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IGNORED

Waffenrecht in Norwegen - ein Update


Schwarzwälder

Empfohlene Beiträge

Geschrieben

Wer nach Norwegen nur als zahlender Tourist/Kurzzeit-Jäger kommt, hat mit den Ausführungsorganen des norwegischen Waffenrechts, den Bezirkspolizeiverwaltungen und dem POD (politidepartementet i Oslo) nichts zu tun; die einzigen sind dann der Zoll, der noch ein recht unverkrampftes Verhältnis zu Legalwaffen hat.

Dennoch ist ein Umbruch zu beobachten.

Wer norwegisch beherrscht, kann ja mal in das norwegische Pendant zu www.waffen-online reingucken: www.sluttstykke.com .

Derzeit läuft eine Waffenamnestie , die die Leute animieren soll, alle nicht registrierte Waffen bei der Polizei einzuliefern. Bis 31.08.2004 straffrei , danach müsse man bei Besitz nicht registrierter Waffen mit einem laut Polizeiprospekt „weniger gemütlichen“ Treffen bei der Polizei rechnen: 2 Jahre Haft, in schweren Fällen 4 Jahre , sind angedroht und gleich der Hinweis, dass man gut damit rechnen könne, diese Zeit dann auch wirklich „innerhalb von Gefängnismauern“ verbringen zu müssen. (Vgl. Polizeiprospekt: hier ) . Zum Vergleich: Wer einen anderen umbringt, kann auch schon damit rechnen, nach 2-3 Jahren das Gefängnis wieder verlassen zu können… kotz.gif

Norwegisches Waffenrecht ist durch ein recht offen formuliertes Gesetz (selbst Vollautomaten sind darin für Zivilisten nicht ausdrücklich verboten) und Bezirkspolizeiverwaltungen, die teils ziemlich stark variierende Auslegungsmöglichkeiten praktizieren, gekennzeichnet. Berüchtigt sind aber die Rundschreiben des POD (politidepartementet i Oslo) an die Polizeiverwaltungen, die ohne parlamentarische Beschlüsse ständig weitere Einschränkungen für Legalwaffenbesitzer in Norwegen erlassen und einen Vorgeschmack auf die Auswirkungen unseres neuen Ermächtigungsparagraphen im dt. WaffG erahnen lassen.

Hier ein paar der neuesten Gags wink.gif der POD:

1. Sportschützen :

a) Wer IPSC Rifle schiesst, kann in Norwegen schöne Halbautomaten besitzen. Ehrlich. Damit das aber immer weniger können, verlangt das POD, dass der Schütze einen klub, der IPSC Rifle schiesst, vor Ort hat. Lokale Trainigsmöglichkeiten durch Mitgliedschaft in einem anderen Klub und Mitgliedschaft in einem weiter entfernten Klub, bei dem man dann die Meisterschaften mitschiesst, reichen allesamt nicht mehr als Bedürfnis aus: Das Ende der HA-Träume für viele Norweger im dünn besiedelten Land.

B) Sportschützen werden in 4 Klassen anhand ihrer Aktivität eingeteilt. Nach der Anfängerphase (6 Monate) durfte man sich 4 Kurzwaffen kaufen. Nun wird aber schon bei der 2. KW verlangt zu prüfen, ob die anvisierte Disziplin nicht auch mit einer schon vorhandenen KW geschossen werden kann. Soweit ok, aber manche Verwaltungen prüfen dabei nur noch, ob die bisherige KW zugelassen ist, nicht ob sie sinnvoll+geeignet ist, bzw. der Schütze damit überhaupt Chancen hat. Manche verlangen sogar, die alte Kurzwaffe zu verkaufen, wenn die neue u.a. auch dieselbe Disziplin (theoretisch) zu schiessen erlaubt, wie die alte. Waffen im selben Kaliber steht ohnehin nur der höchsten Klasse von Sportschützen, dem „konkurranseskytter“ zu.

