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hegel68

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  1. Alles klar, verstehe. Danke für die Klarstellung. Da bewegt sich das Gericht allerdings schon auf sehr dünnem Eis, nach dem Motto: Wenn Sie einen Warnschuß abgegeben hätten und das den Angriff nicht gestoppt hätte, dann hätten Sie aufgrund der Umstände gleichwohl noch einen Schuß auf den Täter abgeben können, der ebenso sicher den Angriff beendet hätte, wie wenn Sie ohne Warnschuß direkt auf den Täter geschossen hätten. Wer soll so etwas denn allen Ernstes mit einer Sicherheit beurteilen können, die dem "in dubio pro reo"-Grundsatz genügt???
  2. Ich verstehe zwar immer noch nicht ganz, warum und inwiefern die "räumliche Position der Beteiligten" für die Frage relevant sein könnte, ob ein Warnschuß mit gleicher Sicherheit den rechtswidrigen Angriff beendet hätte. Aber insgesamt hast du schon recht, dass jetzt man den Urteilstext abwarten muss. Wenn sich freilich herausstellen sollte, dass das LG Stade tatsächlich bewusst im Widerspruch zum OLG Celle und zum BGH entschieden hätte, wäre das allerdings schon ein ziemlicher Hammer.
  3. @ Gloeckner: Die von dir zitierten Passagen mit Hervorhebungen beziehen sich aber nicht auf die Frage eines Warnschusses, sondern auf die Frage, ob ein Schuß, bei dem auf die Beine gezielt worden wäre, den rechtswidrigen Angriff mit der gleichen Sicherheit beendet hätte. Dass das durch einen Warnschuß nicht der Fall gewesen wäre, steht für das OLG Celle fest, da der Täter selbst wenn er kurz stehengeblieben sein sollte, danach offensichtlich weitergelaufen ist. In der von dir zitierten Passage geht es darum, dass das OLG Celle die Frage aufwirft, 1.) ob der Täter überhaupt kurz stehengeblieben ist, denn wenn er das nicht wäre, dann wäre ein Zielen auf die Beine nach Meinung des OLG von vorneherein nicht als "gleichsicheres Mittel" in Frage gekommen. Diese Frage sollte mittels Zeugenaussagen geklärt werden (wobei das lächerlich ist, da auf die Zeugenaussagen der Mittäter verwiesen wird, die in dieser Frage wohl kaum glaubwürdig sein dürfte - abgesehen davon, dass das OLG den Mittätern mit dieser Argumentation gewissermaßen eine Blaupause geliefert hat, was sie sagen müssen, damit der Rentner verurteilt wird und sie als Familienmitglieder ggf. zivilrechtliche Entschädigung erhalten). 2.) ob es selbst für den Fall, dass der Täter kurz stehengeblieben wäre, ein "gleichsicheres Mittel" gewesen wäre, auf die Beine statt auf den Rücken zu zielen. D.h. ob man die Beine eines stehenden Täters mit der gleichen Wahrscheinlichkeit treffen kann wie seinen Rücken und ob ihn ein Treffer in die Beine mit der gleichen Sicherheit von der weiteren Flucht abgehalten hätte wie ein Treffer in den Rücken. Diese Frage wird zur Klärung an einen Waffensachverständigen verwiesen. Sollte der allen Ernstes beide Punkte bejaht haben, dann hätte er allerdings offensichtlich seinen Beruf verfehlt.
  4. Das OLG Celle kommt aber zu seiner Einschätzung aufgrund einer prinzipiellen Überlegung zur Rolle von "Warnschüssen" in Notwehrsituationen. Diese prinzipiellen Überlegungen sollten insofern gegenüber "anderen Erkenntnissen" zum Tatbestand im Detail resistent sein. Das LG Stade müsste schon gezeigt haben, dass ein Warnschuss den rechtswidrigen Angriff mit der gleichen Sicherheit beendet hätte wie der tödliche Schuss. Wie soll ein solcher Nachweis aber bitte geführt werden können? Das OLG Celle hat in seinen Ausführungen darauf hingewiesen, dass erst der dritte oder vierte Schuß ein Treffer war. Daher hätten die ersten beiden Schüsse de facto wie Warnschüsse gewirkt, so daß sicher davon ausgegangen werden konnte, dass auch ein als Warnschuß intendierter Schuß den Täter nicht zum Abbruch des rechtswidrigen Angriffs veranlasst hätte. Wie soll man angesichts dieser Konstellation zu "anderen Erkenntnissen" kommen?
  5. Im Prinzip könnte doch auch der Staatsanwalt zugunsten des Verurteilten Revision einlegen (nach §296 Abs. (2) StPO), oder nicht?! Wenn ja, dann hoffe ich, dass der Staatsanwalt die Traute hat, das durchzuziehen!
