystems nicht. Vielmehr könne lediglich das Kaliber der Grundwaffe geändert werden. Weder die von der Beklagten in Bezug genommene Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 14.11.2007 (- 6 C 1.07 -, NVwZ 2008, 906 <juris Rn. 23 ff.>) noch der Streitwertbeschluss des beschließenden Senats zum Urteil vom 23.06.2021 (- 6 S 1481/18 -, SpuRt 2022, 124 <juris Rn. 71 f.>) stünden dieser Bewertung entgegen.

 

b) Die Berufung hiergegen ist nicht nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des angegriffenen Urteils zuzulassen.

 

 

....

Die Nichtanwendung des Erwerbsstreckungsgebots auf Wechselsysteme bewirkt keinen relevanten Beschleunigungseffekt bei der Anhäufung scharfer, eigenständig verwendbarer Waffen. Zwar ist der Beklagten zuzugeben, dass eine Anwendbarkeit des § 14 Abs. 3 Satz 2 WaffG einen weiteren Verzögerungseffekt mit sich brächte. Der Senat kann jedoch nicht erkennen, dass dieser vom Gesetzgeber beabsichtigt ist.

 

 

 

 

Zu deutsch: Das VG hat in der Sache richtig geurteilt: Ein Wechselsystem schon deswegen nicht unter das Erwerbsstrekcungsgebot, weil es die Zahl der Komplettwaffen nicht erhöht.

Bearbeitet von ASE

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