2. Jäger:

Waffenrechtlich sind die norwegische Jäger stark eingeschränkt: Flinten sind nur mit 1-Schuss-Magazin und mind. 55 cm Lauf erlaubt, Kurzwaffen ganz verboten und Gewehre – auch Repetierer!! - dürfen nicht militärischen Charakter haben (weil man angeblich aus Waidgerechtigkeit heraus verhindern will, dass ausrangierte Militärgewehre auf die Jagd genommen werden, aber dafür gibt es doch die jährliche Schiessprüfung mit der Waffe+zu verwendenen Muni gaga.gif). Was militärischen Charakter hat, ist dem Gutdünken der örtlichen Polizeiverwaltung überlassen: für die allermeisten ist aber schon ein altes, braves (graues) SL8 „zu militärisch“.

Neueste Gags: Wer schon 1 Gewehr hat, muss mancherorts nachweisen, ob er die anvisierte Wildart nicht auch mit seinem alten Gewehr jagen darf. Ein 6,5*55er bisher für Jagd auf Rehe reicht auch jagdrechtlich gerade noch für Elch – also nix drin mit der .300 WinMag Traumbüchse (oder den „Carl Gustaf“ erst verkaufen, bevor’s die Kaufbewilligung für die neue gibt…). Größere Kaliber werden oft als „zu kräftig“ abgelehnt und wer damit auf Auslandsjagd will, darf die Waffe dann binnen weniger Wochen nach Rückkehr wieder verkaufen oder bei der Polizei einliefern. shocked.gif

3. Waffensammler:

Immer wieder gibt es Klagen, dass die Polizei Sammelgebiete „umdefiniert“ und man plötzlich z.B. keine Halbautomaten in seinem Sammelgebiet o.ä. mehr sammeln darf. Bewilligungen werden immer spärlicher, den Sammlerstatus bekommt man seit 2000 ohnehin nur noch, wenn man Mitglied im elitären NVS ist , jede andere Sammlervereinigung wird nicht als seriös genug anerkannt. In den NVS kommt man aber nur auf Einladung: 1 Jahr regelmässige Teilnahme, dann Antrag auf Aufnahme stellen (2 Fürsprecher) und wieder 1 Jahr warten, dann evtl. Mitgliedsstatus und dann Antrag bei der Polizeiverwaltung etc. Selbst beim Erwerb tauchen Probleme auf: Sammler berichten, Ihnen wäre der Erwerb einer bestimmten Sammlerwaffe abgelehnt worden, weil nicht lückenlos dokumentiert sei, in wessen Besitz die Waffe seit Herstellung jeweils war – und damit sei sie nicht sammlerwürdiggaga.gif

4. HV – norwegische Bürgermiliz

Ja die gibt es – noch. 80.000 Mann stark. 80.000 AG3, eine von Heckler-Koch USA produzierte vollautomatische G3-Variante, sind noch in norwegischen Haushalten legal eingelagert. Allerdings kamen seit 1986 durch diese Maschinengewehre insgesamt 25 Menschen in Norwegen um. Die Statistiken sind unklar, ob durch Mord, Selbstmord oder Unfall. Da die AG3 nicht als zivile, sondern als Militärwaffe eingestuft ist, unterliegt sie nicht dem norwegischen Waffengesetz und brauchte auch nicht einmal im Waffenschrank aufbewahrt werden. Am 6.12.2003 hat das norwegische Parlament im Rahmen einer Anlassgesetzgebung ( in 2002 sind 7 Personen in einem Jahr durch diese AG3 gestorben) nun beschlossen, dass alle Schlagbolzen und Schlagbolzenfedern dieser 80.000 G3 in den HV-Lagern abgeliefert werden sollen. Die Waffen dürften nur noch in funktionsunfähigem Zustand zuhause aufbewahrt werden. Ein großer Vorteil der schnellen Mobilmachung als Sinn der HV ist damit weg. Die HV soll sowieso erheblich reduziert werden. Immerhin: Der Aufschrei ist groß. Hier ein Artikel über einen Familienvater, der nicht versteht, warum er sein Maschinengewehr nach so vielen Jahren nun funktionslos machen muss und meint, dass es nur eine Zeitfrage sei, bis der 11.09.2001 sich auch in Norwegen ereignet. Ausnahmen gibt es für Kommandierende in der HV und für militärsportlich besonders Aktive (jeweils begrenzt auf 1 Jahr); manche bestellen sich die Teile auch übers Internet für 19 US-Dollar in den USA…

chrisgrinst.gif

5. Norwegen – Selbstverteidigung

Ein ganz trauriges Kapitel. Alle Gaser sind streng verboten ; wer Waffen zur Selbstverteidigung einsetzt, sitzt schnell hinter Gittern. Ein Beispiel von wikking (siehe auch hier) :

