Am Montag, 28.11.2016 findet eine Anhörung im Innenausschuss in Berlin statt. Grund ist ein Antrag mit dem Titel "Handlungsbedarf im Waffenrecht für mehr öffentliche Sicherheit".
Interessierte Zuhörer können sich bis zum 24.11.16 beim Ausschussmit Vor- und Zunamen sowie Geburtsdatum anmelden.Die Anhörung beginnt um 14 Uhr im Paul-Löbe-Haus (Raum E 700)
Es geht um diesen Antrag:
Deutscher Bundestag Drucksache 18/9674 18. Wahlperiode 21.09.2016 Antrag der Abgeordneten Irene Mihalic, Dr. Konstantin von Notz, Luise Amtsberg, Volker Beck (Köln), Kai Gehring, Katja Keul, Renate Künast, Monika Lazar, Özcan Mutlu, Hans-Christian Ströbele und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Handlungsbedarf im Waffenrecht für mehr öffentliche Sicherheit Der Bundestag wolle beschließen: I. Der Deutsche Bundestag stellt fest: Die Verfügbarkeit scharfer Schusswaffen hat für die innere Sicherheit erheblich Bedeutung. Das haben auch die jüngsten Ereignisse wieder gezeigt. Insbesondere die Risiken des Handels und Erwerbs von Waffen sind dabei weiter offenkundig: Besorgniserregend sind die hohen Zahlen von Tötungsdelikten in Europa, die mit Schusswaffen begangen werden. Zugleich ist der Verbleib von nahezu einer halben Million Schusswaffen, die verloren gegangen sind, oder gestohlen wurden, in der Europäischen Union ungeklärt. Die Anschläge in Paris auf „Charlie Hebdo“ und am 13. November 2015 haben ebenso wie die Morde in München – just am Jahrestag der rechtsextremmotiviert, mit Feuerwaffen begangenen Anschläge von Utøya in Norwegen – erneut ein Schlaglicht auf die Notwendigkeit einer effektiven EU-weiten Kontrolle des Waffenhandels geworfen. Terrornetzwerke agieren grenzüberschreitend. Insbesondere die De- und sodann Reaktivierung von Waffen, eine fehlende einheitliche Registrierung sowie der Internethandel schaffen mangels europaweit identischer Regelungen spezifische Risiken. Das Bundeskriminalamt (BKA) konstatierte erst kürzlich, dass in Deutschland und Europa der illegale Umbau von im Ausland hergestellten so genannten Dekorations- und Salutwaffen zugenommen habe (vgl. Pressemitteilung des BKA vom 27. Juli 2016). In vielen Mitgliedstaaten der Europäischen Union (EU), einschließlich Deutschland, können Dekorations- und Salutwaffen erlaubnisfrei erworben werden. Diese nicht funktionsfähigen Schusswaffen können sodann mit vergleichsweise geringem Aufwand in letale Schusswaffen umgeändert werden. Deren Erwerb wird durch die Möglichkeiten des Internethandels begünstigt. Die reaktivierten Schusswaffen gelangen später in den illegalen Kreislauf und haben im Ausland nachweislich bei zum Teil schwersten Straftaten und terroristischen Anschlägen Verwendung gefunden. Aus einer von insgesamt drei bereits 2013 durch die Europäische Kommission in Auftrag gegebenen Studie zur Bewertung der Umsetzung der EU-Feuerwaffen-Richtlinie ergibt sich zudem, dass bestimmte halbautomatische Waffen leicht in automatische Waffen umgebaut werden können und einige bislang erlaubte halbautomatische Feuerwaffen sehr gefährlich sind, wenn sie über eine hohe Munitionskapazität verfügen. Drucksache 18/9674 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Aufgrund dieser Erkenntnisse über Gesetzeslücken, neue Phänomene und „Modi Operandi“ wird eine gesamteuropäische Anpassung durch ein am 18. November 2015 verabschiedetes Maßnahmenpaket der Europäische Kommission anvisiert: Die geltenden Rechtsvorschriften zu Feuerwaffen sollen dahingehend vereinheitlicht werden, damit der Informationsaustausch und die Rückverfolgbarkeit von Waffen verbessert, eine einheitliche Kennzeichnung sowie gemeinsame Standards für die Deaktivierung von Feuerwaffen eingeführt werden. Halbautomatische Feuerwaffen sollen sich nicht – auch nicht wenn sie endgültig deaktiviert wurden – im Besitz von Privatpersonen befinden dürfen. Die Kommission hat außerdem eine Durchführungsverordnung (EU) 2015/2403 vom 15. Dezember 2015 zur Festlegung gemeinsamer Leitlinien über Deaktivierungsstandards und -techniken verabschiedet (ABl. L 333 vom 19. Dezember 2015, S. 62-67). II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf, 1. sich insbesondere auch im Ministerrat der Europäischen Union dafür einzusetzen, dass a) Privatpersonen die Nutzung halbautomatischer Schusswaffen verboten