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IGNORED

Auszug Protokoll der Sitzung v. 23.04.09


Knieper

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Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt:

Damit schließe ich die Aussprache.

Interfraktionell ist Überweisung des Gesetzentwurfes auf Drucksache 16/12429 an die in der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen. – Dazu gibt es offenbar keine weiteren Vorschläge. Dann ist die Überweisung so beschlossen.

Ich rufe jetzt die Tagesordnungspunkte 13 a und 13 b sowie Zusatzpunkt 8 auf:

13 a) Beratung des Antrags der Abgeordneten Silke Stokar von Neuforn, Volker Beck (Köln), Monika Lazar, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Abrüstung in Privatwohnungen – Maßnahmen gegen Waffenmissbrauch

– Drucksache 16/12477 –

Überweisungsvorschlag:

Innenausschuss (f)

Sportausschuss

Rechtsausschuss

Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz

Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend

B) Beratung des Antrags der Abgeordneten Wolfgang Nešković, Ulla Jelpke, Ulrich Maurer, Bodo Ramelow und der Fraktion DIE LINKE

Keine Schusswaffen in Privathaushalten – Änderung des Waffenrechts

– Drucksache 16/12395 –

Überweisungsvorschlag:

Innenausschuss (f)

Sportausschuss

Rechtsausschuss

Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz

Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend

ZP 8 Erste Beratung des von den Abgeordneten Hartfrid Wolff (Rems-Murr), Dr. Max Stadler, Gisela Piltz, weiteren Abgeordneten und der Fraktion der FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Waffengesetzes

– Drucksache 16/12663 –

Überweisungsvorschlag:

Innenausschuss (f)

Sportausschuss

Rechtsausschuss

Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz

Nach einer interfraktionellen Verabredung ist für die Aussprache eine halbe Stunde vorgesehen, wobei die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen fünf Minuten erhalten soll. – Dazu höre ich keinen Widerspruch. Dann ist so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache und erteile das Wort der Kollegin Silke Stokar von Neuforn für Bündnis 90/Die Grünen.

Silke Stokar von Neuforn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Meine Fraktion hat sich entschieden, einen inhaltlich umfassenden Antrag zur Verschärfung des Waffenrechts in den Bundestag einzubringen.

Ich weiß sehr wohl, dass wir auch aufgrund der Beratungen der AG der Innenministerkonferenz wenig Chancen haben, dass der Bundestag in dieser Legislaturperiode tatsächlich noch handeln wird. Ich möchte aber deutlich machen, dass wir uns mit ein paar Placebos – Amnestie für illegale Waffen oder irgendwelchen biometrischen Schlössern – nicht zufriedengeben werden.

Ich habe den Eindruck, dass die Botschaft aus der Zivilgesellschaft nach dem schrecklichen Amoklauf von Winnenden bei Ihnen überhaupt nicht angekommen ist. Wir befinden uns heute in einer anderen Situation. Es sind nicht mehr die Waffenlobbyisten, die diese Debatte beherrschen, sondern es sind die Schülerinnen und Schüler, Eltern, Lehrerinnen und Lehrer vor Ort – nicht nur in Baden-Württemberg, sondern überall –, die sich melden und deutlich sagen: Wir sind nicht mehr bereit, mit dem Risiko von großkalibrigen Waffen zu leben, die einige Menschen noch immer als Sportwaffen bezeichnen und in ihren Privatwohnungen aufbewahren.

Das ist der Kern der Debatte. Die Mehrheit der Gesellschaft will nicht mehr, dass jeder Mensch durch die Mitgliedschaft in einem oder mehreren Sportschützenvereinen die Möglichkeit hat, sich zu Hause ein Waffen-arsenal mit unbeschränkter tödlicher Munition anzulegen. Meine Damen und Herren, dies ist nicht kontrollierbar. Sie werden nicht in der Lage sein, 1,6 Millionen private Waffenbesitzer zu Hause zu kontrollieren.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Unsere Antwort auf diese Situation ist: Wir brauchen ein radikales Umdenken beim Thema Waffengesetz. Wir wollen in einer Gesellschaft leben, in der der Grundsatz gilt: keine Waffen im öffentlichen Raum, keine Waffen in privaten Wohnungen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir haben heute Girls’ Day. Das Problem der Bewaffnung der Bevölkerung mit gefährlichen Schusswaffen ist ein Männerproblem in unserer Gesellschaft.

(Ingbert Liebing [CDU/CSU]: Das mit dem Girls’ Day in Verbindung zu bringen, ist Quatsch!)

Ich habe in den letzten Tagen und Wochen Gespräche mit einigen Sportschützinnen geführt. Ich fand diese Gespräche sehr interessant; denn auch ich bin der Auffassung, dass Schießsportvereine weiterhin eine Existenzberechtigung in unserer Gesellschaft haben. Ich habe bei diesen Gesprächen vor Ort nicht mit den Funktionären der Schießsportverbände gesprochen; denn mit denen kann man in dieser Frage nicht reden.

