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"Frankfurter Rundschau-Online" zum Waffenrecht


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Waffenrecht

Farbkugeln verboten, Großkaliber legal

VON STEFFEN HEBESTREIT

Berlin. Grüne, FDP und Linkspartei sowie Schützenvereine und die Waffenlobby in Deutschland haben am Donnerstag die geplante Verschärfung des Waffenrechts kritisiert. Die Linkspartei sprach von "Symbolpolitik", die Grünen werteten die Pläne der großen Koalition als "mutloses Zugeständnis an die Waffenlobby".

Der FDP-Waffenexperte Hartfrid Wolff warnte hingegen davor, "Jäger, Schützen und Sammler historischer Waffen" unter Generalverdacht zu stellen und nannte einige der geplanten Vorkehrungen "unverhältnismäßig". Der Deutsche Schützenbund protestierte dagegen, Waffenbesitzer unangemeldet zu kontrollieren.

Jagdspiele verbieten?

Dürfen Menschen zum Spaß mit Waffenattrappen aufeinander schießen? Die große Koalition sagt: Nein. Sie will Spiele wie "Paintball" oder "Laserdom" verbieten. Was meinen Sie?

Unbedingt. Solche Spiele gehören verboten!

Quatsch. Das ist ein harmloses Freizeitvergnügen!

Das kann ich nicht beurteilen.

Bei einem Gespräch im Bundesinnenministerium hatten sich die Innenpolitiker von CDU, CSU und SPD am Dienstag mit Wolfgang Schäuble (CDU) darauf geeinigt, das Waffengesetz zu ändern. Dies ist eine Reaktion auf den Amoklauf von Winnenden, bei dem ein 17-jähriger Täter 15 Menschen und dann sich selbst erschossen hatte. Der Beschluss sieht vor, dass Behörden künftig unangemeldete Kontrollbesuche bei Waffenbesitzern machen dürfen, um zu prüfen, ob sie ihre Waffen ordnungsgemäß aufbewahren und sichern.

Der SPD-Obmann im Innenausschuss, Fritz Rudolf Körper, ließ mitteilen, dass das Verfahren vergleichbar mit GEZ-Kontrollen sei. Die Kontrolleure könnten demnach klingeln und um Einlass bitten, der Waffenbesitzer habe allerdings nicht die Pflicht, sie in die Wohnung zu lassen. Wer einen solchen Kontrollbesuch allerdings ohne triftigen Grund den Zugang verwehrt, könnte seine Waffenbesitzkarte verlieren, weil er seinen Pflichten nicht nachkommt. Dies ist hätte den Entzug der Waffe zur Folge.

Der Gesetzentwurf sieht überdies vor, dass Waffen und Waffenschränke nach einer Übergangszeit durch "biometrische Systeme" gesichert werden sollen. Sie wären dann nur mit Fingerabdruck zugänglich. "Solche Systeme gibt es bereits", sagte ein Mitarbeiter von Körper. Das Bundesinnenministerium soll in naher Zukunft eine Verordnung erlassen, die diese System vorschreibt. Unklar ist noch, ab wann diese Regelung gelten soll.

Gleichzeitig setzt die Regierung fest, dass Jugendliche erst im Alter von 18 Jahren überhaupt mit großkalibrigen Waffen schießen dürfen. Bislang dürfen junge Leute zu Sportzwecken bereits mit 14 Jahren auch Schusswaffen, deren Kaliber größer ist als 5,6 Millimeter, bedienen. Darüber hinaus wird die sogenannte Bedürfnisprüfung verschärft. Künftig müssen auch Mitglieder von Schützenvereinen einzeln nachweisen, weshalb sie einen Waffenschein beantragen wollen. Bislang galt für diese Gruppe eine Pauschalregelung.

Eine Amnestie soll es Leuten ermöglichen, illegale Waffen straffrei abzugeben. Des Weiteren will der Bund ein zentrales elektronisches Waffenregister aufbauen. Es soll auflisten, welchen Waffen legal im Umlauf und in wessen Besitz sie sind. "Die Gewerkschaft der Polizei fordert eine solche Datei schon seit Jahren", sagte Wolfgang Dicke der FR. Der Waffenexperte der GdP betonte, damit sei es endlich möglich, in wenigen Sekunden zu erfahren, wer der (letzte legale) Besitzer einer Waffe sei. "Das erleichtert die Fahndungsarbeit enorm", sagte Dicke.

Für Unverständnis sorgte indes der Plan der Koalitionspolitiker, auch gewisse Schießspiele für Erwachsene zu verbieten. So sollen Paintball und Gotcha künftig untersagt sein, Spiele, bei denen denen Menschen mit Farbkugeln aufeinander schießen. Auch so genannte Laserdome-Veranstaltungen, bei denen mit Lichtstrahlen aufeinander angelegt wird, werden illegal.

Die innenpolitische Sprecherin der Linken, Ulla Jelpke, nannte das Verbot "lächerlich". Denn bei "Amokläufen und familiären Dramen kommen schließlich keine Farbkugeln, sondern scharfe Waffen zum Einsatz". Jelpke sprach sich dafür aus, Schusswaffen generell aus Privathaushalten zu verbannen und nur noch in einbruchssicheren Schränken in Schützenvereinen oder anderweitig bewachten Stellen zu verwahren.

Grünen-Chefin Claudia Roth äußerte sich enttäuscht, dass die Koalition nicht den Mut gefunden habe, das Schießen mit großkalibrigen Waffen komplett zu verbieten. Nach den Koalitionsplänen soll der Gesetzentwurf noch im Mai in den Bundestag eingebracht und vor der Sommerpause verabschiedet werden.

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Kommentar: Keine Illusionen, bitte:

Kommentar

Keine Illusionen, bitte

VON STEFFEN HEBESTREIT

Niemand kann ernsthaft etwas dagegen einzuwenden haben, dass der Umgang mit Waffen in Deutschland noch restriktiver gehandhabt wird, als es ohnehin schon üblich ist. Deshalb ist es zu begrüßen, dass die Innenpolitiker der Koalition nun eine neue Verschärfung des Waffenrechts vereinbart haben.

Natürlich kommt die Einsicht der Politiker spät. Natürlich war wieder ein Amoklauf mit vielen Toten der Auslöser. Natürlich ließen sich noch striktere Einschränkungen für die Waffennarren des Landes denken. Und natürlich ist nicht völlig ersichtlich, weshalb ein Verbot von Paintball, einer Art Räuber-und-Gendarm-Spiel für Erwachsene, die Welt sicherer machen soll. Sei es drum.

Niemand sollte sich aber der Versuchung hingeben zu glauben, dass sich durch schärfere Waffengesetze solch unglaubliche Taten wie die Amokläufe von Winnenden, Emsdetten oder Erfurt künftig ausschließen lassen. Psychisch schwer geschädigten Tätern wird es wieder gelingen, sich Waffen für ihre irrsinnigen Pläne zu verschaffen. So bleibt uns nur übrig, den Zugang zu erschweren.

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