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IGNORED

Sachlichkeit?


Gast

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Geschrieben

Hallo,

ich habe das Forum in den vergangenen zwei Wochen sehr interessiert gelesen und bin inzwischen irritiert über die Aggressivität zum Thema "Erfurt" und "Waffenrecht".

Die Standardforderung für die Arbeit nach außen lautet hier: "Mit sachlichen Argumenten aufklären und informieren." Da auch ich die überwältigende Mehrheit der Schützen für anständige und ordentliche Sportsleute halte, vermisse ich hier deshalb aber mäßigende Stimmen.

Unwidersprochen wurde ein Vereinsvorsitzender, der einzelnen geplanten Gesetzesverschärfungen zustimmte, als "Blockwart" beschimpft. Vom "Reichsinnenministerium" oder "Schergen wie Özdemir" war ebenso unwidersprochen die Rede wie von Journalisten, die früher auch dem NS-Hetzer Julius Streicher hinterhergelaufen wären. Zitate wie "Wir haben nichts mehr zu verlieren, außer unserem Spielzeug! Wehrt euch jetzt oder wehrt euch nie wieder!!" stoßen nicht auf Kritik, sondern auf "Vollste Zustimmung."

Dass ich als Erfurter über die ständigen "Wattebäuschen"-Witze nicht lachen kann, mag da ja nur mein (und das etlicher Familien dieser Stadt) persönliches Problem sein.

Insgesamt beschädigt aber diese Aggressivität für mich die Glaubwürdigkeit und Ernsthaftigkeit "Ihrer" Argumentation. Wer den von manchen Politikern tatsächlich geübten ziemlich gnadenlosen Populismus geißeln will, sollte aber schon seriöser daherkommen als etliche dieser Wahlkämpfer.

Eine Verweigerung jeglicher Diskussion kann ich nicht nachvollziehen, da das immer wieder auf den Schild gehobene "Verfassungsrecht auf Waffenbesitz" ja nicht vor gesetzlichen Einschränkungen wie in allen Lebensbereichen schützt: Als Autofahrer mag man sich über ein 130er-Schild auf der Autobahn ja noch ärgern, aber das Tempo-30-Schild in seiner Wohnstraße hat man womöglich als Mitglied einer Elterninitiative noch selber mit erkämpft.

Warum also - nur zum Beispiel - keine Diskussion über die bloße Kann-Bestimmung für die Einziehung einer Waffe, deren Kauf nicht angemeldet wurde? Über den rechtlichen Status der Erfurter Pistole ist schließlich auch in Ihrem Forum mit viel Verwirrung diskutiert worden. Der § 56 Waffengesetz sagt eben, "kann" eingezogen werden, so dass dann der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit greifen würde. Ob die Einziehung in diesem Fall verhältnismäßig gewesen wäre, obwohl die gekaufte Waffe zu der WBK-Eintragung passte? Vor dem 26.April und ohne das Wissen um die Tat hätte eine solche Einziehung hier sicher heftige Kritik wegen Bürokratismus ausgelöst. Warum aber jetzt nicht überlegen, ob nun die Einziehung z.B. nach einer vorherigen Pflicht-Anfrage des Ordnungsamtes beim bekannt gewordenen Käufer eine "Soll"-Bestimmung wird?

Hätten gesetzestreue Schützen damit oder einem bundesweit geführten elektronischen Waffenzentralregister wirklich Probleme? Wären das nicht sogar vielmehr Initiativen, mit denen Sie Ihren für mich glaubwürdigen Slogan "Sportschützen sind keine Killer" unterstreichen könnten?

Mit nachdenklichen Grüßen,

Christian 2

Unarmed Citizen

Geschrieben

Zitat:"Über den rechtlichen Status der Erfurter Pistole ist schließlich auch in Ihrem Forum mit viel Verwirrung diskutiert worden. Der § 56 Waffengesetz sagt eben, "kann" eingezogen werden, so dass dann der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit greifen würde. Ob die Einziehung in diesem Fall verhältnismäßig gewesen wäre, obwohl die gekaufte Waffe zu der WBK-Eintragung passte? Vor dem 26.April und ohne das Wissen um die Tat hätte eine solche Einziehung hier sicher heftige Kritik wegen Bürokratismus ausgelöst."

Sorry,aber wenn jemand den Erwerb seiner Waffen 1/2 Jahr nicht anzeigt,obwohl er innerhalb von 14Tagen dazu verpflichtet ist,dann handelt es sich hier nicht um ein Versehen oder Vergessen,sondern um Vorsatz ( denn solange lag die Sachkundeprüfung im Fall Steinheuser nicht zurück ) - und das im Zusammenhang mit dem Waffg!Ich bin mir so ziemlich sicher,daß dies bei jeder anderen Waffenbehörde zum Verlust der Zuverlässigkeit geführt hätte!