Wenn man vor Ort ist, stellt sich die Situation anders dar. Eine Sportschützin hat zu mir gesagt: Überhaupt kein Problem, ich brauche keine scharfe Waffe. Für mich ist Sportschießen Präzisionssport. Für mich heißt das: Konzentration und Präzision. Das geht auch mit einer Laserwaffe. – Das ist kein Unsinn.

(Zuruf von der CDU/CSU: Keine Ahnung!)

In der olympischen Disziplin des Fünfkampfs hat man aus Sicherheitsgründen längst die Entscheidung getroffen, die scharfen Waffen nicht mehr als Sportwaffen zuzulassen. Wir brauchen an dieser Stelle eine völlig andere Diskussion.

Lassen Sie mich einen weiteren Punkt ansprechen. In meiner Fraktion bin ich auch für den Datenschutz zuständig. Ich habe überhaupt kein Verständnis für die buchstäbliche Hemmung der Innenminister, die doch sonst scharf darauf sind, jeden Bürger und jede Bürgerin in Hunderten von Dateien zu erfassen. Es gibt nicht ein einziges vernünftiges Argument dafür, warum es in Deutschland im Gegensatz zu vielen anderen Ländern in Europa nach wie vor nicht möglich ist, dass Waffenbesitzer erfasst werden, dass wir erfassen, welche Waffen in privaten Wohnungen legal vorhanden sind und dass wir die Berechtigung des Waffenbesitzes überprüfen. Das sind Kontrolldefizite in unserer Gesellschaft, die nicht länger hinzunehmen sind.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Abschließend stelle ich fest: Mir reicht die Handlungsunfähigkeit der Innenpolitiker. Wir werden alle Initiativen, die sich derzeit bilden, ob das Onlinepetitionen, Unterschriftensammlungen oder sogar die Vorbereitung von Volksentscheiden sind, fördern und unterstützen, weil das Ziel eine Entwaffnung in der Bevölkerung sein muss. Wir wollen, dass das Gewaltmonopol des Staates wieder zum Tragen kommt. Wir wollen eine öffentliche Sicherheit, die dadurch gewährleistet wird, dass wir die Überbewaffnung in Privatwohnungen abbauen.

Über nichts anderes werden wir mit Ihnen diskutieren. Wir werden uns nicht länger auf diese Scheindebatten einlassen. Wenn das Parlament nicht in der Lage ist, zu handeln, dann werden wir diese Frage durch öffentliche Unterschriftensammlung klären.

Danke schön.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt:

Reinhard Grindel hat jetzt das Wort für CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Reinhard Grindel (CDU/CSU):

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Unmittelbar nach dem unfassbaren Amoklauf von Winnenden haben wir im Deutschen Bundestag im Rahmen einer Aktuellen Stunde eine, wie ich finde, sehr gute Debatte geführt, die von Nachdenklichkeit und nicht von reflexartigen Scheinlösungen geprägt war. Wir waren uns alle einig, dass es bei der Reaktion auf diesen Amoklauf um eine neue Kultur des Hinsehens, des Kümmerns und der Zuwendung, des Bemerkens von Hass und Verzweiflung gehen muss und nicht nur um eine Verschärfung des Waffenrechts.

(Silke Stokar von Neuforn [bÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber auch!)

An diesem Befund hat sich bis zum heutigen Tage nichts geändert.

(Silke Stokar von Neuforn [bÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das haben wir nach Erfurt auch schon ertragen müssen!)

Natürlich hat die fahrlässige Aufbewahrung einer Waffe den Amoklauf in Winnenden begünstigt. Aber die eigentliche Frage bleibt doch: Was macht in unserer Gesellschaft aus relativ unauffälligen 16-jährigen Jugendlichen Amokläufer, die sich mit unglaublicher Kaltblütigkeit Mitschüler vorknöpfen und erschießen?

(Helmut Brandt [CDU/CSU]: Das ist die zentrale Frage!)

Was ist da passiert, wenn in Eislingen ein Jugendlicher, den alle als unauffällig schildern und der einen guten Eindruck gemacht hat, zunächst mit einer unglaublichen Grausamkeit seine beiden Schwestern und Stunden später seine Eltern erschießt? Sachverständige sagen uns in diesen Tagen, dass solche Taten in aller Regel in einer Vorbereitungszeit von drei bis sechs Monaten reifen und dass der Täter dann aber auch entschlossen ist, zu handeln. Sinnvolle Verbesserungen des Waffenrechts können solche Taten vielleicht erschweren, aber wer, Frau Kollegin Stokar, will ernsthaft behaupten, dass wir sie durch gesetzgeberische Maßnahmen allein verhindern könnten.

(Silke Stokar von Neuforn [bÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das behauptet niemand! – Wolfgang Wieland [bÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das hat sie doch nicht gesagt!)

Insofern ist das, was Sie heute gesagt haben, dem Problem, um das es hier geht, unangemessen. Sie haben die Tiefe des Problems überhaupt nicht erfasst.

(Beifall bei der CDU/CSU – Silke Stokar von Neuforn [bÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir haben die Verantwortung, die Risiken zu minimieren!)

