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IGNORED

Gründe für die maßlose Überschätzung des Amokrisikos


MichaelDa

Empfohlene Beiträge

Wenn man die letzten Monate seit Winnenden die Beiträge in den Medien verfolgt hat und darüber hinaus noch waffenloser Staatsbürger ist, muss man zwangsläufig den Eindruck gewinnen, bereits morgen erschossen zu werden. Die Schützen und Jäger werden als eine potentiell gefährliche Gruppe wahrgenommen, denen man unbedingt und schnellst möglich das Handwerk legen muß.

Doch wie sieht es nun wirklich aus und vor allen Dingen warum sieht der waffenlose Bürger eine solch große Gefahr? Welche Risiken gehen vom legalen Waffenbesitz tatsächlich aus? Ich bin mir darüber bewusst, dass die folgenden statistischen Vergleiche mit einer gewissen Unschärfe verbunden sind. Ich bezeichne sie daher selbst als "wenig seriös", um den Kritikern keinen Angriffspunkt zu geben. Die Vergleiche helfen aber ein Gefühl dafür zu entwickeln, wie groß das Risiko, erschossen zu werden, tatsächlich ist.

Beginnen wir mit Aussagen, die wir auf http://www.gubi.li/wahrscheinlichkeit/index.html finden können. Dort steht, dass die Wahrscheinlichkeit von 6 Richtigen im SWISS-Lotto bei 6 Tipps in zwei Ziehungen pro Woche bei 1:13.053 liegt (bei 1 Individum innerhalb eines Jahres). Nahezu gleich wahrscheinlich ist der Tod durch ein Verbrechen (bezogen auf die Weltbevölkerung) mit 1:11.873 (bei 1 Individum innerhalb eines Jahres). Hierbei wird noch nicht einmal nach dem Tatwerkzeug differenziert. Außerdem dürften die Schweiz und wohl auch Deutschland sicherer sein, als die restliche Durchschnittswelt, was den Lottogewinn noch viel wahrscheinlicher macht, als erschossen zu werden.

www.sportmordwaffen.de hatte zum Schulboykott aufgerufen, "bis die Schulen wieder sicher sind". In der Tat. Die Schulen sind ziemlich unsicher. Oder besser gesagt der Schulweg ist ziemlich unsicher, denn wie man http://www.focus.de/magazin/archiv/unfaell...aid_143065.html entnehmen kann, werden reihenweise jedes Jahr mehrere dutzend Schulkinder einfach totgefahren. In der Mehrzahl der Fälle trägt der Autofahrer die alleinige Schuld oder ist zumindest mitschuldig. Wo bleibt eigentlich die Seite www.sportmordfahrzeuge.de? Ist doch für Schulkinder in Deutschland das Risiko im Schulumfeld totgefahren zu werden 15 Mal größer, als durch ein Schoolshooting zu sterben (hierbei gehe ich von 60 Schulwegtoten pro Jahr aus, also weniger, als im Focusbericht angegeben und vergleiche diese Zahl mit den Amoktoten in Deutschland in den letzten 10 Jahren).

Diesem Beitrag http://www.swr.de/nachrichten/bw/-/id=1622...aw0f/index.html können wir entnehmen, dass in den letzten 10 Jahren 41 Menschen durch Schoolshootings in Deutschland ums Leben gekommen sind. Also 4,1 Menschen pro Jahr oder aber 0,0789 Menschen pro Woche. Nach Angaben des statistischen Bundesamts ( http://www.destatis.de/jetspeed/portal/cms...operty=file.xls ) kann man davon ausgehen, dass es ca. 12 Millionen Kinder im Alter zwischen 5 und 20 Jahren gibt (Zahlen aus dem Jahr 2006). Das ist so ungefähr die Gruppe der Schulgänger. Ob es nun ein oder zwei Millionen mehr Schulkinder sind oder nicht, spielt für die weitere Betrachtung keine wesentliche Rolle. Das Risiko eines Schulkindes im Rahmen eines Schoolshootings in einer Woche ums Leben zu kommen beträgt somit also ca. 1 : 152 Millionen. Zum Vergleich: Das positive Risiko für einen Lottovolltreffer in Deutschland in der Auswahlwette 6 aus 49 (6 richtige und Superzahl auch noch richtig) beträgt bei nur einem Tipp-Kästchen pro Woche 1 / 139,8 Millionen. Nur 6 richtige (Superzahl falsch) gibt es schon mit einer Wahrscheinlichkeit von 1 / 15,43 Millionen (Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Lotto ).