Wie gesagt,wir reden hier nicht von ein paar Tagen,sondern von einem 1/2 Jahr!

Ich glaube kaum,daß sich jemand hier im Forum über eine derartige Entscheidung,seitens des OA´s - auch ohne Erfurt,beschwert hätte.

Im Gegenteil,das hätte hier "Mitleid" in der Form von Bekungungen wie "selbst schuld" o.ä. ausgelöst.

Gruß André

Geschrieben

Nein ich glaube nicht das ein Zentralregister der Waffen ein Problem wäre. S. hätte vieleicht rechtzeitig Ärger bekommen. Die Aufregung der Sportschützen rührt daher das in den Zeiten des Wahlkampfes alle Fakten vergessen werden und Wir die potentiellen Mörder geworden sind.

Die "Blockwarte" die in Zeitungen über Nachbarvereine herziehen stossen natürlich sauer auf.

Politiker die wider besseren Wissen wieder die 6000 gestohlenen Waffen zitieren stossen natürlich sauer auf.

Geschrieben

hi,

ich finde dein posting in vielen teilen äußerst interessant und in jedem falle, sollte darüber hier disskutiert werden.

ein punkt hat mich besonders berührt:

das mit dem elektronischen waffenzentralregister ist eine interessante sache, wenn man es einmal näher betrachtet. ich gehöre zu den leuten, die keinerlei problem mit einem solchen register hätten. schliesslich gibts das ja auch für die mordwaffe nr.1: das auto. leider ist das mit dem register nicht so einfach:

-seit jahren fordert die gdp ein solches. und auch nach erfurt wurde es wiederum gefordert.

denn: oftmals vergehen wochen, wenn nicht monate, bis die identität einer gefunden waffe geklärt ist, sprich: bis auch im letzten landkreis jemand in den karteikarten nachguckt, ob die waffe zuzuordnen ist. ergebniss: kostbare fahndungszeit geht verloren.

-eigentlich ein unhaltbarer zustand, der dringend geändert werden sollte.

-aber: auch jetzt, wo überall nach verschärfung gerufen wird, wurde selbst in der "runde der ministerpräsidenten" dieses zentralregister nicht beschlossen.

-warum: ich denke, es hängt an den kosten, die man den, ohnehin gebeutelteten kommunen, nicht auch noch aufs auge drücken will.

-deshalb: werden wir weiter in einem land leben, wo ein bundeskanzler ob seiner vermeintlichen haarfarbe lieber die gerichte bemüht, opfer von terroranschlägen (djerba) ohne jegliche psychologische hilfe gelassen werden, dafür aber schnell mal dem wähler suggeriert wird, man kann einen geplanten massenmord (erfurt) zwar nicht verhindern, aber durch entsprechende gesetze erschweren.

gruss, didi

Geschrieben

Was hätte hier ein Zentralregister genützt,wenn in diesem Fall hier die Behörde nicht mal in der Lage war,der Verkaufsanzeige des Verkäufers bei derselben Behörde nachzugehen?

Den Umstand,daß meine Behörde Zugriff auf die Daten aller Waffenbesitzer in meinem Landkreis hat,empfinde ich als "ausreichend" - wenn ihr versteht was ich meine...

Gruß André

Geschrieben

Die Idee mit dem Zentralregister ist nicht schlecht.

Wundert mich ehrlich gesagt auch, daß das noch nicht erwähnt wurde - und ärgert mich, daß ich nicht selbst drauf gekommen bin.

Ich denke, es würde sogar in einem solchen Fall funktionieren.

Die für den Verkäufer gemeldete Waffe würde nach ihrer Abmeldung durch diesen als "in der Schwebe" gelistet mit entsprechender Datumsanzeige - meinetwegen wie ein Posting im Forum o.ä. und wenn der Käufer meldet, wird sie bei ihm eingetragen und verschwindet aus der Schwebe.

Tut er das nicht, wird sie nach zwei Wochen "rot" und das Amt kann etwas unternehmen.

Eine generelle Erfassung mit schneller Polizeiermittlung bei etwaigen Tatbeständen wäre äußerst vorteilhaft und ein hervorragendes Argument zur Beruhigung der besorgten Bevölkerung.

Das Verkehrszentralregister erfüllt ja die gleiche Funktion, und da kann jeder anrufen und nach einem Nummernschild fragen und nicht nur Vollzugsbeamte.

Ob meine Daten jetzt nur auf einer datenschutzrechtlich fragwürdigen Karteikarte in irgendeinem Amtszimmer existieren oder irgendwo nutzbringend erfaßt sind, naja....