Ich will gar nicht auf die Flut illegaler Waffen verweisen, die ohnehin dazu führt, dass es hundertprozentig wirksame Lösungen gar nicht geben kann. Ich will aber darauf verweisen, dass bei der grausamen Tat in Eislingen die Waffen aus dem Stahlschrank des örtlichen Schützenvereins entwendet wurden. So weit zu denjenigen, die sich für eine zentrale Lagerung von Waffen eingesetzt haben. Die Tat wurde mit Kleinkaliberwaffen verübt. Es ist also nur eine scheinbare Sicherheit, wenn man Großkaliberschießen generell verbieten würde.

(Zuruf von der CDU/CSU: Allerdings!)

Trotzdem ist es richtig, eine substanzielle Verbesserung des Waffenrechts zu untersuchen, wie das jetzt in einer Bund-Länder-Arbeitsgruppe geschieht, die nach meinem Kenntnisstand auch noch keine Ergebnisse vorgelegt hat, weshalb mir manche Pressemeldung heute übereilt erscheint.

(Dr. Dieter Wiefelspütz [sPD]: Herr Grindel, wir haben eine eigene Verantwortung!)

Nicht zuletzt sind wir den Angehörigen der Opfer von Winnenden eine Überprüfung des Waffenrechts schuldig,

(Dr. Dieter Wiefelspütz [sPD]: Das ist

richtig!)

die sich in zwei bemerkenswerten Briefen an uns gewandt haben. Sie haben einen Anspruch darauf, dass die Politik alles in ihrer Kraft Stehende für eine wirkliche Verbesserung des Waffenrechts tut und ihnen eine angemessene Antwort gibt.

(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP)

Unsere Überlegungen, die wir dabei anstellen, müssen allerdings tatangemessen sein. Ich unterstütze die vom baden-württembergischen Innenminister Heribert Rech und anderen vorgeschlagene Amnestie für illegale Waffenbesitzer. Dabei ist der Einwand, eine vergleichbare Aktion nach dem Amoklauf von Erfurt habe keinen großen Erfolg gehabt, für mich nicht überzeugend. Jede einzelne illegale Waffe, die aus dem Verkehr gezogen wird, bedeutet ein kleines Stückchen mehr Sicherheit, und dagegen kann niemand ernsthaft etwas einwenden.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD – Silke Stokar von Neuforn [bÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das gilt auch für jede legale Waffe!)

Ich würde es unterstützen, wenn sich die zuständigen Ordnungsbehörden etwa bei älteren Menschen bereit erklärten, die entsprechenden Waffen abzuholen. Ich halte aber eine Abwrackprämie für illegale Waffen, wie Sie, Frau Kollegin Stokar, sie gefordert haben, nun wirklich nicht für die richtige Maßnahme. Wir dürfen rechtswidriges Verhalten zum einen nicht auch noch prämieren, und zum anderen finde ich die Wortwahl völlig indiskutabel. Angesichts der Tragödien von Winnenden und Eislingen brauchen wir den Umständen der Tat angemessene Antworten. Die Schaffung einer solchen Abwrackprämie ist schon von der Wortwahl her eine völlig unangemessene Reaktion auf das eigentliche Problem, mit dem wir es zu tun haben.

(Beifall bei der CDU/CSU – Wolfgang Wieland [bÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dann finden Sie einen anderen Begriff!)

Die Koalition wird im Lichte der Ergebnisse der Bund?Länder-Arbeitsgruppe, verehrte Frau Kollegin Stokar, schon in der nächsten Sitzungswoche darüber beraten, in welchen Bereichen es gesetzgeberischen Handlungsbedarf gibt und ob dieser noch in dieser Legislaturperiode umgesetzt werden kann. Dabei sind die Vorschläge, die die Angehörigen der Opfer von Winnenden gemacht haben, in alle Überlegungen einzubeziehen.

Die Angehörigen haben die Frage der Altersbegrenzung beim großkalibrigen Schießen problematisiert. Ich will offen bekennen: Die Schützenvereine in meinem Wahlkreis machen eine sehr verantwortungsvolle Nachwuchsarbeit wie viele andere Schützenvereine in ganz Deutschland. Da darf niemand unter Generalverdacht gestellt werden. Ich finde es im Übrigen auch besser, wenn Jugendliche mit Laser- oder Luftdruckwaffen im Schützenverein schießen, als wenn sie mit Softair- oder Paintball-Waffen in den Wald ziehen und dort ohne jede Hemmung und vor allen Dingen ohne jede fachliche Aufsicht schießen.

