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IGNORED

More guns less crime / Empirie


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Geschrieben (bearbeitet)

Kennt jemand diese aktuelle Studie?

http://papers.ssrn.com/sol3/papers.cfm?abstract_id=2443681

Sie wird oft falsch verstanden zitiert, vgl. http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/fruehaufsteher/amerikaner-reagieren-auf-anschlaege-her-mit-der-knarre-13952353.html- falls der Wienand von Petersdorff, was ich bei dem geschluderten Artikel mit gutem Grund bezweifle, sie überhaupt gelesen hat.

Worum geht es?

Die These "More guns, less crime" wird immer wieder mit der Arbeit von John Lott "belegt". Leider ergeben Folgestudien, dass der Zusammenhang nicht belegbar ist. Und er letzte Stand in dieser kontroversen Debatte stellt obige Studie dar.

Hier wird sogar behauptet, dass "more guns" (opertationalisiert durch Right To Carry-Gesetzgebung / RTC) direkt die Zunahme von "aggravated assaults" erkläre - um stattliche 8% soll dieses Verbrechen zunehmen, wenn den Bürgern das Tragen von Waffen erlaubt wird.

Leider konnte ich die Datenerhebung nicht überprüfen :-(

Allerdings kann man folgendes überlegen: "Aggravated Assault" ist jede Art der Körperverletzung, bei der eine Schusswaffe "dabei" war. Es muss also keine Schussverletzung vorhanden sein - Rangelei, einer hat einen Kratzer, der andere einen Ballermann im Sack und schon ist der Kratzer ein "Aggravated Assault". Die Daten werden aus den Vorgangserfassungsystemen der Polizei - nicht aus den gerichtlichen Urteilen - gewonnen.

Und da ist völlig klar, das eine vermehrte Präsenz von Waffen hier mehr Einträge gibt. Im ComVor stehen auch mehr Anzeigen wegen KV drin, als hinterher vor Gericht tatsächlich festgestellt werden. Im Zweifel gibt es für eine legitime Notwehrsituation erstmal einen Körperverletzungseintrag, bzw. im Amiland einen "Aggravated Assault".

Hat da jemand Einblicke? Liege ich mit meiner Erklärung völlig daneben?

Wichtig noch, abgesehen von den "Aggravated Assault" wird in der Studie festgestellt, dass man nix feststellen kann. Weder pro noch contra Waffenbesitz lässt sich etwas stützen - das wird aber nach erstem Check der Rezeption im Netz gerne falsch zitiert, es habe sich eine Erhöhung der Verbrechensraten belegen lassen.

Abseits davon: Grundsätzlich halte ich es für Kappes, die Auswirkung eines solchen Gesetzes mit einem Regressionsmodell überprüfen zu wollen. Das gilt leider auch für die mir angenehmen Ergebnisse eines John Lott.

Wenn wir schon bei untauglichen Forschungsansätzen sind, gugsdu: http://www.armedwithreason.com/debunking-more-guns-less-crime-3-0/

Dort wird ausgeführt "People’s estimates of concealed carry rates are wildly off — so concealed carry can’t be indirectly deterring criminals, either" - da die Leute unabhängig von RTC oder nicht die Rate des Waffentragens gleich und außerdem auch noch viel zu gering einschätzen, so die Argumentation, könne gar keine Abschreckung stattfinden.

Das eiert einfach, weil man einen repräsentativen Bevölkerungsquerschnitt zur Einschätzung, wieviel Waffen wohl verdeckt getragen werden, aufgerufen hat. Um die Worte der Autoren gegen sie selbst zu wenden "The argument fails a basic logic test." Man müsste natürlich die bösen Buben befragen - und die werden sehr wohl informiert sein, wieviel Waffen wo getragen werden, lassen sich aber sehr zum Leidwesen der Strafverfolgungsbehörden nicht so einfach in freier Wildbahn befragen ;-)

Bearbeitet von HerrErlenKoetter
Geschrieben

Wenn wir uns die Ergebnisse des National Research Councils (NRC) ab Seite 15 anschauen und da speziell Tabelle 1a, dann ist da schon eine sehr krasse Entwicklung weg vom Mord, aber hin zu jeder anderen gelisteten Straftat zu sehen. Das Ganze auch wirklich auf durchweg signifikanten Niveau bis auf den Mord, dessen Standartabweichung viel zu hoch für eine richtige Signifikanz ist.

Tabelle 1b, die das Modell verfeinert und neue Kontrollvariablen einführt, spricht aber eine ganz andere Sprache. Hier gibt’s eine deutliche Signifikanz für alle Indikatoren was vor allem richtig schön beim Trendmodell (Spine-Ansatz) zu sehen ist.