  6. Mal gerade zur Untermauerung des von mir Gesagten das einschlägige Zitat aus dem Urteil des OLG Celle: Bei der Prüfung der Erforderlichkeit der Notwehrhandlung ist nach ständiger Rechtsprechung beim Einsatz einer Schusswaffe zu berücksichtigen, dass der Angegriffene in der Regel gehalten ist, den Gebrauch der Waffe zunächst anzudrohen, oder, sofern dies nicht ausreicht, wenn möglich vor dem tödlichen einen weniger gefährlichen Einsatz zu versuchen (vgl. nur BGH, Beschluss vom 24. Juli 2001, 4 StR 256/01; BGH, NStZ 2012, 272). Im Hinblick auf den danach grundsätzlich zunächst abzugebenden Warnschuss ist aber zu berücksichtigen, dass ein solcher Warnschuss in der gegebenen Situation nicht sicher zur Beendigung des Angriffs geführt hätte. Die Täter waren bereits auf der Flucht und hatten das Haus des Angeschuldigten bereits verlassen oder waren gerade dabei. In dieser Situation hätten die Täter bei einem Warnschuss ihre Flucht fortsetzen und daher „im Dunkel der Nacht verschwinden können“, wie der BGH dies in einer ähnlichen Konstellation bereits ausgeführt hat, NStZ 2001, 590. Ein Warnschuss hätte also hier nicht sicher zur Beendigung des Angriffs geführt und möglicherweise keine weiteren Verteidigungsmittel mehr zugelassen, da die Täter dann hätten außerhalb des Schussfelds sein können, sodass dem Angeschuldigten dann keine weiteren Verteidigungsmittel zur Verfügung gestanden hätten. Ist das in der deutschen Rechtsgeschichte überhaupt schon einmal vorgekommen, dass die erste Instanz ihr Urteil auf eine Argumentation gründet, die von der höheren Instanz in derselben Sache schon einmal explizit verworfen worden ist??? Das ist schon wirklich spektakulär!
  7. Ich habe gerade mal in der FAZ nachgelesen: http://www.faz.net/aktuell/gesellschaft/kriminalitaet/bewaehrungsstrafe-rentner-wegen-toedlicher-schuesse-auf-fliehenden-raeuber-verurteilt-13232364.html (jaja, ich liege halt mit 'ne Bronchitis und 'nem Laptop im Bett; da surft man einfach zu viel im Internet rum). Laut dem FAZ-Bericht begründet das Gericht sein Urteil damit, dass es dem Rentner vor dem tödlichen Schuss zumutbar gewesen sei, einen Warnschuß abzugeben. D.h. das ganze Urteil läuft offenbar über die altbekannte Schiene "nicht das mildeste Mittel gewählt". Das ist insofern ausgesprochen bemerkenswert, als das OLG Celle dieses Argument auf der Grundlage des Tatbestands in seinem Urteil bereits explizit zurückgewiesen hatte! Dementsprechend hat eine höhere Instanz die Begründung des Gerichts schon einmal verworfen. Das ist wirklich unfassbar. Was hat die Richter der unteren Instanz denn da bloß geritten?! Das wird langsam wirklich ein Fall für die juristischen Lehrbücher. Angesichts dieser Konstellation muss der Rentner geradezu in Berufung (oder Revision?) gehen!
  8. Und was soll uns das jetzt sagen? In dem Fall war's halt so. Der Anwalt, den ich eingeschaltet hatte, bearbeitete halt dutzende, wenn nicht hunderte Fälle gleichzeitig und widmete meinem Fall offenbar gerade mal fünf bis zehn Minuten Aktenstudium vor dem Beratungsgespräch. Da kann es ja vielleicht doch schonmal sein, dass ein juristischer Laie mit einer gewissen Vorbildung in Sachen Gesetzgebung (mehrere Jahre Referent im Deutschen Bundestag) durch die Lektüre der Gesetze und Kommentare auf eine bessere Idee kommt als der Herr Anwalt, auch wenn der 150 € die Stunde verlangt hat und was weiß ich wie lange studiert hat. Oder ist das gänzlich unmöglich und a priori ausgeschlossen? Übrigens schweifen wir gerade ziemlich ab.
  9. Allerdings, die Unfähigkeit der Anwälte in diesem Land ist manchmal erschreckend. Mir ist es auch mal so gegangen in einer Zivilrechtsangelegenheit (Versicherungsrecht). Da hatte ich mir nach kurzer Lektüre der einschlägigen Gesetze und Kommentare selbst eine Argumentation zurechtgelegt. Der Anwalt, den ich eingeschaltet habe, hat dann aber auf einer anderen Argumentation bestanden und ich habe ihm als juristischer Laie dummerweise vertraut. Am Ende habe wir verloren und knapp zwei Jahre später hat mir ein Richter, der an einem OLG für Banken- und Versicherungsrecht zuständig ist und den ich inzwischen privat kennengelernt hatte, bestätigt, dass wir den Fall mit meiner Argumentation fast sicher gewonnen hätten ... Ganz toll, unsere deutschen Anwälte.
  10. Ganz richtig, genau das ist der Knackpunkt, der letztlich zu seiner Verurteilung geführt hat. Besser wäre es in der Tat gewesen, er hätte gar nichts gesagt und erst einen Anwalt eingeschaltet. DAS sollte man den Leuten bei der Waffensachkunde als allererstes einbleuen!