STEELEYE

Geschrieben

Hallo Christian 2

Ich möchte mal weg von Einzelheiten wie Registern o.ä. auf Dein Hauptanliegen eingehen, der Deiner Meinung nach fehlenden Sachlichkeit in einigen Forenbeiträgen. Da Hast Du sicher recht. Aber ich darf diesbezüglich auch um Verständnis werben:

Ein Board wie dieses besteht aus vielen Personen mit unterschiedlichen Temperamenten. Die Stimmung ist dieser Tage zudem sehr aufgeheizt un gereizt. Wohl fast alle der Poster hier sind brave Schützen, Jäger, Waffensammler, die Ihr Lebtag nichts verbrochen haben und die wegen der Ereignisse in Erfurt ebenso erschüttert sind wie der große Rest unserer Gesellschaft - und das nicht allein wegen der Diskussion um Waffenbesitz.

Diese braven Leute werden nun mittelbar, und leider oft auch unmittelbar, als Psychopaten, potenzielle Mörder, Verbrecher angesehen. Sie sehen sich durch eine absolut unsachliche Berichterstattung stark an die Wand gedrängt, dabei aber wissend, dass sie ja nichts verbrochen haben, nichts verbrechen wollen und genauso voll Trauer sind wie ihre Mitbürger mit anderen Hobbys.

Wenn man kontinuierlich als Waffen"narr" tituliert wird und ständig unsachliche Argumente a la "Penisersatz" und "militanter Killersport" hören muss, kocht schon einmal die Wut in einem hoch. Und je nach Temperament äußert sich dass in Verbalattacken gegen Waffengegner - nach dem Motto gleiches mit gleichem.

Mir wären rein sachliche Diskussionen auch lieber, aber die Medien legen in Ermangelung eines anderen Feindbildes ganz gut vor (gegen sich selbst können sie ja nicht so kritisch sein) .

Trotzdem: Wenn auf BEIDEN Seiten Ruhe einkehrt und alle zu sachlichen Diskussionen bereit sind (und das dauert leider so lange, bis die Medien das Interesse verlieren...), dann kann man auch wieder sachlich über Zentralregister und ähnliches sprechen.

Gruß, Wolfgang

Geschrieben

Herzlich willkommen hier, Christian2, und danke für die offene, aber ja auch konstruktive Kritik.

Die Wortwahl mancher aufgebrachter Waffenbesitzer, die sich auch in vielen Briefen und E-Mails an die Abgeordneten äußerte, ist zwar nicht dazu angetan, das Bild des seriösen, verantwortungsbewußten Waffenbesitzers zu untermauern. Ich kenne aber auch Originaltöne von Protestaktionen von Bauern, Ärzten oder Eltern, die einen Kindergarten fordern - das ist auch nicht immer alles druckreif. Und "Volkes Stimme" müssen die Politiker schon aushalten.

Das Problem liegt weniger darin, daß die legalen Waffenbesitzer etwas gegen sichere Aufbewahrung, gegen ein Zentralregister oder gegen das Entlarven schwarzer Schafe hätten - es geht hier um fehlendes Vertrauen gegenüber der Politik und vor allem gegenüber den Behörden, die seit Jahrzehnten die zigfach kontrollierten Waffenbesitzer schikanieren.

Das geht von mehrfach überhöhten Bearbeitungsgebühren, die keiner Aufwandsüberprüfung standhalten, über saloppe Formulierungen aus der Gesetzesnovelle, die jederzeit den Wohnungszugang gestattet hätten (bei Straftätern wird immerhin ein Durchsuchungsbefehl benötigt) bis hin zu Sätzen in der WaffG-Begründung, die einen am Demokratieverständnis der Verfasser zweifeln lassen:

"Begründung zu § 8 (Bedürfnis, allgemeine Grundsätze)

(...)"Waffen sind demnach Gegenstände, die ihrem Wesen nach dazu bestimmt sind, zur Befolgung der Gesetze gegen Bürger eingesetzt zu werden, wobei ein solcher Einsatz zur Verteidigung der Rechtsordnung bestimmungsgemäß zur Verletzung oder letztlich gar Tötung eines Rechtsbrechers führen kann. An dieser Wesensbestimtheit einer Waffe, insbesondere eines Schußwaffe, ändert sich prinzipiell nichts dadurch, dass Schußwaffen auch zur Jagd oder zum sportlichen Schießen verwendet werden."

Der Satz wurde inzwischen still und heimlich aus dem Text entfernt.

