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IGNORED

Neuer Art / alter Art


bayo9805

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Hallo Sammlerfreunde,

der ein oder andere mag ja schon, grad wenn es um deutsche Seitengewehre des 1WK ging, die Begriffe neuer Art / alter Art gehört haben (in Kurzform n.A - a.A).

Dieser Fred soll die Unterschiede der beiden Arten an den Stücken aufzeigen die es hauptsächlich Betrifft.

Nämlich die Seitengewehrmodelle 84/98, 98 und 98/05.

Die Infos untermauer ich zur Anschaulichkeit mit Bildern von Stücken aus meiner Sammlung.

Zuerst behandeln wir das Seitengewehr 84/98a.A und n.A:

84/98 a.A:

Das Stück ist im Endeffekt ein aptiertes Seitengewehr 71/84 (Bild von einem 71/84 siehe Link)

http://forum.waffen-online.de/index.php?ac...st&id=22138

Das Seitengewehr 84/98 a.A geht auf Versuche zurück die von 1900 bis 1905 gedauert haben. In der Zeit wurden Versuche mit auch kurzen Messerbajonetten angestellt.

Aus diesen Versuchen trat das 84/98 hervor. Man aptierte die schon vorhandenen 71/84 für das Gewehr 98 indem man die Parierstange soweit abgeschliffen hat, das nur noch eine Laufauflage übrig blieb und entfernte den Griffkopf komplett. Ein neuer Griffkopf in Form des S 98 wurde verbaut und entsprechende Griffschalen angebracht.

Das 84/98a.A wurde in der Form von 1905 bis 1915 ausgegeben.

Das Jahr 1915 leitet direkt zum 84/98n.A über. Denn man hatte im ersten Kriegsjahr gesehen dass das lange S. 98 nicht immer optimal war und oft mehr hinderte als nutzte. Das und die wesentliche Materialersparnis, führten dazu das Modell 84/98 technisch zu vereinfachen um es noch einfacher und billiger herstellen zu können.

Die Folge war das 84/98n.A das im Vergleich zur a.A einen sehr vereinfachten Griffkopf (ohne des S Schwung) bekommen hat. Das Seitengewehr war einfach zu fertigen und verbrauchte weniger Material als die Modelle 98 und 98/05.

Im Grabenkampf erwies es sich als handliche stabile Waffe und war deshalb bei vielen kämpfenden Truppenteilen sehr beliebt.

Das 84/98n.A wurde von vorn herein mit Feuerschutzblech hergestellt um es auch mit dem K98AZ verwenden zu können.

Das Bild zeigt von oben nach unten:

84/98a.A

84/98n.A m. Sägerücken

84/98n.A

84/98n.A S.ausg.

Seitengewehr 98a.A - n.A:

Das Seitengewehr 98 wurde 1898/99 für das Gewehr 98 eingeführt. Das Modell hatte eine Griffschale aus einem Stück (U-Förmig) und einen Griffkopf wie das 84/98a.A

Die U Förmige Schale erwies sich jedoch im Truppengebrauch als zu Schwach, da sie oft Riss.

Deshalb wurde 1902 eine Formänderung befohlen, es entstand das S98n.A (die Unterscheidung a.A /n.A wurde logischerweise erst nach der Einführung einer neueren Art nötig)

Seitegewehr 98n.A:

Das Seitengewehr 98n.A wurde ab 1902 mit einer zwei Teiligen Holzgriffschale gefertigt. Dabei wurde auch der Griffkopf nochmals etwas geändert und dei Angelunterseite der Form der Griffschalen entspr. Ausgeschmiedet (das 98a.A hatte unter der U Schale eine gerade Angel)

Das S98n.A wurde Standartbajonett für das Gew. 98 der Infanterie.

Die Produktion lief aber Kriegsbedingt am 12. Sep. 1914 aus.

Einige wenige Stücke wurden nachträglich noch mit Feuerschutzblech versehen um die Verwendung mit dem K98AZ möglich zu machen.

Das Bild zeigt deutlich den Unterschied der Gefäße. Oben das S98a.A unten die neue Art.

Griffunterseiten der beiden Modelle. Deutlich sieht man die durchgehende Schale der alten Art. Bei der neuen Art ist die Angel sichtbar.

Seitengewehr 98/05a.A - n.A:

Generell, dass 98/05 ist das einzige der 3 Typen bei dem es auch Stücke gibt die als sogenannte Zwitter die Merkmale beider Typen haben. Das ist Fertigungstechnisch bei den zwei anderen Modellen nicht möglich.

