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ZEIT ONLINE: Der Wahlkampf hilft den Sportschützen


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Waffenrecht

Der Wahlkampf hilft den Sportschützen

Von Katharina Schuler | © ZEIT ONLINE 23.4.2009 - 18:52 Uhr

Eine Verschärfung des Waffenrechts ist noch nicht vom Tisch. Trotzdem zeichnet sich ab: Allzu radikale Veränderungen müssen die Schützen wohl nicht fürchten.

Als die Staatssekretäre des Inneren sich Anfang April in Berlin trafen, um über das Waffenrecht zu diskutieren, herrschte noch Aufbruchsstimmung. "Dass etwas geschehen muss, daran gibt es keinen Zweifel", sagte der Vertreter des Bundes, August Hanning, damals ZEIT ONLINE. Der Amoklauf von Winnenden hatte die Politik, wenn auch mit Verzögerung, aufgeschreckt.

Seither wird auf Arbeitsebene über konkrete Maßnahmen verhandelt. Doch je länger sich die Praktiker von Bund und Ländern mit dem Thema befassen, desto deutlicher wird, dass zumindest zwei Vorschlägen, um die in Deutschland seit Jahren gerungen wird, auch diesmal wohl wieder keine Chance auf Umsetzung haben werden.

Eine Mehrheit der Länder lehnt es nach Informationen von ZEIT ONLINE ab, künftig vorzuschreiben, wie viele Waffen ein Sportschütze höchstens besitzen dürfen soll. Der Bremer Innensenator Ulrich Mäurer (SPD), derzeit Vorsitzender der Innenministerkonferenz, hatte Ende März in einem insgesamt acht Punkte umfassenden Positionspapier zum Waffenrecht eine Begrenzung auf fünf vorgeschlagen.

Auch ein ebenfalls von Mäurer anvisiertes Verbot großkalibriger Waffen für den Schießsport wird es wohl nicht geben. "Schusswaffen, die bei Polizei und Militär eingesetzt werden, sollten im Schießsport nichts zu suchen haben", heißt es in dem Bremer Papier. Doch die Mehrheit der Länder sieht dies offenbar anders.

Verwunderlich wäre ein Scheitern an diesen zwei Punkten nicht. Schon nach dem Amoklauf von Erfurt konnte sich der damalige bayerische Innenminister Günther Beckstein nicht einmal mit dem Vorstoß durchsetzen, die Altersgrenze für den Erwerb großkalibriger Schusswaffen auf 25 Jahre anzuheben.

Dabei gibt es zwischen der Diskussion von damals und der von heute eine wichtige Parallele: Beide Amokläufe, der von Erfurt und der von Winnenden, fanden in einem Wahljahr statt. Und Schützen sind nun mal Wähler. Die Zahl der Wahlberechtigten, für die Fragen des Waffenrechts eine Rolle spielen, schätzt etwa die Lobbyorganisation "Forum Waffenrecht" auf fünf bis sechs Millionen. Bei 60 Millionen Wahlberechtigten wären das etwa zehn Prozent, eine Zahl, die von keiner Partei ignoriert werden kann.

Vor allem die Union dürfte wenig geneigt sein, die Schützenvereine ausgerechnet kurz vor der Wahl gegen sich aufzubringen. Für sie geht es hier schließlich um ihre konservative Kernklientel, mit der sie es sich in den vergangenen Monaten nach eigener Wahrnehmung schon zu häufig verdorben hat. Nach Papst-Kritik und Vertriebenen-Streit kann man sich an dieser Front keine weitere offene Flanke leisten.

Der Bremer Innensenator ist bisher allerdings weit davon entfernt aufzugeben. Es könne überhaupt keine Rede davon sein, dass die Verschärfung des Waffenrechts bereits gescheitert sei, betonte Mäurer am Donnerstag. Auch das Bundesinnenministerium verwies darauf, dass die Verhandlungen weitergingen. An den jetzigen Gesprächen nähmen schließlich nur die Waffenreferenten der Innenministerien teil, am Ende sei eine politische Entscheidung gefragt, heißt es aus Verhandlungskreisen.

Dass das Waffenrecht am Ende in irgendeiner Form verschärft werden wird, ist gar nicht so unwahrscheinlich. Schließlich ist der politische Druck groß. Die Frage ist nur, wie radikal die neue Regelung ausfallen wird.

Bereits geeinigt haben sich Bund und Länder beispielsweise darauf, schnell ein zentrales Waffenregister einzurichten. Dann wüsste man zumindest, wie viele legale Waffen es im Land eigentlich gibt. Der Sprecher der unionsregierten Länder, Hessens Innenminister Volker Bouffier (CDU), rechnet zudem mit einer Mehrheit für eine Amnestie für Waffenbesitzer, die illegale Waffen abgeben wollen. In Deutschland gibt es laut Polizeiangaben etwa 20 Millionen illegaler Waffen. Nach anderen Angaben sollen es sogar bis zu 40 Millionen sein. Dass ein solches Gesetz eine größere Wirkung entfalten würde, ist allerdings zweifelhaft. Er gehe nicht davon aus, dass Besitzer illegaler Waffen diese loswerden wollten, argumentiert etwa der SPD-Innenpolitiker Sebastian Edathy.

Einen größeren Einschnitt im Vergleich zu den bisherigen Regelungen würde es dagegen wohl bedeuten, wenn man sich darauf einigen könnte, private Waffen mit einem elektro-mechanischen Blockiersystemen zu sichern, wie dies derzeit ebenfalls diskutiert wird. Zur Benutzung der Waffen wäre dann entweder ein Scan des Fingerabdrucks des Besitzers von Nöten oder eine Code-Nummer. Zumindest der Amoklauf von Winnenden, bei dem der 17-jährige Tim K. die herumliegende Waffe seines Vaters entwendet hatte, hätte so möglicherweise verhindert werden können.

Im Gespräch ist auch eine entsprechende Sicherung von Waffenschränken, die Einführung anlassunabhängiger Kontrollen, das Verbot bestimmter Schusssportdisziplinen oder die Einführung von Fristen und Altersgrenzen für den Erwerb von Waffen. Für eine getrennte Aufbewahrung von Munition und Waffen zeichnet sich dagegen ebenfalls keine Mehrheit ab.

Im Juni soll das Thema auf der Innenministerkonferenz behandelt werden. Auch ein Treffen von Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) mit den Innenexperten der Länder ist dem Vernehmen nach geplant. Das letzte Wort in Sachen Waffenrecht ist also noch nicht gesprochen.

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