Die Besitzer legaler Waffen befürchten einfach, daß eine Summierung von mehreren scheinbar unabhängigen, kleineren Maßnahmen irgendwann (eher früher als später) zu weiteren Restriktionen führen kann - also verweigern sie möglichst total. Und der Verdacht ist keinesfalls unbegründet, wenn man weiß, daß der maßgebliche Treiber hinter der Waffengesetznovelle, Ministerialrat Jürgen Brenneke, schon seit Jahren mit missionarischem Eifer gegen den privaten Waffenbesitz agiert und sich auch durch gegenlautende Anordnungen der Innenminister (also seiner Chefs) nicht von seiner Ausrichtung abbringen ließ.

Und wenn man mal außerhalb Deutschlands nachschaut und auch in die Vergangenheit blickt, dann war die Entwaffnung des freien Bürgers immer der erste Schritt eines Regimes, die Bürgerrechte bis hin zur Diktatur weiter einzuschränken.

Waffen sind nur Gegenstände, die von Menschen benutzt werden.

Aber Waffen verleihen nun mal auch Macht und stellen eine Art Gleichgewicht zwischen dem Volk und den Regierenden her - und das wird eben auch gefürchtet.

Geschrieben

Hallo Christian 2, willkommen im Forum!

Du hast recht, nicht alle Beiträge sind zur Zeit auf einem Niveau, dass wünschenswert ist.

Allerdings habe ich in dne letzten Tagen auch mindestens genauso viele gelesen, die sachlich, zurückhaltend und seriös waren.

Alles in allem sind auch wir nur ein Schnitt durch die Gesellschaft wie alle anderen Gruppen auch.

Und vor allem sind wir Menschen!

Menschen, die Demokratie auchmal beim Wort nehmen, und seit Monaten versuchen, sich auf im Gesetz festgeschriebene Weise zu informieren, und mit Fakten und Argumenten politische Entscheidungen, die uns betreffen mit zugestalten.

Leider müssen wir seitdem auch feststellen, dass das Bedürfnis nach Wahrheit auf Seiten der Politik dem Bedürfnis nach Stimmen weit unterlegen ist. Bereits vor dem tragischen Geschehen in Erfurt hatten wir schon sehr mit meist aus Unkenntnis entstandenen Vorurteilen zu kämpfen.

Danach lassen sich keine Worte mehr finden, für die verletzende, klischeebeladene, beleidigende Art und Weise, wie nun auf uns herumgetrampelt wird.

Ich bin sicher, Du verstehst, dass niemand mit Mördern, Psychopathen, Killern oder ähnlichem verglichen werden will. Passiert dies doch und immer öfter, sind Emotionsausbrüche nicht richtig, aber in gewisser Weise wohl menschlich.

Wenn Du ein bisschen weiter mit uns diskutieren willst ( was ich sehr hoffe), wirst Du sehen, dass wir ganz und garnicht gegen Zentralregister, sinnvolle Regelungen zur Unterbringung der Waffen o-ä. sind.

Wir haben nichts zu verbergen, sind alle gesetzestreu, und haben nichst gegen Transparenz. Aber ein bisschen Behandlung den üblichen Formen gesellschaftlichen Umgangs entsprechend, dürfen wir erwarten.

Viele Grüße

Flo

Geschrieben

Hallo,

und vielen Dank für die Antworten. So ganz versöhnt bin ich natürlich noch nicht. Ich komme nicht mit, wie der Waffenbesitz als Gradmesser für die Freiheit der Gesellschaft genommen wird.

Als Gebrauchsinstrumente werden Waffen überwiegend von Militär, Polizei und Jägern verwendet. Das ist ja ok. Ansonsten sind Waffen als Gebrauchsintrumente heutezutage nun mal kein Bestandteil des häuslichen oder zwischenmenschlichen Alltags mehr. Das Waffengesetz verlangt ein nachzuweisendes Bedürfnis wie etwa Sport.

Einschränkungen für die Ausübung eines Hobbys haben aber für mich nichts mit einer Gefährdung der wirklich essentiellen Bürger- und Freiheitsrechte zu tun (das geht nicht gegen Sport: jede Minute, die etwa ein Ehrenamtlicher mit einem Jugendlichen beim Sport zubringt, müsste man ihm an Lebenserwartung doppelt und dreifach zurückgeben können - aber das gilt auch für Ehrenamtliche im Curling oder Minigolf, um mal ein paar entfernte Verwandte des Schießens zu nennen). "Entwaffnung der Gesellschaft" oder Sprüche wie "Armed men are citizens - unarmed men are subjects" sind mir da zu dick aufgetragen.

Warum hat eigentlich der ansonsten in detaillierter Regelungswut geübte Gesetzgeber den Punkt Sport im Waffengesetz eigentlich so schwammig gelassen? Das führt doch nur zu solchen "12/76er-Waffe und 12/70er-Munition"-Manövern wie in Erfurt. Außerdem verlagert es die Probleme nur in den jetzt aufgeflammten internen Streit um Sportordnungen und Verbändemacht.

