Liebe Hobby- und Berufsjuristen,
es ist richtig, dass man vor dem Hintergrund von unterbeschäftigten Anwälten, die auf der Suche nach Abmahn-Opfern sind, eine gewisse Vorsicht walten lassen sollte. Wenn man nur über die generelle Rechtslage spricht, wie von Vorrednern empfohlen, ist man auf der sicheren Seite.
Tatsache ist aber, dass es bisher kaum relevante Urteile zur Abgrenzung zwischen erlaubten und unerlaubten Äußerungen zu juristischen Themen in Internetforen gibt. "Richtige" Juristen können ja gerne mal bei Beck Online & Co. nachschauen.
Das zitierte Urteil aus Berlin ist für die Abgrenzung wenig hilfreich. Die in dem zitierten Forenbeitrag geäußerte Meinung teile ich zumindest nicht. Bei Verbotsnormen dürfte die grammatische und systematische Auslegung der historischen Auslegung vorzuziehen sein. Im Übrigen kann der entsprechenden Drucksache nicht entnommen werden, dass der Gesetzgeber den Austausch zu juristischen Themen in Internetforen begrenzen wollte. Dass § 2 Abs. 3 Nr. 5 RDG nicht einschlägig sein soll, weil die "Darstellung von Rechtsfragen in den Medien nicht mehr an die Allgemeinheit gerichtet sei, wenn ein konkreter Fall besprochen wird", vermag nicht zu überzeugen. Die Medieneigenschaft von Foren und Blogs neben Zeitungen und Rundfunk dürfte im Jahr 2015 unstreitig sein. In den Medien werden ständig konkrete Fälle besprochen. Ich darf zum Beispiel an die aktuellen Themen Zahlung des DFB an die Fifa, Einreise von unregistrierten Flüchtlingen über andere EU-Staaten oder möglicherweise strafwürdige Äußerungen der Pegida erinnern. Hier werden alltäglich juristische Details und Auslegungsfragen im konkreten Einzelfall erörtert. Dabei ist entweder beabsichtigt oder aber unvermeidbar, dass sich "die Beantwortung der Frage in diesem Moment (auch) an den im Fall konkret besprochenen Fragesteller richtet". Schließlich verfolgen die betroffenen in Rede stehenden Personen die Medienberichterstattung bzw. tauschen sich in Interviews und Talkshows mit anderen Personen über den konkreten Fall in allen Einzelheiten aus. Dabei werden auch von den Betroffenen Fragen gestellt, die von anderen Personen beantwortet werden. Diese Medienerzeugnisse können sich in gleicher Weise wie dieses Forum auf die Meinungs- und Pressefreiheit beziehen.
Die in dem zitierten Forenbeitrag skizzierte Position ist daher ungeeignet, eine zuverlässige Abgrenzung zu ermöglichen. Es kommt meines Erachtens darauf an, ob der Schwerpunkt des Forenbeitrags auf den Meinungs- und Informationsaustausch gerichtet ist oder den Charakter einer Rechtsberatung im Sinne der Tätigkeit der rechtsberatenden Berufe aufweist. Beispiel: Wenn ein Teilnehmer fragt, ob er das vor 4,5 Jahren neu errichtete und jetzt undichte Dach seines Hauses noch erfolgreich reklamieren kann, ergeben sich zwei Möglichkeiten. 1. Der antwortende Teilnehmer erläutert die Gewährleistungsfristen nach BGB und VOB und geht auf Bauvertrag und Abnahme ein. Dies wäre meines Erachtens ein zulässiger Diskussionsbeitrag. 2. Der antwortende Teilnehmer gibt dem Fragesteller Handlungsempfehlungen, wie vorzugehen ist, entwirft das Muster eines Antrags auf ein selbstständiges Beweisverfahren und äußert sich zu den Erfolgsaussichten. Dies wäre meines Erachtens in der Tat ein Verstoß gegen das RDG.