Insgesamt ist ja dann die Herangehensweise von Aneja et al. sehr löblich: Nach und nach bauen sie auf den an sich guten Modellen auf, indem sie versuchen größere Sätze an Kontrollvariablen einzubauen und die Datensätze zu verbessern.

Das Endergebnis ist genau wie du sagst: Sehr, sehr schwer auf die Realität zu übertragen:

„Of course, if there can be no empirically based resolution of this question, it means that short of doing an experiment in which laws are randomly assigned to states, there will be no way to assess the impact of these laws.”

Was man aber trennen muss ist, dass hier versucht wird “[…] the level of certainty one strives for in academic work […]” als Grundlage für statistisch haltbare Aussagen heranzuziehen. Das Paper trifft sehr wohl eine Aussage im Sinne von „aller Wahrscheinlichkeit“ nach. In den abschließenden Tabellen der Datensätze, dem großen (Tabelle 8a) und dem stabileren aber kleineren (11a), wird klar abgeleitet, dass durch das Right to Carry keine positiven Effekte, aber nachweisbar negative Effekte im Modell zu erkennen sind.

Wie aggravated assault nun definiert ist, konnte ich auch nicht herauslesen, da müsste man sich wohl durch die vorangegangenen Paper wühlen, aus denen die Datensätze stammen.

Geschrieben
Aggravated Assault

A person is guilty of aggravated assault if he or she attempts to cause serious bodily injury to another or causes such injury purposely, knowingly, or recklessly under circumstances manifesting extreme indifference to the value of human life; or attempts to cause or purposely or knowingly causes bodily injury to another with a deadly weapon. In all jurisdictions statutes punish such aggravated assaults as assault with intent to murder (or rob or kill or rape) and assault with a dangerous (or deadly) weapon more severely than "simple" assaults.

West's Encyclopedia of American Law, edition 2. Copyright 2008 The Gale Group, Inc. All rights reserved.
Geschrieben

Interessant wäre allerdings eine Untersuchung,

- ob die Daten aus den polizeilichen Vorgangserfassungssystemen stammen und...

- ... ob sie tatsächlich den von mir vermuteten Bias drinhaben.

Geschrieben

Letztlich dürfte das ein Graben im statistischen Rauschen sein. Das schon deshalb, weil sich ein großer Teil der Gewaltkriminalität und insbesondere der Morde in Kreisen abspielt, wo sowohl beim Täter als auch beim Opfer von einem Waffenschein wegen des Vorstrafenregisters oder schon wegen des Alters keine Rede sein kann. Dann ist die berichtete Kriminalität natürlich auch stark vom Anzeigeverhalten abhängig, das vermutlich eine gewisse Korrelation mit dem Waffentragen hat, aber wahrscheinlich nicht immer und überall gleich stark oder auch nur in die gleiche Richtung. Z.B. kann einerseits eine politische Stimmung die zum Ausstellen von Waffenscheinen führt mit einer allgemein geringeren Toleranz gegenüber Kriminalität und höherer Anzeigebereitschaft einhergehen. Andererseits werden bei den meisten Fällen, in denen ein Waffenscheinbesitzer eine Straftat verhindert, keine Schüsse abgegeben, und der Verteidiger mag es sich je nach politischem Klima überlegen, ob er eine Anzeige gegen Unbekannt mit geringen Erfolgsaussichten erstattet und dann mit viel Pech aus seiner Schilderung selber noch einer Straftat mit Waffe bezichtigt wird.

Die unbestrittenen Tatsachen sind jedenfalls, daß sich Waffenscheinbesitzer praktisch nie etwas mit der Waffe zuschulden kommen lassen, und daß sie sich bisweilen erfolgreich gegen schwere Straftaten verteidigen. Das ist im Grunde alles, was man wissen muß.

Geschrieben

Naja, "Gesetze, die das Waffentragen erlauben, sind nach Untersuchungen der Stanford-Universität eindeutig mit mehr Gewaltverbrechen verbunden" ist schon eine deutliche Ansage. Und solcherlei Rezeption findet sich oft. Deswegen lohnt es sich durchaus, sich mit diesen Studien zu beschäftigen und klarzustellen, dass es sich hier um akademische Spielereien handelt. Und die häufig kolportierte Kausalkette "RTC => 8% mehr deliktische schwere Körperverletzung" ist eben naheliegenderweise Unfug. Das ist ein systematischer Erhebungsfehler. Vermute ich jedenfalls mit gutem Grunde.

Umgekehrt sollte aber auch niemand mit diesen Studien "pro gun" strunzen gehen. Sonst machst Du den Wappler ;-)

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