Ich will aber auch betonen: Ich kann nicht erkennen, dass für diese wichtige Nachwuchsarbeit in den Schützenvereinen das Schießen mit Großkaliber zwingend erforderlich ist. Deshalb bin ich dafür, dass wir die Altersgrenze auf 18 Jahre heraufsetzen. Ich bin sehr dankbar, dass der Deutsche Schützenbund diese Überlegungen mitträgt. Es ist nicht so, dass die Verantwortlichen an der Spitze des Deutschen Schützenbundes und auch des Deutschen Jagdschutz-Verbandes für diese Gespräche nicht offen wären und uns in unserem Bemühen, sinnvolle Verbesserungen des Waffenrechts durchzusetzen, nicht unterstützen würden. Sie tun es sehr wohl, und Sie haben das, was hier vonseiten der Verbände Positives geleistet wird, nicht richtig gewürdigt.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Ich finde ebenso richtig, dass wir alle neuen technischen Möglichkeiten im Bereich der Biometrie nutzen, um Waffen und Waffenschränke gegen den Zugriff Unbefugter besser zu sichern. Bei einem Gespräch mit den Verbänden der Schützen und Jäger, das wir von der CDU/CSU in dieser Woche geführt haben, wurde eben auch berichtet, dass diejenigen Firmen, die Waffenschränke bauen und vertreiben, mit der Auftragsbearbeitung nach Winnenden kaum noch nachkommen und teilweise Lieferzeiten von einem halben Jahr haben. Diese Waffenschränke sind aber seit 2003 verbindlich zur Aufbewahrung vorgeschrieben. Insofern müssen wir uns der Frage der besseren Kontrolle der bereits bestehenden Aufbewahrungsvorschriften zuwenden.

(Helmut Brandt [CDU/CSU]: Das ist der Punkt!)

Wir sollten auch die Mitwirkungspflichten der Waffenbesitzer ausweiten, etwa wenn es um den präzisen Nachweis der sicheren Aufbewahrung geht. Da kann das Übersenden der Rechnung für einen Waffenschrank sicherlich nicht ausreichen.

Ich will noch einmal betonen: Ich bin sehr dankbar, dass sowohl der Deutsche Jagdschutz-Verband als auch der Deutsche Schützenbund den Ansatz unterstützen, dass wir hier bei der Überwachung der Mitwirkungspflichten im Rahmen des nach Art. 13 Grundgesetz Möglichen auch zu verdachtsunabhängigen Kontrollen kommen. Ich halte das für eine ganz wesentliche Verbesserung des Gesetzesvollzugs. Ich bin dankbar dafür, dass uns die Verbände unterstützen. Das wird uns auch vor Ort, also bei den Jägerschaften und den Schützenvereinen, helfen. Wir können dann sagen: Wir haben von euren Repräsentanten auf Bundesebene, die unsere Ansprechpartner in dieser Frage sind, Unterstützung. Das begrüße ich ausdrücklich. Das hilft uns.

Ebenso müssen wir über eine effektivere Prüfung des waffenrechtlichen Bedürfnisses nachdenken, damit wirklich nur der Waffen hat, der tatsächlich aktiv im Schützenverein in der jeweiligen Disziplin schießt. Frau Kollegin Stokar, Sie wissen ganz genau, dass die Frage des zentralen Waffenregisters in einer entsprechenden EU-Richtlinie behandelt wird. Diese Richtlinie hätten wir bis 2014 umzusetzen. Das wird man jetzt natürlich zeitlich beschleunigen. Es ist zweifellos ein Sicherheitsgewinn, wenn insbesondere unsere Sicherheitskräfte wissen, dass sie in einen Haushalt kommen, in dem Waffen vorhanden sind.

Frau Kollegin Stokar, ich will angesichts dessen, was Sie hier gesagt haben, und vor allen Dingen angesichts der Art und Weise, wie Sie es gesagt haben, Ihnen mit auf den Weg geben: Das Thema Waffenrecht eignet sich in diesen Wochen und Monaten gerade vor dem Hintergrund der aktuellen Ereignisse überhaupt nicht für kleinliche Geländegewinne im politischen Wettbewerb.

(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und

der FDP)

Die Anträge von Linkspartei und Grünen haben sich schon durch die Tatumstände im Mordfall von Eislingen als unzureichend erwiesen. Hessens Innenminister Volker Bouffier hat heute zu Recht vor Aktionismus gewarnt. Wir brauchen wirksame Verbesserungen des Waffenrechts, die wir gemeinsam mit den Ländern und den Verbänden von Schützen und Jägern erarbeiten wollen. Darauf können sich die Angehörigen der Opfer, darauf können sich alle Bürger dieses Landes verlassen.

Herzlichen Dank fürs Zuhören.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD – Silke Stokar von Neuforn [bÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das reicht nicht!)

Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt:

Hartfrid Wolff hat jetzt das Wort für die FDP-Fraktion.

Hartfrid Wolff (Rems-Murr) (FDP):

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Das schockierende Verbrechen von Winnenden und Wendlingen hat uns alle betroffen gemacht. Wir fragen uns, wie wir uns in Zukunft vor ähnlichen Untaten schützen können. Inzwischen ist es zu weiteren Straftaten mit Waffen in Landshut und Eislingen gekommen. Diese Fälle werfen ein bezeichnendes Licht auf die nach Winnenden reflexartig erhobenen politischen Forderungen. Einige hiervon haben die Linken und die Grünen vorgelegt.