Diese Zahlen sollen nicht verharmlosen. Sie sagen aber eines aus: Das Risiko im Rahmen eines Schoolshootings ums Leben zu kommen ist nicht nur extrem gering, sondern noch viel extremer gering!

Doch warum sieht das der Nichtwaffenbesitzer nicht so? Um das zu verstehen, muss man in die Psychologie einsteigen.

Die Beiträge http://www.psychology48.com/deu/d/risikowa...wahrnehmung.htm sowie http://www.umsetzungsberatung.de/psychologie/wahrnehmung.php vermitteln , warum die Amokgefahr je nach Mensch völlig unterschiedlich wahrgenommen wird. Die Realität wird durch das Gehirn gefiltert. Eigene Erfahrungen, Bedürfnisse, Interessen, Ängste, Werte, Vorurteile, …, aber auch die Berichterstattung in den Medien, steuern diesen Filterungsprozess und führen zu einer „neuen, gefühlten Realität“. Hierbei handelt es sich aber weniger um die Realität, als vielmehr um die Wahrnehmung derselben und diese Wahrnehmung ist nun einmal von Mensch zu Mensch – auf Grund unterschiedlicher Filtermechanismen - erheblich unterschiedlich. Wir leiden also alle in gewissem Maße an Wahrnehmungsstörungen.

1) Sehr seltene Unfallereignisse werden überschätzt, sehr häufige unterschätzt, z.B. wenige Unfälle beim

Bahnfahren gegenüber beim häufigen Autofahren. 2) Je höher das Katastrophenpotential, desto höher wird die

Gefahr eingeschätzt – unabhängig von der Häufigkeit des Auftretens der Gefahr. Fliegen wird als gefährlicher

wahrgenommen als Autofahren. 3) Gefährdungen, denen man täglich ausgesetzt ist, oder Risiken, die man selbst

gut kennt, werden als weniger bedrohlich eingeschätzt. Gleiches passiert, wenn wissenschaftliche Erkenntnisse

vorliegen. 4) Risiken, durch die kurze Zeit früher ein Zwischenfall erfolgte, werden als bedrohlich eingeschätzt.

Gleiches passiert, wenn durch Medien Aufmerksamkeit auf ein Ereignis gerichtet wird. 5) Wird ein Risiko freiwillig

übernommen, wird es als weniger bedrohlich wahrgenommen. 6) Sind Schäden reversibel, werden sie als

weniger gefährlich eingeschätzt. 7) Ist man persönlich bzw. sind Kinder oder persönlich bekannte Personen von

einem Risiko betroffen, wird es als gefährlicher betrachtet. 8) Wenn ein Nutzen nicht erkennbar ist, oder wenn

Nutzen und Risiko nicht gleichmäßig verteilt sind, wird das Risiko bedrohlich eingeschätzt. 9) Kann das Ereignis

beeinflußt werden, wird es als weniger risikoreich empfunden. Die Risikowahrnehmung wird zusätzlich verzerrt

durch unrealistischen Optimismus (“Mir passiert schon nichts!”) und Kontrollillusion (“Ich habe das im Griff!”)