Präzisere - nicht unbedingt schärfere - Regelungen in diesem Punkt fände ich sinnvoll. Sie sollten nicht geich als Eingreifen des "Reichsinnenministeriums" diffamiert werden. Bloß weil Katastrophen nicht 100prozentig auszuschließen sind, verzichtet man doch auch in anderen Lebensbereichen nicht auf Vorbeugung. Obwohl jeder weiß, dass immer Menschen im Straßenverkehr sterben werden, wurden sicherere Autos gebaut, die ursprünglich heftig bekämpfte Anschnallpflicht eingeführt und gibt es Alkohol- und Geschwindigkeitskontrollen (und hoffentlich auch bald mal einen Stufenführerschein, damit zittrig durch die Prüfung gekommene 18-Jährige nicht gleich mit einem 175kWh-Geschoss auf die Menschheit losgelassen werden dürfen).

Jede Gruppe, die an Reformen mitwirkt, zeigt, dass sie nicht bloß auf die "Änderung der Gesellschaft insgesamt" setzt - und damit meint: "Da mein Anteil viel zu klein ist, sollen sich die anderen ändern". Wenn Medien, Schützen, Politiker, Filmproduzenten und Spieleentwickler das täten, bliebe alles wie es ist. Leider wird es wohl auch so kommen: In einer (hier nicht vermeldeten) Umfrage der Thüringer Allgemeinen verneinten 75 Prozent die Frage, ob sich in der Gesellschaft nach "Erfurt" etwas grundsätzlich ändern werde. Das ist dann zumindest ein Trost für hauptamtliche oder freigestellte Hardcore-Lobbyisten, die über so ein "Weichei-Gelaber" sowieso nur grinsen können (von dem in Wirklichkeit gar nicht so riesigen Teil der Politik-Populisten ganz zu schweigen).

Schönen Gruß aus Erfurt,

Christian2

Unarmed, but citizen

Geschrieben

Hallo Christian2,

Ich denke die meisten Mitglieder dieser Foren werden dir mit allem grundsaetzlich zustimmen!

Ich selbst bin mehr darueber verwundert, dass eine Diskusion ueber eine Verschaerfung von Gesetzen-im Gegensatz zu der von dir vorgeschlagenen-"Praezisierung" ueberhaupt stattfindet! Mir scheint wir muessen immer jemanden finden der die Schuld traegt-eine Person, ein Interessenverband etc. Waere der Taeter von E.ein Tuerke gewesen, wuerde es eine Diskusion geben tuerkisch staemmigen Deutschen keinen Waffenbesitz zu erlauben?

Natuerlich ist Waffenbesitz nicht unumgaenglich oder notwendig, wir wuerden aber auch alle ohne Fussball ueberleben, und wer braucht schon antike Federhalter!? Nicht die Waffe oder welch immer Gegenstand zu Untaten Gebraucht wird ist gefaehrlich, es ist nun mal die Person dahinter aber auch Gedankengut und Einstellungen. Der Taeter von Erfurt haette mit gleicher Einfachheit eine Nagelbombe (Duenger ist gut dafuer) oder einen Brandsatz verwenden koennen, oder mit einem Auto in eine Gruppe Schueler fahren koennen...

Hier in England sind die Verbrechensraten mit illegalen Schusswaffen seit 1990 um 70% angestiegen, 40% davon jedoch erst nach 1998 als das Faustfeuerwaffen Verbot incl. .22LR voll gegriffen hatte.

Warum haben Menschen im allgemeinen eigentlich den Drang anderen etwas zu Verbieten nur weil sie es selbst nicht moegen? Ich glaube einfach die ganze Diskusion nach E. geht ueberhaupt nicht um innere Sicherheit! Es gibt einfach viele Personen die weder ein interesse an Waffen, noch Verstaendniss fuer Personen haben, welche solch ein Interesse hegen. Dies scheint dann schon Grund genug fuer Verbote.

Ich persoenlich denke eine Entschaerfung der Waffengesetze mit besser strukturierter Waffenausbildung wuerde das Risiko fuer Ereignisse wie Erfurt eher vermindern als zusaetzliche Verschaerfungen.

Warum darf ich eigentlich in Deutschland meine Sammelwaffen nicht schiessen? Der Autosammler darf doch auch seine Sammlerstuecke fahren-ist dies eine Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes des Grundgesetzes???

Einfach nur meine Gedanken...

------------------

fisch5

[Dieser Beitrag wurde von fisch5 am 18. Mai 2002 editiert.]

