Was Thadden meinte, weiss letztlich nur er selbst.
Kein Mensch wollte damals selbst gegen die Terroristen kämpfen, die der perfekte Bürgerschreck waren.
Allerdings gab es (aus Sicht der politischen Funktionsträger) wohl eher das Risiko, dass eine unbekannte Anzahl von Leuten mit ihnen kämpfen wollten. Siehe 68er-Problematik.
Auch dem wollte man wohl einen Riegel vorschieben - ohne es zu verbalisieren.
Was die Bundeswehrsoldaten anbetrifft, so war die politische Kunstfigur des "Bürgers in Uniform" ein schönes theoretisches Konstrukt. Aber angesichts der ernüchternden Realitäten im Bundeswehralltag und der allgemein empfundenen Sinnlosigkeit konventioneller Strategien angesichts der seinerzeit ja tatsächlich erwarteten flächendeckenden Nuklearschläge (siehe Zivilschutzplanung und Notstandsgesetzgebung) war die Bundeswehr bei den einfachen Soldaten und Wehrpflichtigen wohl alles andere als der Ausdruck bürgerlichen Stolzes. Persönlich kenne ich jedenfalls niemanden, der mit einer solchen Einstellung vom Dienst zurückkam. Insofern war der "Geist" der Bundeswehr auch nie mit dem Geist der Schweizer Armee zu vergleichen, die in einer ganz anderen Situation stand.
Alles in allem herrschte Ende der sechziger, Anfang der siebziger Jahre eine teilweise irrationale Furcht vor dem linken Spektrum, was u.a. dazu führte, dass man sich mit deren Gedankengut und vor allem mit den Motiven auch nicht wirklich auseinandersetzte. Das war ein politisches Feindbild. Etwas verständlich vielleicht unter dem Hintergrund des kalten Krieges, einer aggressiven DDR und dem ständigen Bemühen, sich davon abzugrenzen. Man schaue nur mal, welchen Vorwürfen sich Willy Brandt mit seiner Entspannungspolitik ausgesetzt sah. Da kursierte der Begriff "Volksverräter" und das nicht nur in politisch extremen Kreisen.
Lehrer mussten damit rechnen, disziplinarisch belangt zu werden, wenn sie von der DDR sprachen. Politisch korrekt hiess die "die sogenannte DDR", da sie von der BRD niemals als souveräner deutscher Staat anerkannt worden ist.
Alles klar ?
Vielen Dank an knight, diese Materialien gesammelt und die Diskussion angestossen zu haben. Das ist schon sehr interessant. Allerdings sehe ich da eher einige Parallelen als Unterschiede zur heutigen Diskussion um das Waffenrecht. Now and then ists von einem -gefühlten- politischen Handlungsdruck motiviert.
Und beide Verschärfungsentwicklungen (damals und heute) sind relativ zwecklos geblieben, denn damals haben sich die Terroristen ihre Waffen sowieso woanders besorgt und heute dürfte bei den Sachargumentierern (also nicht im politischen Bereich) recht klar sein, dass Schußwaffenkriminalität vor allem von den sozialen Randbedingungen abhängt, nicht von den Details eines Waffengesetzes.
Ebenso dürfte keine Rolle spielen, ob Jäger zwei oder zweihundertsechzig Kurzwaffen zu Hause haben. Wir haben immer noch zehn Mio. legale und 20 Mio. illegale Waffen. Ein großer Teil der seinerzeit legalen Waffen dürfte inzwischen zu ebenso legalen Erbwaffen geworden sein, die bekanntermassen zwar besonders schlecht verwahrt werden, andererseits wohl auch ganz besonders deliktrelevant sind - nämlich fast gar nicht, man staune ob der kruden Zusammenhänge.
Und die gesamte Kriminalität mit Schußwaffen nimmt seit 15 Jahren kontinuierlich ab, auch schon vorher, nur unterbrochen durch den statistischen Peak der Osterweiterung 1990 bis 1995.
Und das Wichtigste: Alle Motive, die damals diskutiert wurden, sind heute angesichts der bestehenden waffenrechtlichen Realitäten (es ist immer noch keine WaffVwV in Kraft) vollkommen irrelevant. Berufen kann man sich nicht mehr auf sie. Und wissen will davon auch niemand mehr. Die Protagonisten sind tot, ihre Nachfolger haben ihre eigenen gesellschaftlichen Identitäten und Ideen im Kopf. Nur die politischen Mechanismen sind gleich geblieben, wenn auch durch die mediale Mühle noch um den Faktor zehn beschleunigt. Irgendwie wird man müde dabei.
Gruß,
B.