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Kommentar

Wer das Böse verbieten will, landet in der Diktatur

(11) Von Ulrich Clauß 13. Mai 2009, 13:39 Uhr

Union und SPD haben sich darauf verständigt, das Waffenrecht noch mehr einzuschränken. In einem Land mit dem ohnehin schon schärfsten Waffengesetz der freien Welt entbehrt die Maßnahme jeden Sachbezugs. Die Koalition geht immer mehr dazu über, die Wirklichkeit mit Gesetzen zu beschimpfen.

Immerhin reagiert da wenigstens noch einer. „Ich sehe keinen Zusammenhang zwischen Paintball (Farbkugelschießen) und Winnenden“, sagt der innenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Dieter Wiefelspütz. Gleichwohl sieht der Entwurf des neuen Waffengesetzes, so wie ihn Experten der Koalitionsfraktionen jetzt planen, nach wie vor ein bußgeldbewehrtes Verbot von Räuber-und-Gendarm-Spielen selbst in geschlossenen Freizeiteinrichtungen vor. Statt eines direkten Bezugs auf den Amoklauf von Winnenden eines 17-Jährigen Anfang März in Baden-Württemberg nennt Wiefelspütz, wie auch sein Unions-Pendant Wolfgang Bosbach nun „Menschenwürde“ und „Sittenwidrigkeit“ als Leitbegriffe der Waffengesetznovelle.

In der Tat verbietet sich seit dem jüngsten mutmaßlich (geplanten) Amoklauf einer 16-Jährigen in Sankt Augustin jeder Rechtfertigungszusammenhang zwischen aktuellen Geschehnissen und waffengesetzgeberischer Reaktion. „Brennbare Flüssigkeit“ und ein „langes Messer“, also die Ausstattung zu einem Grillfest, war dort die Amok-Ausstattung. So käme man zur biometrisch gesicherten Besteckschublade, würde man an einschlägigen Begründungszusammenhängen festhalten.

Und auch die Macho-Gewalt-ThesenschwingerInnen haben erst mal Pause, seitdem mit dem Fall von Sankt Augustin die Scheinregel gebrochen wurde, dass angeblich nur männliche Wesen über ein jenes dunkle Potenzial verfügen, das zur Amok-Disposition auswachsen kann.

Völlig frei jedes konkreten Begründungs- und Sachbezuges ist sie also, die abermalige Verschärfung des Waffenrechtes in einem Land mit dem ohnehin schon schärfsten Waffengesetz der freien Welt.

Was sind also dann die Begründungen? Die Veränderung am Waffenrecht „schulden wir der Öffentlichkeit völlig unabhängig von Winnenden“, sagt Wiefeslpütze jetzt. Was wird da geschuldet? Und warum? Ein Zeichen gegen das Böse schlechthin? Das aber bedient sich doch in weit 90 Prozent der Fälle illegaler Waffen, die also ohnehin jetzt schon gesetzlich gebannt sind. Die Luftigkeit der Begründung verrät es: Es geht um nichts und gleichzeitig um alles. Ein Signal. Aber an wen – so allseits erklärterweise ohne jeden Anlass?

Das ganze Unternehmen verrät – freundlich gesagt – eine gehörige Portion Idealismus seitens der Gesetzesväter und -mütter. Weniger freundlich formuliert weht aus dem jetzt verabschiedeten Gesetzentwurf ein Hauch gefährlichen Sektierertums. Wer glaubt, das Böse in der Welt per Gesetz nicht nur einhegen zu können, sondern gleich ganz verbieten zu können, kommt am Ende bei einer Erziehungsdiktatur an. Wie überhaupt ein von-der-Leyenscher Rigorismus sich zunehmend dieser Bundesregierung zu bemächtigen scheint.

Vom Grundrechte gefährdenden wenngleich nahezu wirkungslosen Anti-Porno-Furor der Familienministerin bis zu den übergriffigen Ausfällen des Finanzministers gegenüber unseren europäischen Nachbarn wird zunehmend das Heil in wohlfeiler Deklamation absolut-moralischer Positionen gesucht. Angesichts ihres materiellen Scheiterns bei nahezu allen selbst gesetzten Reformzielen – von den anderen gar nicht erst zu reden – geht diese große Koalition auf immer mehr Feldern zur Wirklichkeitsbeschimpfung in Gesetzesform über. Auf breiter Front gewinnen Eiferer die Oberhand. Deren Politik ist waffenscheinpflichtig – und nicht das Verhalten harmloser Freizeitsportler. Es wird Zeit, dass der Wähler Gelegenheit bekommt, diesem irisierenden Lehrlaufhandeln ein Ende zu bereiten.

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