Zunächst einmal ist jedoch festzuhalten: Ein Generalverdacht gegen alle Sportschützen, Waffensammler, Jäger oder Berufswaffenträger ist nicht gerechtfertigt

(Wolfgang Wieland [bÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Den hat doch auch niemand!)

und kann eine Diskussion um die wirklichen Ursachen kriminellen oder gewaltsamen Handelns nicht ersetzen.

(Beifall bei der FDP, der SPD

und der LINKEN)

Nicht zuerst die Waffe ist das Problem, sondern der Mensch, der sie einsetzt.

(Dr. Max Stadler [FDP]: Leider ist es so!)

Insofern muss die gesellschaftspolitische Frage der Gewalt- und Kriminalprävention vor der Frage der waffenrechtlichen Verschärfung gestellt werden.

(Beifall bei der FDP)

Wir haben auf Bundesebene mit dem Deutschen Forum für Kriminalprävention eine wichtige Einrichtung, die es zu stärken gilt.

Gleichwohl hält die FDP stringente Regeln im deutschen Waffenrecht für wichtig. Derzeit erschweren Bürokratie und die Kompliziertheit des Waffenrechts den gesetzlichen Vollzug. Einfache, wirkungsvolle und anwendbare Gesetze nützen der Sicherheit mehr als immer neue Vorgaben.

(Beifall bei der FDP – Wolfgang Wieland [bÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dann machen Sie Vorschläge!)

Nach Auskunft der Bundesregierung stammen lediglich 2 bis 3 Prozent aller bei Schusswaffenkriminalität eingesetzten Waffen aus legalem Besitz. Da sieht man die Grenzen eines Waffenrechts. Ziel der FDP ist es deshalb, den illegalen Waffenbesitz einzuschränken. Deshalb fordert die FDP heute mit dem von ihr vorgelegten Gesetzentwurf, den illegalen Schusswaffenbesitz einzudämmen, indem eine Abgabe illegaler Waffen bis zum Stichtag straffrei gestellt werden soll.

(Beifall bei der FDP – Silke Stokar von Neuforn [bÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist eine Ausweichdebatte!)

– Das allein reicht selbstverständlich nicht. Schauen Sie sich den Gesetzentwurf an, Frau Kollegin.

Die Forderung nach einem zentralen Waffenregister ist Rechtslage der EU. Ob ein Vorziehen vor den Termin zur Umsetzung der EU-Regelung praktikabel ist, wird sicherlich zu prüfen sein. Allerdings sollten wir ehrlich zugeben: Das Waffenregister hätte keine der erschreckenden Straftaten in den vergangenen Wochen verhindert.

(Dr. Max Stadler [FDP]: So ist es!)

Allein die Registrierung wirkt nicht wirklich präventiv.

Von verschiedener Seite wurde ein Totalverbot privater Schusswaffen gefordert. Das Beispiel aus Großbritannien, wo 1997 nach dem Amoklauf eines 43-Jährigen in Dunblane alle Handfeuerwaffen in Privatbesitz verboten wurden, zeigt, dass damit die Schusswaffenkriminalität nicht nachhaltig eingedämmt werden konnte. Wer ein generelles Verbot von Waffen in Privatbesitz fordert, sollte klar sagen: Dann kann es keinen Schützenverein, keine Sammler historischer Waffen und keine Jäger mehr geben.

(Christian Freiherr von Stetten [CDU/CSU]: So ist es, und das wollen wir nicht! – Silke Stokar von Neuforn [bÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: All das gibt es in England und auch in Australien!)

Ob diese Zerstörung des Vereinslebens einen Sicherheitsgewinn bedeutet, darf wohl bezweifelt werden. Jäger und Schützen zu kriminalisieren, Frau Kollegin, hält die FDP vor diesem Hintergrund nicht für sinnvoll.

(Beifall bei der FDP, der CDU/CSU und der SPD – Wolfgang Wieland [bÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das macht doch niemand! – Silke Stokar von Neuforn [bÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Auch in England gibt es Jäger!)

Grüne und Linke fordern, die Schusswaffenverwahrung in Privathaushalten zu unterbinden. Das ist eine Wiedergängerdebatte, die wir schon aus den letzten Jahren kennen.

(Wolfgang Wieland [bÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Eben! Sie sind immer dagegen!)

Selbst mit vielleicht verfügbarer besserer Sicherheitstechnik wären solche zentralen Waffendepots in Randlagen ein verlockendes Ziel für Kriminelle. Das zeigt gerade die Tat von Eislingen, wo vor der Tat in ein solches Schützenheim eingebrochen wurde. Der entscheidende waffenrechtliche Ansatz zur Erhöhung der öffentlichen Sicherheit ist aus Sicht der FDP vor allem die Beseitigung der Vollzugsdefizite.

Wir brauchen regelmäßige Kontrollen der Aufbewahrung von Waffen. So wie zum Beispiel der Privathaushalt durch Schornsteinfeger oder wie Gewerberäume durch den Wirtschaftskontrolldienst überprüft werden, sollte die sichere Aufbewahrung der Waffen durch die Ordnungsbehörden überprüft werden. Dazu bedarf es einer personell und materiell besseren Ausstattung dieser Behörden.

