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Klaas

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Statusantworten von Klaas

  1. Hallo Rooster,


    Danke für Dein Interesse an dem Thema Versorgunssicherheit und damit zusammenhängend dem Beenden des Steinkohle-Bergbaus.


    Es ist lange her, dass ich im Ruhrgebiet in eine der dortigen Gruben war. Mal ein paar Informationen betreffend Bergbau: In 100m Teufe hat man die Jahres-Durchschnittstemperatur, die lag und liegt bei etwa 10°C. Der Temperaturgradient liegt an der Ruhr aufgrund des Erdaufbaus bei etwa 1°/27m, es wird also, je weiter man nach unten kommt, ziemlich schnell ziemlich warm. Hinzu kommt eine hohe Luftfeuchtigkeit aufgrund des ständig einströmenden Wassers. Damals war ich auf der 800m-Sohle, da war es schon ungemütlich. Zuletzt war man meines Wissens deutlich tiefer als 1000m. Jetzt rechnen wir mal. (1200m-100m)/27m/1°C+10°C = 50°C (in etwa). Die Arbeiter da unten müssen tropentauglich sein, denn wenn die Kühlung ausfüllt, bekommt man nicht sofort alle aus der Grube heraus. Wenn das Warten länger als eine halbe Stunde dauert, muss man mit Toten rechnen. Mit anderen Worten, die Grenze des Machbaren war in Sicht.


    In anderen Gegenden sieht es völlig anders aus. In Goldbergbau in Johannesburg, Südafrika z.B. beträgt der Temperaturgradient aufgrund des Granits rund 1°C/104m. Damit kommt man tiefer als 4000m. Auf der tiefsten Sohle, damals 4400m, lag die Temperatur des Felsens bei 56°C, wie man mir sagte. Da solle man den Fels besser nicht anfassen. Ich kann es nicht bestätigen, ich war nur auf der 2200m-Sohle. Dort wurden die von mir projektieren Motoren der Fördermaschinen eingebaut, deren Förderkörbe von dort ganz nach unten gingen. Die Kühlaggregate über Tage hatten allerdings die Abmessungen eines kleinen Dorfes.


    Noch ein Wort zu den Finanzen der deutschen Kohle. Vor Jahren hat man mir im Heizkraftwerk Nürnberg erklärt, dass die hoch subventionierte deutsche Ruhrkohle (Siehe Google: Jahrhundertvertrag) 280 DM/t kosten würde, die australische hingegen nur 60 DM/t. Die schwefelarme australische Kohle durfte man jedoch nur bei Inversionslagen verfeuern, anstatt des - wörtlich - deutschen Drecks.


    Die Subventionen für die deutsche Steinkohle haben sich im Laufe der Jahre auf gigantische Beträge aufsummiert. Google ist Dein Freund. Wie sagte Elle Driver im Film Kill Bill so schön: "Ich liebe das Wort 'gigantisch', aber leider kann man es so selten anwenden". In diesem Fall ist es jedoch völlig angebracht.


    Lange Rede, kurzer Sinn: Die deutsche Steinkohle ist an zwei Grenzen gestoßen, an die Grenze des Machbaren und an die Grenze des Finanzierbaren. Dabei sollte man auch nicht übersehen, dass zu jenem Zeitpunkt die Braunkohle nicht subventioniert wurde und weitgehend unumstritten war.


    Um nicht mißverstanden zu werden - Versorgungssicherheit ist wichtig, wie wir in Coronazeiten gerade auf die harte Art lernen. Aber ob die Steinkohle dafür bei weiterem, ständigen auskohlen und weiterem abteufen heute wirklich noch einen  nennenswerten Beitrag hätte leisten können? Ich hatte und habe meine Zweifel.


    Klaas

     

    1. Klaas

      Klaas

      Hallo Rainer,

       

      vielleicht abschließend zu unserer kleinen Diskussion: Schau Dir mal bei Gelegenheit den Krimi "Gold" von 1974 an, mit Roger Moore. Die Aufnahmen dort unter Tage, die Bohrmaschinen und das Sprengen sind sehr realistisch, die riesigen Abraumhalden über Tage ebenfalls. Das gilt übrigens auch für das Folklore, das dort gezeigt wird und nebenbei bemerkt auch für den Alkoholverbrauch. Hab' ich als Vertriebsingenieur zu spüren bekommen.

       

      Klaas

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  2. Hallo Rooster,


    Danke für Dein Interesse an dem Thema Versorgunssicherheit und damit zusammenhängend dem Beenden des Steinkohle-Bergbaus.