Es kam nicht weit von uns entfernt einmal vor, daß nachts in einer Jagdhütte eingebrochen wurde. Während der Dieb gerade einen Schrank mit Wertgegenständen knackte, wachte der Besitzer auf, packte ein Jagdgewehr und schoß dem Einbrecher ins Bein, als als er ihn angreifen wollte. Ergebnis: der Dieb bekam eine Geldstrafe wegen versuchten Einbruchs, der Inhaber der Hütte würde zu mehreren Jahren Haft wegen Körperverletzung verurteilt und verlor die Jagdlizenz, denn der Einbrecher hatte keine scharfe Waffe dabei, sodaß Notwehr nicht anerkannt wurde.

Soviel für heute zu Norwegen,

euer Schwarzwälder

Geschrieben

Ein Beitrag, der die Sachkenntnis seines Verfassers widerspiegelt - und uns alle hier mal in einer ruhigen Minute den Gedanken eingeben sollte: Sooo schlecht ist mit unserem WaffG hier nicht zu leben!

Diese Erkenntnis soll weder an Wachsamkeit noch an Verbesserungsbemühungen das Geringste ändern - als nüchterne und objektive Bestandsaufnahme und Vergleich ist es durchaus geeignet!

Und: N ist NICHT EU Mitglied - also kann auch dorthin keine Beeinflussung unterstellt werden.

Mouche

Geschrieben

Ne, mit dem deutschen Waffengesetz kann man leben, wirklich. Da ist nicht besonders viel Hirnschmalz drin, aber im großen und ganzen einigermaßen akzeptable und umgänglich.

Die Notwehrregelung ist in Deutschland absolut hervorragend und sucht sogar in vielen US Staaten gleichwertiges. Nicht lasch oder überzogen, einfach vernünftig. Halt noch ein Gesetz, aus einer Zeit wo in Deutschland noch intelligente Menschen an der Regierung waren.

Gruß

Makalu

Geschrieben

war nur ein kleiner fehler, es ist nicht die polizei die rausfindet ob etwas fuer die jagd zu militaerisch ist, sondern die naturschutzbehoerde, direktoratet for naturforvaltning, und die haben sich auf eine restrictive linje gelegt um die grosse akzeptanz fuer jagd nicht zu gefaerden, es koennte ja andere schockieren einem jaeger zu begegnen, der was gefaehrliches dabei hat, das die jungs(3 stueck), keinerlei richtlinien haben wie sie gefaehrlich aussehen definieren und auch keine ahnung von waffen haben, macht die sache ja auch nicht besser, das gesetz gilt allerdings nur fuer halbautomaten, das wiederum weis die polizei nicht, ab und zu auch die drei jaungs nicht, macht es extra spannend

hab ich denen mal gesagt, dann kauf ich mir hald nen ar 15 einzellader oder pump, mit allem was dran sein kann, hohes korn, tragegriff, grun oder schwarz angemalt, das ist dann legal und geht das direktoratet ueberhaupt nichts an, da haben die aber dum gekukkt

Geschrieben

Hei frosperm,

Du hast auch wink.gif Recht. Es sind genaugenommen 3 Institutionen, die abchecken, ob und mit welchem Halbautomaten du in Norwegen jagen darfst:

1. Die KRIPOS in Oslo prüft zunächst einmal, ob ein bestimmter neuer Halbautomat sich leicht auf Vollauto umbauen lässt. Wenn nicht, ist die 1. Hürde genommen. icon14.gif