Die Zwitter des 98/05 sind v.A 1915 bei der Fertigungsumstellung entstanden da man die Umstellung unter laufender Produktion durchführte und möglichst alle vorhandenen Teile verwenden wollte.

98/05a.A:

Das 98/05a.A wurde 1905 für die Pioniere und Fußartillerie eingeführt. Es hat das Gefäß des S 98 ist jedoch wesentlich schwerer hergestellt. Die Klinge ist 37cm lang und zum Ort hin bauchig ausgeführt. Diese Form und die doch verheerende Wirkung im Kampf (va. im Vergleich zu Bajonetten der Entente va. franz. Lebel) brachte dem Seitengewehr 98/05 im Weltkrieg den Spitznamen "Butcher Bayonet"

(hier ein Link der neben 2 98/05 ein Lebel Mle 1886 aus meiner Sammlung zeigt, das Bild sollte die Gegebenheit mit Butcher Bayonet verdeutlichen : http://forum.waffen-online.de/index.php?s=...t&p=1310851 )

Das 98/05 der Urform:

Das Stück hat Gabelförmige Lauflappen die dem Seitengewehr u.A sein Charakteristisches Aussehen geben und es auf den ersten Blick von der neuen Art unterscheiden lassen.

Das 98/05a.A hatte keinen Feuerschirm.

Hier ein sehr gut erhaltnes Stück der Urform mit forschriftsmäßiger originaler Lederscheide

Zwitter:

Wie bereits eingangs gesagt, existieren Zwitter der beiden Typen neuer und alter Art.

Der Hintergrund der Überarbeitung des 98/05 zur neuen Art, war der Befehl vom 3.Sep. 1915, der die Einführung des Feuerschutzbleches bei allen Seitengewehren Typ 98 (84/98, S98, S98/05) vorsah.

In diesem Zusammenhang wurde beim 98/05 neben den Anbringen des Feuerschutzbleches das Abschleifen (bzw. bei der Produktion weglassen) der Pariergabel befohlen.

Bei allen S 98/05a.A die in der Truppe waren, waren diese Änderungen nachträglich durch die FZM durchzuführen. Die nicht immer korrekte Durchführung des Befehls führte zum einen zum Entstehen der Zwitter, denn ein 98/05a.A das in der FZM einen Feuerschutzblech bekommen hat, bei dem aber die Gabel stehen gelassen wurde, ist somit zum Zwitter geworden.

Die andere Gegebenheit lag direkt bei den Herstellern. Denn zum Zeitpunkt des Befehlserlasses wurden die vorhandenen Teile für S 98/05a.A nicht einfach verworfen, sondern in laufender Produktion aufgebraucht.

Theoretisch hätte wie gesag laut Befehl alle S98/05a. A auf neue Art aptiert werden müssen.

Anbei die Zwittermodelle die es gegeben hat:

Hier ein seltenes 98/05a.A / n.A mit Sägerücken und vorschriftsmäßiger Lederscheide. Der Griff ist also neuer Art (wg. Feuerschutzblech) die Parierstange ist alter Art.

Weitere Details die die Zwittergegebenheit verdeutlichen.

Links: das oben abgebildete 98/05a.A / n.A mit Sägerücken

Mitte: enspricht dem linken Modell jedoch ohne Sägerücken

Rechts: hier ist die Gegebenheit umgekehrt. Der Griff ist in alter Art ( da kein Feuerschutzblech), die Parierstange jedoch in neuer Art, Klinge mit Sägerücken

Alle drei sind mit W15 abgenommen

98/05n.A

Das 98/05n.A unterscheidet sich durch den Feuerschirm und der Parierstange ohne Gabel von der alten Art. Die Lederscheide wurde gegen eine Stahlscheide getauscht, da die Lederscheiden den Kriegsverhältnissen des 1WK nicht viel entgegenzusetzen hatten

Das Stück gibt es mit und ohne Sägerückenklinge.

Sehr gut erhaltenes S98/05n.A mit vorschriftsmäßiger Stahlscheide, diese mit fast 100% der originalen Brünierung.

In der Form blieb das 98/05 bis in die Weimarer Zeit im Dienst und wurde zeitweise noch im 2Wk geführt.