Geschrieben

Zitat:

Original erstellt von Christian 2:

Als Gebrauchsinstrumente werden Waffen überwiegend von Militär, Polizei und Jägern verwendet. Das ist ja ok. Ansonsten sind Waffen als Gebrauchsintrumente heutezutage nun mal kein Bestandteil des häuslichen oder zwischenmenschlichen Alltags mehr. Das Waffengesetz verlangt ein nachzuweisendes Bedürfnis wie etwa Sport.

Bitte vergiss nicht, dass das Ansichtssache ist. Nicht nur in USA ist man da ganz anderer Auffassung, auch viele europäische Länder (Schweiz, Österreich und Italien zum Beispiel) haben deutlich entspanntere Waffengesetze, die (zuverlässigen) Privatleuten ohne weiteren Bedürfnisnachweis den Waffenbesitz erlauben. Wie gesagt: Man muss das nicht gut finden, aber sollte es auch nicht als völlig absurd abtun.

Zitat:

Einschränkungen für die Ausübung eines Hobbys haben aber für mich nichts mit einer Gefährdung der wirklich essentiellen Bürger- und Freiheitsrechte zu tun (...)

Wie gesagt: Ansichtssache. Die amerikanische Verfassung sieht das Recht auf Waffenbesitz in der Tat als Grundrecht. Nota bene: Ich würde das sicher nicht unreflektiert für Deutschland übernehmen wollen.

Was die Einschränkung von Sportschützen anbelangt: Klar ist es "nur" ein Hobby, was dementsprechend bei einer Abwägung der Rechtsgüter keinen so grossen Stellenwert hat wie ein Bürgerrecht. Auf der anderen Seite steht die öffentliche Sicherheit (ein hohes Gut!) - doch dummerweise bringt der legale Waffenbesitz keine nennenswerte Beeinträchtigung der öffentlichen Sicherheit mit sich. Ergo ist selbst bei Abwägung der Rechtsgüter eine Einschränkung der Sportschützen rechtlich hochgradig problematisch.

Zitat:

Warum hat eigentlich der ansonsten in detaillierter Regelungswut geübte Gesetzgeber den Punkt Sport im Waffengesetz eigentlich so schwammig gelassen?

Was sollte denn da genauer geregelt sein? Zulässige Kaliber? Würde auch nix bringen, denn für das bei Sportschützen beliebten Kaliber .22 ("Kleinkaliber") können sich auch Profi-Killer begeistern.

Zitat:

Obwohl jeder weiß, dass immer Menschen im Straßenverkehr sterben werden, wurden sicherere Autos gebaut, die ursprünglich heftig bekämpfte Anschnallpflicht eingeführt und gibt es Alkohol- und Geschwindigkeitskontrollen (und hoffentlich auch bald mal einen Stufenführerschein, damit zittrig durch die Prüfung gekommene 18-Jährige nicht gleich mit einem 175kWh-Geschoss auf die Menschheit losgelassen werden dürfen).

Die meisten dieser Beschränkungen bringen aber keine wesentliche Beschränkung der Freiheit oder auch nur des Komforts mit sich. Wenn man nur unter Sicherheitsgesichtspunkten argumentieren würde, müsste man zum Beispiel SEHR viel niedrigere Tempolimits festsetzen. (Und erzähl mir nix von Tempo-Kontrollen. Fast ausnahmslos sind die so positioniert, dass möglichst viele Autofahrer in die Falle gehen und die Stadtkasse aufbessern. Mit Sicherheit hat das rein gar nichts zu tun.)

Geschrieben

ZITAT

Einschränkungen für die Ausübung eines Hobbys haben aber für mich nichts mit einer Gefährdung der wirklich essentiellen Bürger- und Freiheitsrechte zu tun (...)

ZITAT ENDE

Das ist ein Irrtum. Jede Enschränkung, die der Gesetzgeber in Form eines sogenannten "Verbotes mit Erlaubnisvorbehalt" vornimmt, ist eine Einschränkung essentieller Grund- und Freiheitsrechte. Um konkret zu werden: Im Falle von Beschränkungen des Waffenbesitzes sind die Grundrechte aus Artikel 2 und Artikel 14 des Grundgesetzes betroffen. Artikel 2 beinhaltet das Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit. Dabei handelt es sich um die Festlegung der Unantastbarkeit des Rechtes auf freie Entfaltung durch Gesetzgebung oder Exekutive. Zur freien Entfaltung der Persönlichkeit gehört - salopp ausgedrückt - das Recht zu tun und zu lassen, was man will, solange man nicht gegen die Rechte anderer verstößt. Dabei soll nicht ein bestimmtes, als "besonders wertvoll" geltendes Menschenbild das Ziel und Objekt des Schutzes sein, sondern jede auch noch so absonderlich erscheinende Betätigung (als Ausdruck der Persönlichkeit) ist geschützt. Damit ist klar und vom Bundesverfassungsgericht präzisiert worden: Das Verbot mit Erlaubnisvorbehalt ist das äußerste Mittel. Das vollständige Verbot einer bestimmten Betätigung ist eigentlich überhaupt nicht zulässig.

