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IGNORED

Trip To Front Sight, Tag 2


Gast

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2. Tag: “The range is hot”

Um 8.00 Uhr treffen wir uns auf range 7. Heute geht es rund. Zunächst wird das Gelernte rekapituliert und geübt. Dann erfolgt die Einführung in die richtige weapon presentation (der Ausdruck „ziehen“ sollte Westernfilmen vorbehalten bleiben) und Holstern der Waffe. Der Schiessbetrieb läuft in 2 Schichten ab. Eine Gruppe von 15 students ist auf der range und übt unter Aufsicht der instructors, die andere Hälfte lädt Magazine oder ist mit Re-Hydrieren, sprich Trinken, beschäftigt. Ende Mai ist es täglich bis zu 100 Grad F. heiß. Spätestens jetzt wird mir klar, dass die Vorsichtsmaßnahmen erforderlich waren.

Den ganzen Vormittag wird ausgiebig von 3 bis 25 m Entfernung geschossen. Die Ziele wurden der menschlichen Anatomie angepasst und bestehen aus einer ovalen Zone im Kopfbereich etwa vom Oberrand der Augenbrauen bis Unterrand der Nase und beidseits von den äußeren Augenwinkeln begrenzt. Eine weitere Zone umfasst den Brustkorbbereich, dessen Größe angeblich aus 3000 Röntgenbilder ermittelt und gemittelt wurde. Ein Treffer in eine der beiden Zonen gibt 5 Punkte, in die Peripherie 2 Punkte, bei Verfehlen sind natürlich 0 Zähler fällig.

Gegen Ende des Vormittages gehen wir zu einer hot range über, was nichts anderes bedeutet, als dass wir von nun an bis zum Ende des Kurses nur mit Ausnahme der dry practice drills fertiggeladene Waffen holstern.

Ich muss ausdrücklich betonen, dass ich in allen 4 Tagen keinen einzigen Verstoß gegen die üblichen Sicherheitsregeln festgestellt habe. Natürlich müssen die instructors gelegentlich einschreiten, etwa wenn eine Waffe falsch geholstert wird (wir sollen von Anfang an das Ziel beim Holstern der Waffe nicht aus den Augen lassen). Eine gefährliche Situation für den Schützen oder Beistehende ist jedoch niemals entstanden.

Als weitere Neuerung erklärt uns John Woo, dass von jetzt ab alle fallengelassene Ausrüstung wie Magazine und Speedloader auf der range bis zum nächsten Durchgang liegen bleiben und dann eben nicht mehr zur Verfügung stehen. Das fördert ungemein die Disziplin. Nach dem Ende einer firing session bis zum Beginn der nächsten wird weder die Waffe aus dem Holster genommen, noch das in ihr befindliche Magazin geladen. Wer einen tactical reload vergisst, steht eben zu Beginn der nächsten Runde mit einer halbleeren Waffe auf der range. Jeder muss ab jetzt darauf achten, genügend Munition bei sich zu tragen. Ein Zurückgehen zur range bag um aufzumunitionieren gibt es nur noch in den Pausen. Dies alles dient zur Entwicklung eines combat mind set, den wir uns frühzeitig angewöhnen sollen.

Die Mittagslecture behandelt das hochinteressante Thema Stopping Power.

Um die Essenz in 3 Sätzen zusammenzufassen: Um einen Gegner zu stoppen ist die Zerstörung großer Gefäße oder bestimmter Nervengewebe erforderlich, was beides eine gewisse Penetration des Geschosses voraussetzt. Je größer der Geschossdurchmesser, desto größer der primäre Wundkanal, je eher das Geschoss stoppt, desto schlechter die Penetration. Aus diesen und weiteren Gründen führt Piazza wie einige F.S. instructors seine Glock in 40 S&W mit truncated cone FMJ Geschossen, obwohl er auf die ganze Bandbreite der in USA erhältlichem Munition von Remington Golden Saber bis Glaser Safety Slugs zurückgreifen kann. Eine Ansicht, die ebenfalls mit meiner völlig übereinstimmt und vielleicht diejenigen tröstet, welche immer noch Hohlspitzgeschossen nachweinen. Damit ist natürlich nicht gesagt, dass hollow points nichts taugen. Was mir sehr gut gefällt ist, dass Piazza sich nicht wie ein Prediger im Besitz der alleinigen Wahrheit wähnt. Er erklärt uns seinen Blickwinkel, begründet ihn und betont immer wieder, dass wir unsere eigenen Schlüsse ziehen und das für uns geeignete Geschoss finden sollten. Ich persönlich fühle mich jedenfalls hier in Deutschland mit 230gr FMJ in meiner 45. sehr gut bewaffnet.

Nachmittags wieder auf der Schiessbahn üben wir ausgiebig malfunction clearing, und zwar so lange bis die Finger bluten. Zum Glück habe ich im sehr gut sortierten Pro Shop einen HKS Magazinlader erstanden, um wenigstens leichter und schneller laden zu können. Als Zugabe erfolgt eine Einführung in das verdeckte Tragen der Waffe und die Presentation derselben mit Jacke oder Weste bekleidet. Gegen Ende des 2. Tages haben wir alle deutliche Fortschritte erzielt. Der Ablauf des malfunction clearing bei type 1,2, und 3 malfunction ist klar, tactical und emergency reload funktionieren immer besser und auch meine Schiessergebnisse mit der Glock 17 lassen sich durchaus sehen.

In den Pausen komme ich auch mit den anderen Kursteilnehmern ins Gespräch. Es handelt sich ausschließlich um „Durchschnittsamerikaner“. Der jüngste student ist der 11 jährige Sohn eines der rangemaster und durchläuft bereits seinen 4. Kurs. Er möchte der jüngste F.S. instructor werden. Meiner Meinung nach sind 11 Jahre für einen derartigen Kurs doch etwas zu jung und die instructors scheinen meine Bedenken zu teilen. Jedenfalls haben sie ein scharfes Auge auf den Jungen. Weiterhin sind in meiner Gruppe 2 gun dealer aus Salt Lake City, mit denen ich mich anfreunde, 2 Polizisten von Las Vegas Metro, ein SWAT officer aus Austin/TX und ansonsten Geschäftsleute, Studenten und mehrere Ehepaare in durchaus fortgeschrittenem Alter. Der Anteil Männer zu Frauen liegt meiner Schätzung nach bei ca. 80 zu 20 %. Ultrarechte Milizionäre oder verrückte Waffenfreaks wird man bei F.S. nicht finden. Die meisten Teilnehmer sind im Besitz einer concealed carry permit und wollen ihre Waffe besser beherrschen lernen – glückliches freies Amerika!

Die Abendlektion behandelt den Einsatz von tactical shotgun und tactical rifle zur Heimverteidigung. Es wird ausführlich von einem police shotgun instructor erläutert, welches Zubehör sinnvoll ist und wie die Flinte zum Einsatz kommt Übrigens sollte selbstverständlich im Rahmen der Heimverteidigung der Waffe mit der höchsten firepower der Vorzug gegeben werden. Die Faustfeuerwaffe ist nichts anderes als ein emergency response tool und wird ausschliesslich aus 2 Gründen getragen: sie ist leicht und gut zu verstecken.

Die Trefferquote der US Polizei liegt bei 17%. Von 100 auf Personen abgegebenen Schüssen treffen lediglich 17 das Ziel! Wieviele dieser 17 Treffer auch one stop hits sind, kann man sich leicht ausmalen.

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