Regelmäßige Kontrollen auf breiter Basis, die bei Verstößen den konsequenten Entzug der Waffenbesitzkarte zur Folge haben, dürften sich wegen der Abschreckung recht rasch als wirksames Instrument gegen den fahrlässigen Umgang mit den Aufbewahrungsvorschriften herausstellen.

(Beifall bei der FDP)

Ich sage aber auch: Das Sanktionssystem muss gegebenenfalls angepasst werden.

Meine Damen und Herren, als Abgeordneter aus dem Wahlkreis von Winnenden hat es mich besonders betroffen gemacht, dass Kolleginnen und Kollegen schon wenige Stunden nach der Tat mit politischen Rezepten bei der Hand waren; einige haben das schon angesprochen. Ich meine, es wäre richtiger gewesen, wenn wir, die hauptamtlichen Politiker dieser Republik, einmal innegehalten hätten.

Wir sind nicht allmächtig. Wir können keine absolute Sicherheit garantieren. Wir sollten auch nicht den Eindruck erwecken, wir könnten es. Das gilt umso mehr, als bis heute nicht einmal die Waffenrechtsänderungen nach der Bluttat von Erfurt evaluiert sind, geschweige denn die vom vorigen Jahr. Wir können nur Gesetze machen. Aber kein Gesetz kann schützen, wenn es nicht beachtet und vollzogen wird.

Der Respekt vor den Opfern sollte es eigentlich verbieten, die immer wieder gleichen vermeintlichen Heilsrezepte aufzuwärmen, erst recht unmittelbar nach einer solch schrecklichen Bluttat.

(Beifall bei der FDP, der CDU/CSU

und der SPD)

Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt:

Gabriele Fograscher ist die nächste Rednerin für die SPD-Fraktion.

(Beifall bei der SPD)

Gabriele Fograscher (SPD):

Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen!

Wir wollen, dass sich etwas ändert in dieser Gesellschaft, und wir wollen mithelfen, damit es kein zweites Winnenden mehr geben kann.

Dieses Zitat aus dem offenen Brief der Eltern der Opfer des Amoklaufs von Winnenden an die Politik nehmen wir ernst. Amokläufe in Zukunft zu verhindern, können wir nicht versprechen, aber wir müssen alles dafür tun, sie zu erschweren.

Die Ursachen, die einen jungen Mann dazu bringen, eine solch sinnlose Tat zu begehen, werden nie wirklich aufgeklärt werden können. Persönlichkeitsstörungen, Frustrationen, Männlichkeitswahn, Aggression, Hass, Probleme im sozialen Umfeld, das Herabsetzen der Hemmschwelle für Gewalt durch sogenannte Killerspiele – dies alles können Ursachen sein, aber möglich wurde die grausame Tat durch das grob fahrlässige He-rumliegenlassen einer Schusswaffe und der dazugehörigen Munition.

Wir müssen uns der Frage stellen: Wie wachsen junge Männer in unserem Land auf? Warum spielen sie Killerspiele? Warum schauen sie Gewaltvideos? Was muss als Auslöser dazukommen, damit aus der virtuellen Gewalt grausame Realität wird?

Verantwortung der Medien bei der Berichterstattung über Amokläufe, aber auch Eindämmung von Gewalt im Fernsehen und auf Internetplattformen einzufordern, ist schwieriger, als die Forderung nach gesetzlichen Regelungen im Waffenrecht zu erheben; umso mehr gilt das für die Erfüllung solcher Forderungen. Deshalb kann die derzeitige Diskussion über Änderungen im Waffenrecht nur ein Baustein sein, wenn es darum geht, solche Taten in Zukunft zu erschweren. Die Änderungen liegen in der Zuständigkeit des Bundes, des Bundestages; der Vollzug des Waffenrechts und die Kontrolle der gesetzlichen Vorschriften aber obliegen den Ländern. Deshalb ist es zu begrüßen, dass sich eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe gebildet hat, die sich mit den vielfältigen Vorschlägen zur Änderung des Waffenrechts befasst.

Ich will Ihnen die Überlegungen der SPD-Bundestagsfraktion zu möglichen Änderungen darstellen. Ich betone, dass wir keine Placebos oder Scheinlösungen anbieten wollen.

Wir sollten die augenblickliche Sensibilität der Bevölkerung nutzen, um möglichst viele illegale Waffen aus dem Verkehr zu ziehen. Deshalb wollen wir eine befristete Amnestieregelung und unterstützen entsprechende Initiativen.

(Beifall des Abg. Dr. Dieter

Wiefelspütz [sPD])

Eine weitere Maßnahme, die wir noch in dieser Legislaturperiode auf den Weg bringen könnten, ist die Schaffung eines zentralen Waffenregisters. In diesem Zusammenhang sollten wir überlegen, wie es bei Vorhandensein solcher Waffenregister gelingen könnte, Warnzeichen, Signale oder auffälliges Verhalten, zum Beispiel geäußerte Gewaltfantasien, und die Information, dass sich im Umfeld der Person Waffen befinden, zu nutzen, um schon vor einer Tat einschreiten zu können.