    Es ist lange her, dass ich im Ruhrgebiet in eine der dortigen Gruben war. Mal ein paar Informationen betreffend Bergbau: In 100m Teufe hat man die Jahres-Durchschnittstemperatur, die lag und liegt bei etwa 10°C. Der Temperaturgradient liegt an der Ruhr aufgrund des Erdaufbaus bei etwa 1°/27m, es wird also, je weiter man nach unten kommt, ziemlich schnell ziemlich warm. Hinzu kommt eine hohe Luftfeuchtigkeit aufgrund des ständig einströmenden Wassers. Damals war ich auf der 800m-Sohle, da war es schon ungemütlich. Zuletzt war man meines Wissens deutlich tiefer als 1000m. Jetzt rechnen wir mal. (1200m-100m)/27m/1°C+10°C = 50°C (in etwa). Die Arbeiter da unten müssen tropentauglich sein, denn wenn die Kühlung ausfüllt, bekommt man nicht sofort alle aus der Grube heraus. Wenn das Warten länger als eine halbe Stunde dauert, muss man mit Toten rechnen. Mit anderen Worten, die Grenze des Machbaren war in Sicht.


    In anderen Gegenden sieht es völlig anders aus. In Goldbergbau in Johannesburg, Südafrika z.B. beträgt der Temperaturgradient aufgrund des Granits rund 1°C/104m. Damit kommt man tiefer als 4000m. Auf der tiefsten Sohle, damals 4400m, lag die Temperatur des Felsens bei 56°C, wie man mir sagte. Da solle man den Fels besser nicht anfassen. Ich kann es nicht bestätigen, ich war nur auf der 2200m-Sohle. Dort wurden die von mir projektieren Motoren der Fördermaschinen eingebaut, deren Förderkörbe von dort ganz nach unten gingen. Die Kühlaggregate über Tage hatten allerdings die Abmessungen eines kleinen Dorfes.


    Noch ein Wort zu den Finanzen der deutschen Kohle. Vor Jahren hat man mir im Heizkraftwerk Nürnberg erklärt, dass die hoch subventionierte deutsche Ruhrkohle (Siehe Google: Jahrhundertvertrag) 280 DM/t kosten würde, die australische hingegen nur 60 DM/t. Die schwefelarme australische Kohle durfte man jedoch nur bei Inversionslagen verfeuern, anstatt des - wörtlich - deutschen Drecks.


    Die Subventionen für die deutsche Steinkohle haben sich im Laufe der Jahre auf gigantische Beträge aufsummiert. Google ist Dein Freund. Wie sagte Elle Driver im Film Kill Bill so schön: "Ich liebe das Wort 'gigantisch', aber leider kann man es so selten anwenden". In diesem Fall ist es jedoch völlig angebracht.


    Lange Rede, kurzer Sinn: Die deutsche Steinkohle ist an zwei Grenzen gestoßen, an die Grenze des Machbaren und an die Grenze des Finanzierbaren. Dabei sollte man auch nicht übersehen, dass zu jenem Zeitpunkt die Braunkohle nicht subventioniert wurde und weitgehend unumstritten war.


    Um nicht mißverstanden zu werden - Versorgungssicherheit ist wichtig, wie wir in Coronazeiten gerade auf die harte Art lernen. Aber ob die Steinkohle dafür bei weiterem, ständigen auskohlen und weiterem abteufen heute wirklich noch einen  nennenswerten Beitrag hätte leisten können? Ich hatte und habe meine Zweifel.


    Klaas

     

    1. Klaas

      Klaas

      Hallo Rainer,

       

      danke für das Update zum Thema Bergbau. Sehr spannend. Da kommen Erinnerungen hoch.

       

      Zwei Bilder aus jener Zeit aus Südafrikas Goldbergbau als Anlage, falls es Dich interessiert. Die E-Anlage hatte ich projektiert, 2x 6,6 MW je  Seiltrommel, davon zwei Anlagen parallel im Schacht, die unter Tage in 2200m Teufe eingebaut wurden. Von dort ging es noch einmal 2200m nach unten. Die Bilder zeigen die Halle in der Zeit der Montage. Eine Anlage ist eingebaut, die zweite wird vorbereitet. Für jede Anlage auf der Galerie 12m Schränke für die Leistungsthyristoren. Und ein halbes Jahr später muss ich mir in DE eine Dampfmaschine ansehen. Das war schon krass.

       

      Bleibt gesund und trotz aller Sperren, ein schönes Osterfest

      Klaus Petrat (Klaas)
      Nürnberg

      022 053 Kloof.jpg

      022 054 Kloof.jpg

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  3. Hallo Rooster,


    Danke für Dein Interesse an dem Thema Versorgunssicherheit und damit zusammenhängend dem Beenden des Steinkohle-Bergbaus.


    Es ist lange her, dass ich im Ruhrgebiet in eine der dortigen Gruben war. Mal ein paar Informationen betreffend Bergbau: In 100m Teufe hat man die Jahres-Durchschnittstemperatur, die lag und liegt bei etwa 10°C. Der Temperaturgradient liegt an der Ruhr aufgrund des Erdaufbaus bei etwa 1°/27m, es wird also, je weiter man nach unten kommt, ziemlich schnell ziemlich warm. Hinzu kommt eine hohe Luftfeuchtigkeit aufgrund des ständig einströmenden Wassers. Damals war ich auf der 800m-Sohle, da war es schon ungemütlich. Zuletzt war man meines Wissens deutlich tiefer als 1000m. Jetzt rechnen wir mal. (1200m-100m)/27m/1°C+10°C = 50°C (in etwa). Die Arbeiter da unten müssen tropentauglich sein, denn wenn die Kühlung ausfüllt, bekommt man nicht sofort alle aus der Grube heraus. Wenn das Warten länger als eine halbe Stunde dauert, muss man mit Toten rechnen. Mit anderen Worten, die Grenze des Machbaren war in Sicht.