Sägeseitengewehre

Eine kleine Anmerkung noch zu den Sägeseitengewehren (egal welchen Typs). Diese wurden reichseinheitlich in einer Zahl von 6% der gesamten Stückzahl des betreffenden Modells hergestellt.

Sie waren als zusätzliches Werkzeug in der Truppe gedacht. Durch die größere Verletzungsgefahr wg der sehr scharfen Säge, wurden diese Stücke nur an "erfahrene" Soldaten ausgegeben. I.dR waren das eben langgediente Gefreite oder Unteroffziere. Deshalb auch die Legende des Unteroffizierseitengewehrs, als das es aber nicht gedacht war.

Im 1WK wurde das deutsche Heer aufgrund der Sägebajonette als barbarische Schlächter hingestellt, diese Art der Propaganda war kriegstypisch und fern jeder Realität, da jeder der europ. Staaten zu der Zeit oder darüber hinaus (Schweiz zum Beispiel) Sägebajonette als Werkzeugeränzung in der Truppe hatte.

Nach ettlichen Übergriffen auf gefangene deut. Soldaten mit Sägeseitengewehren und die stetige Propaganda, ordneten die Kriegsministerien in Preussen und Bayern im Oktober und Dezember 1917 das herausschleifen der Sägen aus den Klingen an.

Deshalb gibt es auch alle Varianten die oben Beschrieben wurden mit ausgeschliffenen Sägerücken.

Habe einige im Forum schon mal abgebildet (KS 98, 84/98)

Hoffe ich konnte die Gegebenheit einigermaßen übersichtlich darstellen.

Bei Fragen einfach posten.

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Weil es grad gut zu den Sägebajonetten passt noch ein kleiner Nachtrag.

Oben hab ich ja schon angesprochen das auch andere Staaten in der Zeit des 1WK Sägebajonette führten, und deshalb die scharfe Verurteilung der deutschen Stücke nur reine Hasspropaganda war.

Anbei mal ein Link der zu einem Bild von zwei schweizer M/1914 führt. Man vergleiche die Klingen und Sägerücken mit den deutschen......

http://forum.waffen-online.de/index.php?s=...t&p=1318853

... der schweizer Rücken ist nochmal eine klasse Schärfer, Länger und an sich mit größeren Zähnen versehen.

Habe fast neuwertige deutsche Sägebajonette in der Sammlung, keines kommt an den schweizer Rücken ran.

Wer die Sägen der schweizer Offiziersmesser kennt, der kann die Schärfe gut auf die Rücken übertragen.

edit:

Der bauchige Klingenort hat die gleiche Funktion wie beim deutschen S98/05. Die Klinge sollte im Kampf nur bis zum Ansatz des Sägerückens gestochen werden und wurde deshalb sehr breit gearbeitet.

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Ein kleiner Nachtrag bleibt noch zu erwähnen.

Wie oben beschrieben wurde beim Seitengewehr 98/05 im Zuge der Umstellung von der alten auf die neue Art zusätzlich die Einführung der Stahlscheide durchgeführt.

Die Stahlscheide war der ledernen Scheide logischerweise vorraus was va die Stabilität und Haltbarkeit anbelangt.

Gerade die Gefechsbedingungen im Weltkrieg (1914-1918) haben dazu beigetragen das heute viele Lederscheiden (egal welchen Typs) entweder schadhaft bzw ganz defekt sind.

Beim Seitengewehr 98 wurde diese Umstellung nicht gemacht. Das heißt, auch das Muster neuer Art wurde wie gehabt mit lederner Scheide getragen.

Erst ab ende 1914 sind dann Stahlscheiden für diese Seitengewehre hergestellt worden. Und zwar wurden die Seitengewehre bei Scheidenbruch generell von da an mit Stahlscheiden nachgerüstet.

Dies Bild zeig die Unterschiede.

Oben ein S 98n.A mit vorschr. Lederscheide, unten eines mit Stahlscheide frühen Typs ( es gab insgesamt 5 Typen die mit zunehmenden Kriegsverlauf immer einfacher und billiger hergestellt wurden)

Die Scheiden wurden nicht brüniert oder gebläut sondern vor Werk ab mit einer dünnen Lackschicht (Schwarz) versehen. Diese Schicht war nicht besonders haltbar und wurde im Feld immer wieder erneuert oder auch andersfarbig Lackiert. Der Lack dieser Scheide ist nicht mehr vorhanden. Aber lieber original nicht mehr vorhanden als neuzeitlich nachträglich angepinselt.

