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IGNORED

Die Bretterbohrer


Gast

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http://www.dradio.de/dkultur/sendungen/laenderreport/946558/

Zitat:

Und es war naturgemäß keine gewöhnliche Aktuelle Stunde, zu der die Abgeordneten dann in den Plenarsaal strömten, noch ganz unter dem Eindruck der Tragödie in der schwäbischen Provinz.

Und wieder ging es auch in dieser Parlamentsdebatte um die Frage, ob es in Deutschland nicht ganz legal viel zu viele Waffen in privater Hand gebe, ob nicht das Waffenrecht in diesem Punkt zu verschärfen sei. Und wieder konnten die Befürworter einer solchen Politik getrost davon ausgehen, dass die Waffenlobby darauf unmittelbar reagieren würde - wie schon nach dem Amoklauf von Erfurt 2002, als der 19-jährige Sportschütze Robert Steinhäuser 16 Schüler und Lehrer seines früheren Gymnasiums erschoss. Danach wollte Bundesinnenminister Otto Schily die Schützenvereine strengeren Regeln unterwerfen, wollte sein bayerischer Amtskollege Günther Beckstein die Altersgrenze für den legalen Kauf großkalibriger Waffen auf 25 Jahre anheben. Beide Vorstöße scheiterten nicht zuletzt am Widerstand der Schützen- und Jägerlobby - wie auch der Versuch der Bündnisgrünen, die Waffenflut in deutschen Privathaushalten einzudämmen:

"Wir wollten schon damals den Besitz von Schusswaffen in Privatwohnungen etwas reglementieren und etwas reduzieren. Wir haben uns mit unseren grünen Vorschlägen nur wenig durchsetzen können",

erinnert sich Silke Stokar von Neuforn, die innenpolitische Sprecherin der bündnisgrünen Bundestagsfraktion in ihrem Büro im Jakob-Kaiser-Haus gegenüber vom Reichstagsgebäude:

"Wir haben uns damit gleichzeitig angelegt mit all den Schützenvereinen, mit den Schützen, die zu Hause Waffen haben, auch mit den Jägern, die nicht aktiv die Jagd ausüben, aber aufgrund ihres Jagdscheins auch fast automatisch einen Waffenbesitzschein haben und dann dazu noch mit den Erben und Sammlern von Waffen."

Und sie blieben nicht ruhig. Silke Stokar und ihre Parteifreunde waren in jener Zeit vielmehr einem massiven Störfeuer der Waffenlobby ausgesetzt:

"Die Lobbyarbeit ist dann immer eine Arbeit, die massenhaft das Büro erreicht und dann natürlich dazu führt, dass ein MdB-Büro mit zwei Mitarbeiterinnen schnell völlig überlastet ist, wenn man über 100 Mails pro Tag bekommt, wenn man eine Flut von Bürgerbriefen bekommt, wenn das Telefon nicht mehr stillsteht und alle die Abgeordnete persönlich sprechen wollen. Wenn man dann bemüht ist, auch die eigene Position inhaltlich und sachlich darzustellen, folgt noch am gleichen Tag eine Nachfrage und auf die Antwort wieder eine Nachfrage, so dass da schon ein System dahintersteckt zu sagen, wir setzen das Büro matt, wenn Sie nicht mit solchen Vorschlägen aufhören, und ich finde schon, das ist schon eine Form von Lobbyarbeit, die dann in den Bereich der Nötigung reingeht."

Lobbyismus in Form von solchem Mobbing würden die meisten Interessenvertreter im politischen Berlin allerdings ablehnen. Es gibt subtilere Methoden, Politiker auf sich aufmerksam und womöglich zu seinen Verbündeten zu machen: Konferenzen, Podiumsdiskussionen, Empfänge, Preisverleihungen - der organisatorischen Phantasie sind keine Grenzen gesetzt.

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