(Gefahrenkognition). (Quelle: http://www.psychology48.com/deu/d/risikowa...wahrnehmung.htm )

Damit ist eigentlich schon alles ausgesagt. Die Schützen haben das Problem, dass ewig nichts passiert. Wenn dann aber etwas passiert, dann gibt es gleich ein gutes Dutzend Opfer. Für Nicht-Waffenbesitzer ist kein Nutzen im privaten Waffenbesitz erkennbar und die Medien tun ihr übriges dazu, um die Gefahr zu überzeichnen. Hinzu kommt die ideologische Betrachtung des Waffenbesitzes. Dies alles führt zu einer verzerrten Wahrnehmung in der Öffentlichkeit. Würden die 60 jährlichen Schulwegopfer innerhalb von 2 Wochen an genau vier verschiedenen Tagen an nur vier Schulen anfallen, so hätten wir wahrscheinlich die gleichen Diskussionen. Da sie sich aber schön verteilen, örtlich und räumlich getrennt, fallen diese niemandem wirklich auf.

Um zu sachgerechten Entscheidungen im politischen Prozess zu kommen, ist es daher entscheidend, eine möglichst große Objektivität zu bewahren. Daher halte ich die Einbeziehung des Aktionsbündnisses Amoklauf Winnenden in den politischen Entscheidungsprozess für grundsätzlich falsch. Ebenso wenig hilfreich ist in meinen Augen der in Baden Württemberg gebildete Sonderausschuss, da er auf Grund der Nähe zum Tatort und zu den Opfern zwangsläufig befangen sein muss. Das lässt sich nicht vermeiden. Dies sieht man schon alleine daran, dass die Herren Oettinger und Rech gegen den Strom ihrer eigenen Partei schwimmen, was das Thema Waffenrecht anbetrifft. Mit objektiven und sachgerechten Vorschlägen im Hinblick auf das Waffenrecht ist daher nicht zu rechnen. Auch stellt sich mir die grundsätzliche Frage, ob die Politik der Zukunft in Baden Württemberg auf Lottowahrscheinlichkeiten aufgebaut werden wird? Das wäre dann doch ein Grund, ins Ausland umzusiedeln.

Was bleibt zu tun? Politikern und waffenlosen Bürgern müssen diese Erkenntnisse vorgetragen werden! Aber bringt ihnen bitte höflich und vorsichtig bei, dass ihr "Gehirn halt einfach nicht richtig zu arbeiten instande ist". Nur wer sich selbst versteht, wird die Schützen und Jäger wirklich verstehen können.

Gruß Michael

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Wenn man die letzten Monate seit Winnenden die Beiträge in den Medien verfolgt hat und darüber hinaus noch waffenloser Staatsbürger ist, muss man zwangsläufig den Eindruck gewinnen, bereits morgen erschossen zu werden. Die Schützen und Jäger werden als eine potentiell gefährliche Gruppe wahrgenommen, denen man unbedingt und schnellst möglich das Handwerk legen muß.

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Auch stellt sich mir die grundsätzliche Frage, ob die Politik der Zukunft in Baden Württemberg auf Lottowahrscheinlichkeiten aufgebaut werden wird? Das wäre dann doch ein Grund, ins Ausland umzusiedeln.

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Was bleibt zu tun? Politikern und waffenlosen Bürgern müssen diese Erkenntnisse vorgetragen werden! Aber bringt ihnen bitte höflich und vorsichtig bei, dass ihr "Gehirn halt einfach nicht richtig zu arbeiten instande ist". Nur wer sich selbst versteht, wird die Schützen und Jäger wirklich verstehen können.

Gruß Michael

Das war ja ordentlich Holz :-)

Sehr richtig, aber um demokratisch politische Ziele zu erreichen braucht man Mehrheiten.

Um die zu gewinnen muß man genau so agieren, wie es die "synaptische Vorverdrahtung

bezüglich Ereignisbewertung" des Gros der Wählerschaft nahelegt.

Ohne bewußtes Gegensteuern geht es mir genauso, nur wenn Eigeninteressen und eigene Grundeinstellungen

tangiert werden hinterfragt man den ersten Eindruck oder die schnelle Bewertung, aber ich arbeite dran..

