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IGNORED

Dekoumbau nach WaffR (Fassung 2002/2008): Beschussamt muss prüfen


wechselbalg

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Geschrieben

Hallo zusammen,

nachdem das neue Waffenrecht nun fast ein Jahr in Kraft ist, hat mein Sachbearbeiter in der 2. Anlage eine süße kleine Fußangel erblickt, die uns allen die Freudentränen in die Augen treibt:

Dort (Anlage 2, Abschnitt 3, Unterabschnitt 2 [Vom Gesetz mit Ausnahme des § 42a (Anscheinparagraph) ausgenommene Waffen]) heisst es:

4. Unbrauchbar gemachte Schusswaffen (Dekorationswaffen) ... sind:

...

4.2 unbrauchbar gemachte Schusswaffen, Zier- oder Sammlerwaffen, die in der Zeit vom

1. April 2003 an entsprechend den Anforderungen der Anlage 1 Abschnitt 1 Unterabschnitt 1 Nr. 1.4 unbrauchbar gemacht worden sind und die ein Zulassungszeichen nach Anlage II Abbildung 11 zur Beschussverordnung vom 13. Juli 2006 (BGBI I S. 1474) aufweisen.

Formaljuristisch ist das herzerfrischend:

Zuerst wird im Waffenrecht selber festgelegt, dass etwas, das nur aussieht wie eine Waffe, aber nicht schießt, nicht unter das Waffenrecht fällt (§1 in Verbindung mit Anlage 1). Den Anscheinsparagraphen lass ich bei der Betrachtung mal bewusst außen vor.

Um die Sache noch etwas klarer zu machen, wird in Anlage 1 (Begriffsbestimmungen) in Unterabschnitt 1.4 noch gleich mitdefiniert, was an einer ehemals echten Waffe alles unbrauchbar gemacht werden muss, damit diese fortan im Gesetz keine Waffe mehr ist.

Damit wäre doch alles klar.

So, und nun, eine ganze Anlage später (Anlage 2 [Waffenliste], Abschnitt 3 [Vom Gesetz ausgenommene Waffen], Unterabschnitt 2 [Vom Gesetz ausgenommene Waffen, außer Anscheinsparagraph]) kommt also diese zusätzliche Schikane mit dem Beschussamt ins Spiel.

Auf die Anlage 2 wird im Gesetz aber erst im § 2 Bezug genommen, wo es bereits um die Grundsätze des Umgangs mit Waffen im Sinne des §1 gehen sollte. Ein an allen wesentlichen Teilen kastrierter Ballermann ist aber doch überhaupt keine Waffe im Sinne des Gesetzes mehr!

Konkret geht es in meinem Fall um den Dekoumbau von Erbwaffen. Erbe hat keine Lust auf die sichere Verwahrung, will aber auch nicht enteignet werden. Dekoumbau von 100 Euro (Austragung, Büchsenmacherkosten) pro Kanone als Erinnerungsstück ginge in Ordnung. Aber keine 200 oder mehr. Nach Auffassung des Beschussamtes in Ulm muss für die Bescheinigung eine genaue Dokumentation vorliegen, welche Änderungen an der Waffe vorgenommen wurden. Als Beispiel wurde genannt, dass auch die Sorte des Stahls benannt werden solle, mit der das Patronenlager verschweißt wurde.

Resultat: Darauf hat kein Büchsenmacher Bock (2 Stunden Arbeit mit der Wumme und 3 Stunden Arbeit mit dem Papier). Das Beschussamt in Ulm hat nach eigenen Angaben auch noch keine einzige einzeln umgerüstete Dekowaffe mit Zulassungszeichen versehen.

Ich habe hier bei der Suche nach Dekoumbau nicht viele Treffer erhalten. Hat hier jemand Erfahrung mit Dekoumbau nach neuem Waffenrecht?

Geschrieben
.... Ein an allen wesentlichen Teilen kastrierter Ballermann ist aber doch überhaupt keine Waffe im Sinne des Gesetzes mehr!

Hallo Wechselbalg,

ein "kastrierter Ballermann" ist nach dem WaffG erst dann keine Waffe mehr, wenn die Unbrauchbarmachung nach den gesetzlichen Vorschriften durchgeführt wurde.

D.h. entweder

- Umbau auf Deko vor dem 1. April 2003 nach den entspr. Vorschriften - ohne Zulassungszeichen -

oder

- Umbau ab dem 1. April 2003 gemäß den Vorschriften - dann aber ist zusätzlich ein Zulassungszeichen nach beschussamtlicher Prüfung erforderlich.