2. Danach kommt die örtliche Polizeiverwaltung: Man füllt dort einen Antrag auf Waffenerwerb aus (siehe Anlage). Dabei steht unter anderem die Frage drin, ob das Gewehr "militärischen Charakters" ist. Hier steht nicht einschränkend "halbautomatisches" Gewehr - und das ist das Problem! eek2.gif Die Polizeiverwaltung vor Ort verbot mir trotzdem ich im jegerregisteret eingetragen bin, bestandene jegerprøve etc. hatte, jemals mit dem K31 jagen zu gehen! Eine Waffenkarte dafür hätte ich allenfalls als Sportschütze für die Klasse IPSC rifle major factor "manuelt repeterende" bekommen können, wenn der Klub vor Ort gewesen wäre! Auch mit dem von dir angeführten aufgemotzten AR15 Einzellader dürfte es kräftig Probleme geben... Die Glücklichen, die in ner Gegend wohnen, wo die Polizeiverwaltung weniger Probleme macht und z.B. ein SL8 für die Jagd bewilligt, könnten dann an der dritten Hürde scheitern, dem

3. DN - Die haben in der Tat nur was gegen Halbautomaten militärischen Charakters für die Jagd. Wer hier aber vom Jagdaufseher erwischt wird und an die DN gemeldet wird, ist dann nicht nur seinen Halbautomaten nebst Waffenkarte los (auch wenn von Polizei bewilligt); im Falle eines Jagdunglücks mit einer nicht durch das DN zugelassenen Waffe dürfte es dann richtig heftig werden...

Schöne Grüsse,

Schwarzwälder

PS @frogsperm: Gehst du oft in Norge jagen? Oder bist du gar Norweger? Jedenfalls herzlich willkommen hier im Forum! smile.gif

Geschrieben

In Antwort auf:

Ein Beitrag, der die Sachkenntnis seines Verfassers widerspiegelt - und uns alle hier mal in einer ruhigen Minute den Gedanken eingeben sollte: Sooo schlecht ist mit unserem WaffG hier nicht zu leben!


Jepp! Noch!! Aber wie schon oft gepostet. Stichwort Salamitaktik. Das Endziel dürfte bei unseren Politikern (Brennekes lauern überall) recht ähnlich aussehen und Rot/Grünen Gutmenschen wird beim Lesen der Zeilen schon wieder der Sabber aus den Mundwinkeln tropfen rolleyes.gif

Auch bei uns waren bis in die 70er Langwaffen och frei, bis 1976 sogar noch Perkussionsrevolver. Noch vor einem Jahr durfte man Gaspistolen ohne behördliche Sondererlaubnis frei führen...

Alles passé: Inzwischen ist die Schraube wieder fester angezogen worden. Immer schön langsam und Stück für Stück; damit es nicht gleich so schmerzt und die Legalwaffenbesitzer sich mit einem "damit können wir noch leben" einlullen können. Da nützt auch der weggefallene "Anscheinswaffenparagraph" (der gleich wieder in der Verordnung zum WaffG als "Anscheins§ - Reloaded" wieder auftauchte) und die "neue gelbe" (die gerne durch willkürliche Behördenerlässe wieder ad absurdum geführt wird) nix...

Aber was reg ich mich auf... Gaaanz ruhig, Brauner, Hooohhh...! chrisgrinst.gif

  • 7 Jahre später...
Geschrieben

Hallo aus Norwegen.

Sehr gute Ausfuehrungen von Schwarzwaelder zum norwegischen Waffengesetz. Hier eine Uebersicht der derzeit zugelassenen Halbautomaten zur Jagd.

Winchester M/100

Browning BAR (med unntak av Browning BAR M/1918)

Remington Modell four

Remington modell 7400

Remington 742 Woodmaster

Ruger mini 14

Ruger mini 30

Heckler & Koch modell 2000

Marlin modell 45

Marlin modell 9 camp carabine

Valmet Petra

Valmet Hunter

Voere modell 2185

Vepr Super

Vepr Pioneer

Vepr Hunter

Benelli Argo

Sauer mod 303

Carl Gustav 2000 light/Carl Gustav 2000 Classic Vapen

Merkel SR 1

Aus den von Schwarzwaelder schon genannten Gruenden bekommt man hier deshalb nicht mal einen Garand, M1 oder G43 in den Jagdschein eingetragen. Aber dafuer darf man hier Schalldaempfer zur Jagdausuebung benutzen. Zum Erwerb muss man allerdings ein Beduerfnis nachweisen, zb. Jagd.

Mfg Arnulf

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