Ein Gesetz braucht Kontrolle. Das heißt, dass die ordnungsgemäße Aufbewahrung der Waffen und der ordnungsgemäße Transport stärker kontrolliert werden müssen. Zum einen könnte es Informationen und Kontrollen durch die Schützenvereine selbst geben. Zum anderen könnte man die Zuverlässigkeitsprüfung zum Waffenerwerb mit einer Einwilligung zu Kontrollen verbinden. Damit wäre den zuständigen Behörden die Möglichkeit gegeben, stichprobenartig die gesetzeskonforme Aufbewahrung der Waffen zu überprüfen. Diesem Vorschlag würde auch der Deutsche Schützenbund zustimmen.

Im derzeit geltenden Waffengesetz wird der Nachweis des Bedürfnisses für den Waffenerwerb nach drei Jahren neu geprüft. Danach ist keine weitere Prüfung des Bedürfnisses vorgesehen. Wir können uns vorstellen, in regelmäßigen Zeitabständen eine erneute Prüfung vorzunehmen.

Den Vorschlag der zentralen Lagerung von Waffen und Munition oder beidem im Schützenhaus halte ich derzeit für nicht praktikabel. Die Verfügbarkeit in Privathaushalten wäre dann zwar nicht mehr gegeben. Es würden aber neue Sicherheitsprobleme für solche zentralen Waffen- oder Munitionsdepots auftreten. In diesen Depots würden jeweils mehrere Hundert Waffen und mehrere Zehntausend Schuss Munition lagern. Erst kürzlich – es ist schon angesprochen worden – wurden aus einem Schützenhaus Waffen entwendet. Dadurch wurden Familientragödien mit mehreren Toten ausgelöst.

Das Verbot von großkalibrigen Waffen, vor allem Kurzwaffen, im Schießsport halten wir für eine Maßnahme zur Eindämmung der Anzahl besonders gefährlicher Waffen. Es ist kein Zufall, dass die olympischen Disziplinen bis auf die Flinte zum Skeet- oder Trap-Schießen ausschließlich aus sportlichem Schießen mit Druckluft- und Kleinkaliberwaffen gebildet werden. Es gibt auch kein gesellschaftlich anerkanntes Bedürfnis, mit großkalibrigen Waffen, wie sie etwa von Polizeibehörden oder Streitkräften genutzt werden, Sport zu betreiben.

Die Entwicklung technischer Sicherungssysteme für Waffen hat in den letzten Jahren Fortschritte gemacht. Waffen können sowohl im Lauf als auch im Abzug und auch im Patronenlager elektronisch, mechanisch und bio-metrisch gegen unbefugten Zugriff gesichert werden. Die Kosten hierfür halten sich inzwischen in einem überschaubaren Rahmen. Eine so erreichte Schussunfähigkeit der Waffe bietet das größte Maß an Sicherheit vor unberechtigtem Zugriff.

Wir fordern auch ein Verbot von gefechtsähnlichen Schießsportübungen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)

Bereits nach geltendem Recht ist kampfmäßiges Schießen im Sport verboten. Es haben sich aber einzelne Schießsportdisziplinen entwickelt, die zwar nicht unmittelbar als kampfmäßiges Schießen eingestuft werden können, die aber dessen Charakter sehr nahe kommen. Bei diesem IPSC- oder Western-Schießen wird auf bewegliche Ziele, die Menschen darstellen oder symbolisieren, geschossen. Es ist nicht ersichtlich, wie das Schießen aus der Bewegung, ein Stellungswechsel unter Ausnutzung von Deckungsmöglichkeiten sowie die Einbeziehung von Schieß- und Nicht-Schießelementen in die Übung als sportliches Schießen angesehen werden können. Dabei handelt es sich um die Nachahmung dienstlichen Schießens von militärischen und polizeilichen Spezialeinheiten.

Außerhalb des Waffenrechts stehend, aber mit der Thematik verwandt ist das sogenannte Paintball- oder Gotcha-Schießen. Hierbei wird mit Farbkugeln auf andere Menschen geschossen. Dieses „Spiel“ verletzt in meinen Augen die Menschenwürde.

(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Deshalb wird in der schon erwähnten Bund-Länder-Arbeitsgruppe mit Recht über Möglichkeiten für ein Verbot nachgedacht.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, ich möchte noch einmal betonen, dass vor den Amokläufen in Emsdetten, Erfurt und Winnenden grob fahrlässig gegen geltendes Waffenrecht verstoßen wurde. Alle gesetzlichen Regelungen können nur dann wirksam sein, wenn sie eingehalten und kontrolliert werden.

Neben den von mir genannten Überlegungen zu Änderungen im Waffenrecht brauchen wir eine breit angelegte und intensive Diskussion über gesellschaftliche Ursachen und Fehlentwicklungen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt:

Für die Fraktion Die Linke hat die Kollegin Ulla Jelpke das Wort.