Ein bißchen O.T. und stellenweise eitel und redundant (aber im Kern auch damit befaßt):

Buchtip: "Nassim N. Taleb: Der Schwarze Schwan" da geht es auch im Wahrnehmung und

Bewertung von Chancen und Risiken besonders im Bezug auf unwahrscheinliche aber

mögliche Einzelereignisse.

Gruß Fatty

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wenn man heute so Nachrichten sieht, dann könnte man den Eindruck gewinnen, das Fliegen das Ableben garantiert...

der Weg zum Flughafen jedoch ist ja so ungefährlich...

beides sieht die Statistik natürlich anders...

Und dann noch die Schweinegrippe...

"wovor haben sie Angst?" - ab 4:10

Und auch heute wieder starben 44 Deutsche durch Ärztepfusch. Jetzt das Wetter für ihre Beerdigung.

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Damit ist eigentlich schon alles ausgesagt. Die Schützen haben das Problem, dass ewig nichts passiert.

Sehr gute Analyse, Michael. Wir Schützen haben auch das Problem,dass wir sehr schnell den Kopf wieder in Sand stecken,

und hoffen, dass nichts passiert. Schon nach Erfurt hätte man anfangen müssen, an diesen Wahrnehmungsstörungen zu arbeiten. Die Deutschen sind besondere Sicherheitsfanatiker, die sich nur allzu gerne ins Boxhorn jagen lassen, bei jeder Gelegenheit. Das ist alles recht, islamischer Terror, Computerspiele, Waffenbesitz, Kinderporno und bei jeder EU-Vorschrift legen wir noch was extra drauf.

Ich fürchte, das wird ein langer steiniger Weg werden.

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Sehr gute Analyse, Michael. Wir Schützen haben auch das Problem,dass wir sehr schnell den Kopf wieder in Sand stecken,

und hoffen, dass nichts passiert. Schon nach Erfurt hätte man anfangen müssen, an diesen Wahrnehmungsstörungen zu arbeiten.

Ich fürchte, das wird ein langer steiniger Weg werden.

Zustimmung!

Habe ich auch schon zigmal gesagt:

Das nächste Ding *wird* kommen.

Bis dahin müssen wir es geschafft haben ,*die Netten* zu sein, damit *Einzelereignisse* endlich als solche

gewertet werden.

Gruß Fatty

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Bis dahin müssen wir es geschafft haben ,*die Netten* zu sein

Nur nett alleine wird nicht reichen. Die ideologischen Waffenhasser, und das ist der ganze linke Block, werden keine Ruhe geben, selbst dann nicht wenn nichts mehr passieren würde. Wir müssen geeignete Strukturen schaffen, die uns auch politisches Gewicht und damit Einfluss ermöglichen. Eigentlich sollte Sport frei sein von politischer Einflussnahme, für den

Schießsport kann das aber nicht mehr gelten.

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Nur nett alleine wird nicht reichen.

Habe ich ja auch nicht gesagt, aber:

Die ideologischen Waffenhasser sind (noch), genau wie wir, eine Minderheit in der Gesellschaft.

Andernfalls würden wir jetzt hier nicht debattieren.

Wichtig ist Rückhalt in der Öffentlichkeit durch positive Wahrnehmung durch das Gros der

Wähler, damit "unser Thema" kein Aufreger und politischer Mehrheitenbeschaffer mehr

sein kann.

Denn daß wir harmlos sind, wissen die meisten Politiker auch, erinnern sich aber nur öffentlich daran,

wenn sie glauben, daß es keine Stimmen kostet, das auch auzusprechen und entsprechend zu agieren.

Ich glaube schon, daß einige von Ihnen sich (innerparteilich, auch gegen die Parteilinie) für die Belange des

LWB eingesetzt haben

Helfen wir Ihnen doch..

Gruß Fatty

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