  11. Und?! Beim Nachdenken über den Begriff "gegenwärtig" kam das OLG Celle juristisch korrekt zu der Auffassung, dass im Moment von der Schußabgabe durch den Rentner objektiv ein gegenwärtiger rechtswidriger Angriff auf dessen Eigentumsrecht gegeben war, weil er noch eine Chance hatte, die Verbringung des Diebesgutes aus seinem Zugriffsbereich zu unterbinden.
  12. Nein, das war sie eindeutig nicht. Bei einem Diebstahl gilt die Tat erst dann als beendet, wenn der Dieb das Diebesgut eindeutig dem Zugriff des Eigentümers entzogen hat. Die Notwehrsituation war also objektiv noch gegeben. Das Problem in diesem Fall war, dass der Rentner ausgesagt hat, er sei von einer Notwehrsituation ausgegangen, weil er einen Schuß gehört habe, von dem er ausging, er sei in seine Richtung abgefeuert worden. Dagegen habe er sich verteidigen wollen. Ein solcher Schuß war aber nicht abgegeben worden, so daß die subjektive Seite der Notwehrsituation, das "Handeln in Verteidigungsabsicht" nicht gegeben war. Hätte er demgegenüber ausgesagt, er habe den Täter erschossen, um sein Eigentum zu schützen, dann hätten die objektive Notwehrsituation (Diebesgut noch nicht "in Sicherheit" gebracht) und die subjektive Seite (Absicht, sein Eigentum in Notwehr zu verteidigen) übereingestimmt und er hätte auf jeden Fall freigesprochen werden müssen. So ganz klar und deutlich das OLG Celle. Die (vermutlich als Schutzbehauptung gemachte) Aussage, es wäre ihm um die Verteidigung gegen einen Schützen gegangen war also einfach dumm. Der Staatsanwalt ist nun davon ausgegangen, dass es glaubhaft gewesen sei, dass der Rentner in der chaotischen Situation meinte einen Schuß gehört zu haben (auch wenn faktisch keiner abgefeuert wurde). Daher ist er von Putativnotwehr ausgegangen und hat korrekterweise auf Freispruch plädiert. Warum das Gericht dem nicht gefolgt ist, ist mir völlig unklar und dem Spiegel-Artikel nicht zu entnehmen. Überhaupt kann der Artikel m.E. nicht richtig sein: wenn das Gericht tatsächlich davon ausgegangen wäre, dass es sich nicht um Putativnotwehr, sondern um Totschlag gehandelt hat, dann hätte das Strafmaß deutlich über 9 Monaten auf Bewährung liegen müssen. Was in dem Artikel steht, ist also völlig ungereimt. Hat das Gericht vielleicht eher auf "fahrlässige Tötung" o.ä. erkannt?! Man müsste dazu jedenfalls mal das Urteil selbst lesen. Nebenbei bemerkt wird der Fall vermutlich in die Jura-Lehrbücher eingehen: eine Situation, in der zwar objektiv eine Notwehrsituation gegeben war und auch subjektiv die Verteidigungsabsicht, bei der aber die Verteidigungsabsicht sich auf eine andere Situation bezog als die, die objektiv gegeben war, ist ziemlich ungewöhnlich und eine echte Herausforderung für Strafrechtsdogmatiker und Rechtsphilosophen.
  13. Oh je, da habe ich ja eine Diskussion ausgelöst ... Ich danke jedenfalls allen, die mir mit ihren Antworten hier geholfen haben. Ich fasse mal zusammen: 1. Rein rechtlich gesehen ist alles o.k., wenn ich die Munition auch ohne WBK transportiere (war auch meine Annahme nach Lektüre des WaffG). 2. Umstände und Ärger kann es im Fall einer Kontrolle trotzdem geben. 3. Man sollte seinen Führerschein dabei haben, wenn man Auto fährt Damit weiß ich jedenfalls Bescheid. P.S.: Die Papiere kopieren/einscannen und schicken lassen geht leider nicht, weil zur Wohnung nur meine Freundin und ich Zutritt haben und die Dame ist derzeit mir mir unterwegs.
  14. Nur mal eine kleine Nachfrage an die Experten hier: Ich bin gerade einige Tage zu Besuch bei Verwandten (gut 600 km von zu Hause entfernt) und einer meiner Verwandten ist im Begriff, das Jagen aufzugeben. Er hat noch einiges an Munition und hat mir nun angeboten, mir seine Bestände an denjenigen Kalibern, für die ich als Sportschütze eine Munitionserwerbsberechtigung habe, zu überlassen. Da ich damit nicht gerechnet habe, habe ich natürlich meine beiden WBK nicht dabei.Daher meine Nachfrage, ob ich die Munition auch so mit nach Hause nehmen kann. Wenn ich das WaffG ja richtig verstehe, besteht beim Transportieren von Munition ja anders als beim Waffentransport keine Ausweispflicht, also keine Pflicht, die WBK beim Munitionstransport mitzuführen. Ich könnte die Munition folglich einfach mitnehmen, wenn ich nach Hause zurückfahre. Stimmt das oder habe ich da irgendwas übersehen?
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