wird, wenn diese nach objektiven Kriterien besonders gefährlich sind (Anzahl der Selbstladungen, Beschaffenheit des Laufs, Kaliber, Magazinkapazität); b) ein zentrales Register in allen EU-Mitgliedstaaten eingerichtet wird, in welchem alle essentiellen Bestandteile von Schusswaffen einschließlich Munitionsverpackungen geführt werden; diese nationalen Register müssen auf europäischer Ebene miteinander verknüpft sein und damit den Informationsaustausch zwischen Mitgliedstaaten ermöglichen; c) strenge Aufbewahrungsregeln für Schusswaffen und Munition erlassen werden, die u. a. die getrennte Lagerung der Schusswaffe und der zugehörigen Munition in Sicherheitsfächern, sowie die ständige Kontrolle durch den autorisierten Besitzer vorsehen; d) die Mitgliedstaaten ein Kontrollsystem einrichten, worüber die physische, kognitive und psychologische Eignung für den Erwerb und Besitz von Schusswaffen sichergestellt wird; e) beim Erwerb einer Schusswaffe eine Haftpflichtversicherung durch den Käufer nachgewiesen werden muss; f) Ausnahmen für den Erwerb und Besitz von Schusswaffen der Kategorie A (Verbotene Feuerwaffen) ausschließlich für Museen, nicht aber für Sammler, gelten; eventuelle Ausnahmen vom Waffenverbot unbedingt in einer abschließenden Liste mit eng umrissenen Definitionen genannt werden müssen; g) Autorisierungen für den Erwerb und Besitz von Schusswaffen alle fünf Jahre erneut werden müssen; h) eine sogenannte verpflichtende „Abkühlperiode“ von mindestens einem Monat zwischen dem Kauf und der Übergabe beziehungsweise der Auslieferung und Zustellung von Schusswaffen eingeführt wird; i) nach diesen Maßgaben eine europaweite Angleichung des Waffenrechts, das den privaten Waffenbesitz weiter begrenzt, und effektive Kontrollmechanismen, geschaffen werden; 2. die notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, die zur Anwendung der gemeinsamen Deaktivierungsstandards und -techniken entsprechend der Durchführungsverordnung (EU) 2015/2403 der Kommission vom 15. Dezember 2015 zur Festlegung Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/9674 gemeinsamer Leitlinien über Deaktivierungsstandards und -techniken, vorgesehen sind, und schnellstmöglich die in Anhang I der Verordnung zur Deaktivierung festgelegten technischen Spezifikationen zur Deaktivierung von Feuerwaffen einzuführen; 3. einen Entwurf zur Reform des Waffengesetzes vorzulegen, der a) regelmäßige qualifizierte Eignungs- und Zuverlässigkeitsprüfungen und entsprechende Kontrollen des privaten Waffen- und Munitionsbestands einschließlich deren Lagerung vorsieht; b) die besondere Missbrauchsgefahr angemessen berücksichtigt, die aus der gleichzeitigen Verfügbarkeit von schussfähigen Waffen und Munition in Privathaushalten resultiert; c) spezielle Vorschriften für die Aufbewahrung von Waffen vorsieht, die tatsächlich einen angemessenen Widerstandsgrad für Waffen- und Munitionsschränke gewährleistet, um unbefugten Zugang zu verhindern; d) die Verwendung von Großkaliberwaffen und Munition mit besonderen Schusswirkungen im Sinne einer erhöhten Durchschlagskraft oder einem gesteigerten Verletzungspotenzials durch Sportschützen verbietet; e) für Signal- und Schreckschusswaffen, die bei missbräuchlicher Anwendung erhebliche Verletzungen verursachen können, einen Erlaubnisvorbehalt (gemäß § 2 Abs. 2 des Waffengesetzes) vorsieht; f) für Erwerb und Besitz von Reizstoffwaffen die Vorlage des kleinen Waffenscheins vorsieht; 4. sich im Rahmen der Konferenz der Innenminister dafür einzusetzen, dass a) relevante Informationen der Sicherheitsbehörden, einschließlich solche der Verfassungsschutzämter, im Rahmen der Antragsprüfung hinreichend berücksichtigt werden; b) das Führen von Schießbüchern für den Nachweis der schießsportlichen Aktivitäten als Kriterium bei der Prüfung des Bedürfnisgrundes Sport vorzuschreiben und eine entsprechende regelmäßige Überprüfung des tatsächlichen Bedürfnisses zum fortbestehenden Erwerb und Besitz von erlaubnispflichtigen Schusswaffen und Munition vorzusehen; c) geprüft wird, wie der Bestand an illegalen Waffen durch geeignete polizeiliche Maßnahmen, einschließlich einer zeitlich begrenzte Amnestie wie zuletzt 2009 reduziert werden kann. Berlin, den 20. September 2016 Katrin Göring-Eckardt, Dr. Anton Hofreiter und Fraktion