Man muß sich darüber klar sein, daß beim Waffengesetz immer davon gesprochen wird, den privaten Waffenbesitz schlechthin zu verbieten. In Internetumfragen sowohl politischer Stellen, als auch verschiedener Medien wird dies immer wieder angesprochen. Etwas ähnliches gälte, wenn die Arsenalisierung von Waffen oder auch nur Munition beschlossen würde. Dies wären Regelungen, die den privaten Waffenbesitz entweder weitgehend aufheben oder aber stark einschränken würden. Jeder, der legal Schußwaffen besitzt - und das sind in Deutschland seit Generationen hunderttausende von Personen - weiß, welche Veränderung und Beschränkung seiner Lebensführung damit einherginge. Es wäre gewissermaßen der fürsorgliche Staat, der mit dem Anspruch auf diesen Personenkreis zukäme, ihm bestimmte Handlungen und Zustände zu untersagen, weil der fürsorgliche Staat unterstellt, der betroffene Personenkreis könne sonst damit Verbrechen begehen oder auf jeden Fall in seiner Gesamtheit nicht verantwortlich handeln. Als potentiell Betroffener kann ich das nicht als richtig akzeptieren. Ich bin in der Lage verantwortlich mit dieser Materie und diesen Gegenständen umzugehen und ich sehe keine Veranlassung an der entsprechenden Fähigkeit der anderen Betroffenen zu zweifeln.

Dann gibt es den Artikel 14 GG, die Eigentumsgarantie. Ich "muß" keine Waffen haben und ich "muß" sie auch nicht zuhause haben. Ich muß noch nicht einmal Sportschütze sein und ich "muß" noch nicht einmal als Mensch existieren. Die Notwendigkeit oder fehlende Notwendigeit eines Tuns oder des Besitzens von Sachen ist kein Argument für oder gegen etwas. Unser ganzes Leben ist geprägt von Notwendigkeiten und Zwängen und es besteht zum ebenso bedeutenden Teil aus Dingen und Zuständen, die nicht zwingend, aber Folge unserer Entscheidung und unserer Lebensgestaltung sind. Ich habe die Schußwaffen zuhause, weil ich mit meinem Eigetum grundsätzlich so verfahre.

Das Waffengesetz ist keineswegs schwammig. Insbesondere enthält es erheblich schärfere Eingriffe und Freiheitsbeschränkungen, als die gesetzlichen Regelungen im Straßenverkehrsrecht. Niemand muß für die Durchführung von Vergnügungsfahrten und privaten Fahrten ein "Bedürfnis" nachweisen. Niemand bekommt eine Sperre von fünf Jahren, wenn er mit einem Auto zum Supermarkt fährt und dort einen Ladendiebstahl begeht. Ich kenne aus meiner Praxis Fälle, in denen junge Fahrer, die im angetrunkenen Zustand den Tod von Menschen verschuldet haben, nach weniger als zwei Jahren ihre Fahrerlaubnis wieder bekommen, ohne daß dies in der Öffentlichkeit besondere Beachtung gefunden hat. Ich fühle mich auch nicht bemüßigt, über meinen Autobesitz nachzudenken und darüber zu diskutieren, inwieweit mich eine Teilverantwortlichkeit trifft, weil (junge, meist männliche) Fahrer in der Altersgruppe zwischen 18 und 21 Jahren besonders viele Menschen umbringen und schwer verletzen und dies teils grob fahrlässig oder bedingt vorsätzlich oder unter Alkoholeinfluß. Ich denke nicht über eine Mitverantwortlichkeit oder ein Alkoholverbot nach, wenn ich mir vor Augen halte, daß durch Alkohol in Deutschland jährlich 50.000 Menschen sterben (Berechnung der Deutschen Ärztekammer). Wenn aber Schußwaffen mißbraucht werden, (vorausgesetzt, es handelt sich um Legalwaffen), ist sofort eine Diskussion da, inwieiweit der Waffenbesitz im allgemeinen noch toleriert werden könne, inwieweit die Schützenverbände eine Verantwortlichkeit treffe usw. Die Politik denkt - zum Teil aus ideologischen Gründen, zum Teil aus Vorbehalten und zum Teil aus purem Popuilsmus - über Verbote nach. All das geht aber am Kern der Sache vorbei:

Solange es überhaupt Schußwaffen gibt, werden Schußwaffen mißbraucht werden. Solange überhaupt potentiell gefährliche Verhaltensweisen statthaft sind, wird es Mißbrauch und menschliches Versagen geben. Entweder, die Gesellschaft ist bereit, dies zu akzeptieren, oder sie gleitet in ein Gemeinwesen ab, in dem man versucht, mit Geboten und Verboten für jeden Lebensbereich Risiken zu verringern. Ich möchte in einem solchen Gemeinwesen nicht leben.