(Beifall bei der LINKEN)

Ulla Jelpke (DIE LINKE):

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Amoklauf von Winnenden hat deutlich gemacht, dass es dringenden politischen Handlungsbedarf gibt. Die Fraktion Die Linke will erreichen, dass Schusswaffen aus Privathaushalten entfernt werden. Herr Grindel, niemand behauptet hier – auch wir nicht –, dass man durch Gesetzesänderungen oder -verschärfungen solche tragischen Ereignisse in Zukunft verhindern könnte; aber wir können auch nicht den Mord an 15 Menschen durch einen Amokläufer einfach hinnehmen, ohne uns über Konsequenzen Gedanken zu machen.

(Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Das tut ja niemand! – Hartfrid Wolff [Rems-Murr] [FDP]: Das tut wirklich keiner!)

– Das habe ich Ihnen auch nicht vorgeworfen. Bleiben Sie einmal sachlich!

Wir haben in den letzten Wochen zahlreiche Briefe zum Beispiel von Schützen, Jägern und Waffensammlern erhalten. Sie alle enthielten die Befürchtung, dass jetzt vor allem die Schützen pauschal bestraft und vorverurteilt werden sollen. Ich möchte hier für die Linke klar sagen, dass es uns nicht darum geht, ein generelles Misstrauen gegenüber Sportschützen, Waffensammlern und Jägern zu schüren. Wir wollen schlicht und einfach Folgendes erreichen: Der spontane Zugriff auf Schusswaffen soll erschwert werden. Wir schlagen vor, Schusswaffen grundsätzlich nur noch in Schützenvereinen oder an anderen geeigneten Stellen aufzubewahren, wo sie selbstverständlich bewacht werden müssen.

(Helmut Brandt [CDU/CSU]: Wenn der Wächter der Täter ist, was passiert dann?)

Für all jene, die ihre Waffen legal nutzen, beispielsweise für Sportschützen, stellt das wirklich nur eine kleine Hürde dar. Wozu sollten sie denn ihre Waffen unbedingt zu Hause lagern? Im Garten dürfen sie sowieso nicht schießen. Für all jene aber, die spontan und widerrechtlich zu Waffen greifen wollen, um damit Verbrechen zu begehen, würde unser Vorschlag eine große Hürde darstellen. Auch die Gefahr, dass Einbrecher in den Besitz von Schusswaffen kommen – das ist hier schon erwähnt worden –, würde unseres Erachtens deutlich verringert. Natürlich kann man es nicht gänzlich verhindern, dass am Aufbewahrungsort eingebrochen wird; aber es ist, wie gesagt, wichtig, eine Hürde aufzubauen.

Wie Sie wissen, hat der Amokläufer von Winnenden wie andere vor ihm davon profitieren können, dass sein Vater eine Schusswaffe ungesichert zu Hause aufbewahrte, zusammen mit der Munition. Es ist schon gesagt worden: Das hätte nicht sein dürfen; die Gesetze sind nicht eingehalten worden. Die Linke sagt hier ganz klar: Der Gesetzgeber muss dafür Sorge tragen, dass so etwas nicht mehr sein darf.

Unser Antrag greift weit weniger in die Rechte der Bürgerinnen und Bürger ein, als es viele andere Vorschläge tun. Wir wollen Waffenbesitzern nicht zumuten, dass alle paar Tage eine unangekündigte Inspektion stattfindet. Herr Wolff, ein Schornsteinfeger kommt angemeldet, oftmals nur einmal im Jahr. Wenn man eine Inspektion ankündigen würde – das wissen auch Sie –, dann wäre der Waffenschrank natürlich abgeschlossen.

(Helmut Brandt [CDU/CSU]: Das war nicht sein Vorschlag!)

Inspektionen wären keine Lösung; sie würden eine Misstrauenserklärung gegenüber all denen darstellen, die verantwortungsvoll mit ihren Waffen umgehen. Wir wollen, dass die Waffen aus den Wohnungen verschwinden und in einbruchssicheren, bewachten Safes gelagert werden. Uns ist völlig klar, dass unser Antrag dem Missbrauch illegaler Waffen, von denen hier heute schon die Rede war – schätzungsweise sind etwa 20 Millionen solcher Waffen im Umlauf –, nicht beikommen kann.

Ich möchte am Ende meiner Rede darauf verweisen, dass die Angehörigen der Opfer von Winnenden einen sehr wichtigen offenen Brief an die Politikerinnen und Politiker, an die Gesellschaft verfasst haben, in dem es um sehr viel mehr als nur um das Waffenrecht geht. Ich meine, die eigentliche Debatte muss sich mit den Ursachen und mit der Frage beschäftigen: Wie können wir es zukünftig verhindern, dass Amokläufe wie die von Erfurt und Winnenden anderswo stattfinden?

Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der LINKEN)

Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt:

Ich schließe die Aussprache.

Interfraktionell wird Überweisung der Vorlagen auf den Drucksachen 16/12477, 16/12395 und 16/12663 an die in der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen. – Damit sind Sie einverstanden. Dann wird die Überweisung so beschlossen.

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