Klar, diese Regelung mutet, wie so viele andere, reichlich unsinning an ... und ist es auch. Die innere Sicherheit der BRD wird damit nicht verbessert. Aber diese Regelung ist nun mal Bestandteil des Gesetzes und erklärter Wille des Gesetzgebers.

Man mag dies als zusätzliche Schikane ansehen, um - gemäß erklärter Doktrin unserer Regierung - möglichst wenige Waffen ins Volk zu lassen bzw. möglichst viele Waffen dem Volk wieder zu entziehen. Möglicherweise hat aber auch einfach der Amtsschimmel in typisch deutscher Gründlichkeit gewiehert.

Gleichwohl kann ich in Deinem konkret geschilderten Fall nur empfehlen, einen Büchsenmacher zu finden, der die Arbeiten möglichst günstig durchführt.

Rein rechtlich betrachtet sehe ich keine Möglichkeit, den von Dir genannten Erfordernissen zu entkommen, d.h. Waffen, die seit dem 1. April 2004 umgebaut wurden oder noch werden, durch das Beschussamt mit einem entsprechenden Zulassungszeichen versehen zu lassen.

Im Extremfall könte ansonsten der Vorwurf des Besitzes einer erlaubnispflichtigen Schusswaffe ohne entprechende waffenrechtliche Erlaubnis erhoben werden.

Gruß, glockero

Geschrieben
Hallo zusammen,

-snip-

Ich habe hier bei der Suche nach Dekoumbau nicht viele Treffer erhalten. Hat hier jemand Erfahrung mit Dekoumbau nach neuem Waffenrecht?

Ja,

ich, das BA in Köln verlangte bei meinen letzten Waffen für die Abnahme ca. 150 Euro pro Waffe,

dazu kommt noch die Arbeit für den Umbau.

Beschreibung der Arbeiten und verwendeten Materialien wurde natürlich mit vorgelegt.

Die Dekowaffen erhalten dass Zulassungszeiche vom BA aufgebracht und einen Zulassungschen.

Der Bearbeiter/Einreicher muß sein Warenzeichen aufbringen, zum Umbau ist eine Waffenherstellungserlaubniss erforderlich

Die PTB führt eine (leider nicht aktuelle) Liste der Zulassungsnummern.

Grüße

Robert

Geschrieben

Danke für die Antworten.

Ich sehe, die Beschussämter nehmen die Lizenz zum sinnlosen Kassieren gerne an. Freut mich, da brauchen wir ja nur wenige Millionen kastrierte Püsterchen mit Zulassungszeichen bestempeln, und schon kann die Opelrettung aus der Kaffeekasse bezahlt werden. Daumen hoch - finde ich toll.

Mir geht es trotzdem nicht in den Kopf, dass ein Gegenstand, der nach Artikel 1 überhaupt nicht unters Waffengesetz fällt, im Unterabschnitt(!) eines Abschnitts(!) des Anhangs(!) zum Artikel 2 (Dagegen ist ein "Pickel am Arsch" eine absolut zentral gelegene Problemzone!) dann posthum doch noch zur Waffe umdefiniert wird. Schreibt man für diese ach so gefährliche Waffe dann wiederum 2 Seiten Papier voll und lässt den sich vor Lachen vor sich hinwiehernden Amtsschimmel noch sein idiotisches PTB-Zeichen draufnageln, dann - oh Wunder - ist die Dekowaffe wieder gesellschaftlich genehm. Bis zur nächsten Waffenrechtsreform, versteht sich.

Ich hab mich im Studium mit dem BGB befasst, mit dem HGB und mit dem Arbeitsrecht (letzteres war allerdings auch schon S******e...). Auch bei anderen Gesetzestexten kann ich geistig folgen. Aber das Waffenrecht? Mannmann, was für ein Murks.

Gruß,

wechselbalg

PS: Da werde ich jetzt sicherheitshalber mal ne Nachtschicht einlegen, um mir die Luftverkehrsordnung reinzuziehen. In Paragraph 1 heißt es dort zwar, dass sich diese LuftVO auf den Flugverkehr beziehe, aber vielleicht wird im Anhang 4 (Luftraumklassifizierung) ja auch mein japanisches Importauto erfasst. Kann man ja nicht wissen. Vielleicht brauch' ich ja auch schon seit 2003 ein amtlich vom TÜV mit dem Prägestempel aufs Dach gehauenes Zeichen (150 Euro Bearbeitungsgebühr), das meinem Toyota die Flugunfähigkeit bescheinigt. Flieg ich dann trotzdem von der Landstraße, verknacken se mich doppelt: Einmal wegen StVZO und dann nochmal wegen LuftVO....

PPS: Das Beschussamt in Ulm machts billiger als 150 Euro.

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