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DSU - Offener Brief an MR Brenneke


SC

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Quelle: DSU -> PDF-File

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Weißenthurm, 20.11.02

Offener Brief

Bundesministerium des Inneren

z.Hd.Herrn Brenneke

Bundeshaus Berlin

Bundesallee 216

10719 Berlin

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Sehr geehrter Herr Brenneke,

wir vertreten als Deutsche Schießsport Union e.V. mit 6.950 Mitgliedern insbesondere auch die Interessen der Großkalibersportschützen. Wir nehmen Bezug auf Ihr Schreiben an die Sportreferenten der Länder vom 4. November 2002. Ihren Gedanken zu möglichen Inhalten der §§ 7 bis 9 der neuen Waffenverordnung treten wir energisch entgegen:

1. Der Ausschluss von Dienst- und Gebrauchswaffen vom sportlichen Schießen ist von der Ermächtigung in § 15 Abs. 7 Satz 2 Nr. 1 WaffG n.F. nicht gedeckt:

- Die Ermächtigungsnorm nennt als Zweck die Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung. Von Dienst- und Gebrauchswaffen gehen beim sportlichen Schießen jedoch keine höheren Gefahren aus als von Sportwaffen. Ein Ausschluss von Dienst- und Gebrauchswaffen vom sportlichen Schießen würde den Zweck der Ermächtigung folglich verfehlen.

- Die Ermächtigungsnorm verpflichtet außerdem dazu, die berechtigten Interessen des Schießsports zu berücksichtigen. Dienst- und Gebrauchswaffen eignen sich wegen ihrer hohen Funktionssicherheit gerade für Anfänger. ihres geringeren Kaufpreises sind Dienst- und Gebrauchswaffen nicht nur für Anfänger, sondern allgemein für die weniger gutbetuchten Sportschützen. Dies sind schwerwiegende Interessen des Schießsports. Ein Ausschluss von Dienst- und Gebrauchswaffen würde folglich die Schranken der Ermächtigung überschreiten.

- Die Ermächtigungsnorm erlaubt den Ausschluss von bestimmten Schusswaffen nur wegen ihrer Konstruktion, ihrer Handhabung oder Wirkungsweise. Das ergibt sich daraus, dass das Wort "insbesondere" nicht hinter, sondern vor dem Wort "Schusswaffen" steht. Dienst- und Gebrauchswaffen unterscheiden sich von speziellen Sportwaffen im wesentlichen nur hinsichtlich der Fertigungs- und Einstellungspräzision sowie in der Gängigkeit der beweglichen Waffenteile. Mit Konstruktion, Handhabung oder Wirkungsweise hat dies jedoch nichts zu tun. Ein Ausschluss von Dienst- und Gebrauchswaffen würde folglich auch den Inhalt der Ermächtigung überschreiten.

2. Der Ausschluss von Schießdisziplinen wie Western- und IPSC-Schießen vom sportlichen Schießen ist von der Ermächtigung in § 15 Abs. 7 Satz 2 Nr. 1 WaffG n.F. nicht gedeckt:

- Die Ermächtigungsnorm nennt als Zweck die Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung. Von Schießdisziplinen wie Western- und IPSC-Schießen gehen beim sportlichen Schießen

- (nur das ist Bezugspunkt!) jedoch keine höheren Gefahren aus als beim (rein) statischen Schießen. Schießen aus der Bewegung ist wie Kampfschießen im allgemeinen schon vom Gesetz verboten. Ein Ausschluss von Schießdisziplinen wie Western- und IPSC-Schießen vom sportlichen Schießen ist von der Ermächtigung also nicht gedeckt.

- Was Sport ist, entscheidet in erster Linie der Sportler selbst. Das ist von seiner allgemeinen Handlungsfreiheit und seinem Persönlichkeitsrecht geschützt. Der Sportverbänden und ihren Sportordnungen kommt schon wegen ihrer demokratischen Verfassung insoweit nur die Aufgabe zu, nach den Wünschen der Mitglieder die Ausübung von Sport messbar und vergleichbar zu machen. Auch Schießdisziplinen wie Western- und IPSC-Schießen gehören längst zum sportlichen Schießen. Insoweit haben nach demokratischen Grundsätzen durchgeführte Mitgliederversammlungen in den Schießsportverbänden in deren Schießsportordnungen bereits festgelegt, dass eine Mehrheit der Mitglieder diese Schießdisziplinen nicht nur als Sport ansehen, sondern auch als einen solchen, der wettkampfmäßig ausgeübt wird. Sich über diese demokratisch legitimierte Festlegung des Inhalts von Grundrechten in den Vereinen hinwegzusetzen, gibt die Ermächtigungsnorm jedoch nicht her.

3. Der Ausschluss von Großkaliberwaffen, nicht-olympischen Schießdisziplinen, Long-Range-Waffen, Halbladeautomaten und bestimmtem Waffenzubehör vom sportlichen Schießen ist von der Ermächtigungsnorm ebenfalls nicht gedeckt. Sie erlaubt den Ausschluss von bestimmten Schusswaffen nur wegen ihrer Konstruktion, ihrer Handhabung oder Wirkungsweise.

Das Kaliber einer Waffe hat jedoch mit Konstruktion, Handhabung oder Wirkungsweise nichts zu tun. Ein Ausschluss von Großkaliberwaffen würde folglich den Inhalt der Ermächtigung überschreiten. Noch weniger mit Konstruktion, Handhabung oder Wirkungsweise von Waffen hat die Unterscheidung nach olympischen und nicht-olympischen Schießdisziplinen zu tun. Die Frage, ob Long-Range-Waffen, Halbautomaten und bestimmtes Waffenzubehör Bestandteile des sportlichen Schießens sind (oder sein können), ist im übrigen keine Frage der Gebotenheit, und hängt auch nicht von Erwägungen des Leistungs- oder Breitensports ab. Das zu entscheiden, obliegt nicht dem BVA, sondern allein den Sportschützen in den Schießsportvereinen und -verbänden.

Bei der Diskussion um eine Kaliberbegrenzung drängt sich ohnehin der Eindruck auf, dass künftig zwischen dem "weißen" Schießsport (mit überwiegend olympischen Disziplinen) und dem schmutzigen Schießsport mit Großkaliberwaffen oder Waffenzubehör unterschieden werden soll. Es soll mit anderen Worten also Schießsporthygiene betrieben werden. Dass dies von der Ermächtigungsnorm nicht gedeckt ist, und einen tiefen Eingriff in die grundrechtlichen Freiheiten der Sportschützen darstellt, bedarf keiner tiefergehenden Begründung. Gleiches gilt für Entfernungsgrenzen.

Die §§ 7 bis 9 der neuen Waffenverordnung sollten statt dessen das regeln, was eigentliches Anliegen der Ermächtigung in § 15 Abs. 7 Satz 2 Nr. 1 WaffG n.F. ist: Regelungen über die Anforderungen und die Inhalte von Sportordnungen zum Zwecke der Sicherheit und Ordnung des sportlichen Schießens. Eine über die Gefahrenabwehr beim sportlichen Schießen hinaus gehende Ermächtigung, bestimmte Schießdisziplinen sozusagen zu ächten oder unattraktiv zu machen, gibt es nicht. Sie hätte - wie das Verbot des Kampfschießens oder des Schießens mit Kriegswaffen - ohnehin im Waffengesetz selbst geregelt werden müssen.

Mit freundlichen Grüßen

Für das Präsidium

Hermann Thieme -Präsident-

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