Da sich die Gelegenheit grad ergibt und es auch interessant sein dürfte, hier die Truppenstempel:

Das rechte (S98n.A mit Lederscheide) trägt den Stempel 121.R.12.193 und ist mit W05 abgenommen. Derjenige der hier fleißig mitliest wird sich jetzt denken... aha ein Preusse.....

ABER weit gefehlt.

Das W steht hier nicht für den preuss. Kaiser und König Wilhelm II (1888 bis 1918) sondern für den württembergischen König Wilhelm (1891 bis 1918)

Die Waffe ist also eine rein württembergische und das lässt sich NUR durch den vorhandenen Truppenstempel sicher und 100%ig einordnen. Wäre der nicht da, könnte man anhand des W´s diese Aussage nicht treffen.

Denn das 121. Infanterieregiment ist das Infanterieregiment Alt Württemberg (3. Württembergisches) mit Standort in Ludwigsburg.

............................................

Das linke ist einer meiner liebsten da es in "dem" bayrischen Regiment geführt wurde, nämlich im kgl. bayrischen Infanterie - Leib Regiment. Der Truppenstempel lautet B.L.E. 1.194 (Bayrisches Leibregiment, Ersatzbataillon, 1. Kompanie -Waffe 194)

Dieses Regiment war das bayrische Gegenstück zum preuss. 1. Garde Regiment zu Fuß hatte seinen Standort natürlich in der Residenzstadt München.

Im Weltkrieg ist das Regiment an allen Kriegschauplätzen eingesetzt worden und hat sich immer hervorragend geschlagen.

Ein kurzer Abriss:

1914:

- Gefechtsstärke 65 Offiziere, 2962 Mann

- Eingliederung in die 1. Infanteriebrigade (6. Armee)

- Sturmangriff auf Badonviller am 12.08.1914

1915:

- Gefechtsstärke 81 Offiziere, 3245 Mann

- Im Winter 1914/15 Stellung bei Péronne

- wurde Kerntruppe den neu aufgest. Alpenkorps

- Dies wurde 1915/16 je nach Bedarf an allen Fronten als Elitetruppe eingesetzt

- Ende 1915 verlegung an die Serbische Front

1916:

- Einsatz in der Schlacht um Verdun (Nennung im Heeresbericht durch Sturm des Dorfes und er Höhe Fleury

- August - Sept. Gefechte im Argonnerwald

- Herbst, verlegung nach Rumänian wo das Regiment erfolgreich den roten Turmpass sperrte

1917:

- Mai bis Juni Westfront - Oberelsaß-

- Juli, Rückverlegung nach Rumänien

- Ab Oktober teilname an der 12. Isonzoschlacht (Sturm des stark befestigten Kolowrat Rückens)

- 280 gefallene "Leiber" , dabei gefangenname von 11.000 it. Soldaten und Erbeutung von 97 MG´s, 10 Minenwerfern und 100 Art. Geschützen.

1918:

- Frühjahrsoffensive in Westflandern (Operation Georette)

- besonders harte Gefechte des Regiments bei Scherpenberg und Kemmel (jede Kompanie nur noch ca. 80 Mann stark)

- Herbst, Abwehrkämpfe an der Somme (am 20.09.1918 Gefechtsstärke des REGIMENTS 380 Mann!)

- Ende September verlegung nach Serbien wo durch das Regiment der Rückzug der deutschen Truppen gedeckt wurde.

Das Regiment schlug sich daraufhin nach München durch und wurde im November 1918 zum großen Teil demobilisiert.

(Quelle für die Daten zu den einzelnen Jahren ist die Regimentsgeschichte des kgl. bayr. Leibregiments)

Ihr seht, so ein Truppenstempel verrät viel über eine Waffe.

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  • 2 Monate später...

Eine Frage die mir in letzter Zeit öfter mal per zugegangen ist, wäre denke ich in diesem Fred am besten beantwortet.

Die Klingenlänge und damit auch die sehr schmale Form des S98 a.A sowie n.A wurde hauptsächlich aus Paritätsgründen gewählt. Man wollte das Bajonett in der Länge so haben, das es mit dem franz. Mle 1886 gleich war. Mit der Länge musste man die Klinge natürlich auch dünner ausführen, damit das Gewehr bei aufgepfl. Waffe nicht zu "Kopflastig" wurde.

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