    In anderen Gegenden sieht es völlig anders aus. In Goldbergbau in Johannesburg, Südafrika z.B. beträgt der Temperaturgradient aufgrund des Granits rund 1°C/104m. Damit kommt man tiefer als 4000m. Auf der tiefsten Sohle, damals 4400m, lag die Temperatur des Felsens bei 56°C, wie man mir sagte. Da solle man den Fels besser nicht anfassen. Ich kann es nicht bestätigen, ich war nur auf der 2200m-Sohle. Dort wurden die von mir projektieren Motoren der Fördermaschinen eingebaut, deren Förderkörbe von dort ganz nach unten gingen. Die Kühlaggregate über Tage hatten allerdings die Abmessungen eines kleinen Dorfes.


    Noch ein Wort zu den Finanzen der deutschen Kohle. Vor Jahren hat man mir im Heizkraftwerk Nürnberg erklärt, dass die hoch subventionierte deutsche Ruhrkohle (Siehe Google: Jahrhundertvertrag) 280 DM/t kosten würde, die australische hingegen nur 60 DM/t. Die schwefelarme australische Kohle durfte man jedoch nur bei Inversionslagen verfeuern, anstatt des - wörtlich - deutschen Drecks.


    Die Subventionen für die deutsche Steinkohle haben sich im Laufe der Jahre auf gigantische Beträge aufsummiert. Google ist Dein Freund. Wie sagte Elle Driver im Film Kill Bill so schön: "Ich liebe das Wort 'gigantisch', aber leider kann man es so selten anwenden". In diesem Fall ist es jedoch völlig angebracht.


    Lange Rede, kurzer Sinn: Die deutsche Steinkohle ist an zwei Grenzen gestoßen, an die Grenze des Machbaren und an die Grenze des Finanzierbaren. Dabei sollte man auch nicht übersehen, dass zu jenem Zeitpunkt die Braunkohle nicht subventioniert wurde und weitgehend unumstritten war.


    Um nicht mißverstanden zu werden - Versorgungssicherheit ist wichtig, wie wir in Coronazeiten gerade auf die harte Art lernen. Aber ob die Steinkohle dafür bei weiterem, ständigen auskohlen und weiterem abteufen heute wirklich noch einen  nennenswerten Beitrag hätte leisten können? Ich hatte und habe meine Zweifel.


    Klaas

     

    1. Klaas

      Klaas

      Hallo Rainer,

       

      vielen Dank für Deine ausführliche Antwort. Möglicherweise hätte ich bezüglich meiner Antwort ein Datum hinzufügen sollen. 1973 hatte ich es u.A. mit Haniel zu tun. Mag sein, dass sie schon zur RAG gehörten, aber genaueres weiß ich nicht, es hat mich damals auch nicht interessiert. Ich erinnere mich jedenfalls an die Probleme, die damals schon diskutiert wurden, wenn man z.B. mit dem Obersteiger nach der Grubenfahrt in der Kaue oder später im Wirtshaus noch ins Gespräch kam. Ich erinnere mich auch an die teilweise Rückständigkeit einzelner Zechen. In einer dieser Gruben wurde die Förderanlage tatsächlich noch mit Dampfmaschinen betrieben, Baujahr 1904. Und da waren die auch noch stolz drauf.

       

      Was Temperaturen unter Tage und Machbarkeit betrifft - danke für die Informationen. Aus meiner damaligen Sicht als E-Ingenieur waren Temperaturen nicht gerade ein Problem, aber wenn man eine Förderanlage 500m unter Tage einbaut, muss es bei der Auslegung berücksichtigt werden. Ein schlagwetter-geschützter Drehstrom-Motor als Antrieb mit fast mannhohem Salzwasserwiderstand zur Drehzahlregelung. Der Antrieb muss ja aus Gründen der Sicherheit funktionieren, auch wenn die gesamte Belüftung der Grube ausfällt und die Temperaturen der Umgebung wirksam werden. Die Leute müssen trotzdem notfalls heraus geholt werden. Damals kam das Thema Temperatur ausführlich zur Sprache und bei den Verantwortlichen der Zeche war deutlich die Skepsis zu spüren, was das tiefer gehen betraf.

       

      Mag sein, dass es damals bereits Untersuchungen und Planungen für die weitere, tiefere Erschließung und deren Konsequenzen gab, aber zu jenem Zeitpunkt wussten offenbar Obersteiger und E-Steiger nichts davon. Aus Deinen Ausführungen entnehme ich jedenfalls, dass ich in dieser Sache nicht mehr auf dem neuesten Stand bin. Wen überrascht es, wenn ich schon so lange aus dem Bergbau-Geschäft bin.

       

      Bleib gesund.

       

      Klaus Petrat (Klaas)

      Nürnberg

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