Überdies muß die Wirksamkeit von Verboten hinterfragt werden.

Würde man den legalen Waffenbesitz unmöglich machen, so würde das sie Sicherheitslage in Deutschland nicht sonderlich beeinflussen, weil die Schwarzwaffen nach wie vor vorhanden wären. Und diese sind es nachweislich, denen die meisten Mißbrauchsfälle anzulasten sind. Man erinnert sich an Bad Reichenhall und man wird sich an Erfurt erinnern. Wer erinnert sich jedoch an die Menschen, die zwischen Bad Reichenhall und Erfurt das Opfer von Schußwaffen geworden sind, die illgelal besessen wurden ? Keiner. Niemand redet von der sechsköpfigen Familie, die kurz nach Bad Reichenhall wegen eines zurückgewiesenen Heiratsantrags erschossen worden ist und niemand von den vielen anderen Fällen. Da müssen sich einige einmal die Frage vorlegen: Wie betroffen und wie traurig sind sie eigentlich wirklich und wahrhaftig, wenn es darum geht, daß unschuldige Menschen eines gewaltsamen Todes sterben müssen. Wie ernsthaft sind ihre Bemühungen, Antwort auf die Frage nach den Ursachen und Lösungen zur Verbesserung der Sicherheit zu finden ?

Angesichts der Tatsache, daß immer am legalen Waffenbesitz "herumgeschraubt" wird, man aber bei dem Mißbrauch illegaler Schußwaffen nicht einmal ansatzweise über eine Mißbrauchsbekämpfung nachdenkt, obwohl der illegale Waffenbesitz auch jetzt noch die eigentliche Bedrohung der inneren Sicherheit ist, sehe ich

1. Keinen Handlungsbedarf für weitere Verschärfungen, sie werden niemanden retten,

2. keinen Bedarf für eine Diskussion über den legalen Waffenbesitz. Diskutiert einmal den illegalen und informiert Euch über dessen Potential.

Geschrieben

Ich möchte noch folgendes ergänzen: Da die Frage nach Sachlichkeit gestellt worden ist, muß ich um Verstädnis für die manchmal unsachlichen und im Ton grob vergriffenen Diskussionsbeiträge bitten. Die Einseitigkeit, mit der das Thema Schußwaffen seit Jahrzehnten zu Lasten der legalen Waffenbesitzer ausgetragen wird, ist aber geeignet, Ärger und Verdruß heraufzubeschwören. Viele Diskussionsteilnehmer sind im Verfassen druckreifer Traktate ungeübt und und ihr Verdruß bricht sich beim Schreiben Bahn. Dies ist aber in vielen Diskussionen der Fall, bei denen Personen stark betroffen oder engagiert sind.

Ich glaube, niemand will bezweifeln, daß es eines Waffengesetzes bedarf, dessen Ziel es ist, unzuverlässige Personen vom Besitz an Schußwaffen fernzuhalten. Die vorschlagenen und in verschiedenen Gesetzentwürfen formulierten Regelungen und auch Begründungsteile (siehe oben), waren teils von solcher Unkenntnis, Vorbehalten oder purer Niedertracht geprägt, bei gleichzeitig offensichtlicher Ungeeignetheit für die Förderung der inneren Sicherheit, daß ich diejenigen, die sich ärgern, nur zu gut verstehen kann. Welchen Sinn sollte es zum Beispiel haben, den Erwerb von einzellader-Langwaffen über die vorhandenen Regelungen hinaus zu erschweren ? Einzellader-Langwaffen spielen in der Kriminalität keine (ich betone KEINE) Rolle. Wenn man dann in der Entwurfsbegründung nachlesen kann, "der Mißbrauch von Einzellader-Langwaffen ist praktisch selten" (ich wiederhole SELTEN) und man weiß anhand der Kriminalstatistiken, daß dort nicht "selten", sondern "nie" stehen müßte, dann ärgert man sich.

Wenn man von Sachbearbeitern des Bundesministeriums des Inneren vorgehalten bekommt, daß Waffen dazu bestimmt seien, "vom Staat gegen Bürger eingesetzt zu werden", und man weiß, daß ein guter Teil der mit legalen Schußwaffen Getöteten Kugeln aus Polizeiwaffen zum Opfer fielen, dann kann der Ärger einem den Schlaf rauben.

Ich bitte daher um Verständnis für Entgleisungen, obwohl ich sie nicht gutheiße.

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